
Was früher erfahrenen, trainierten Berggehern und vielleicht noch konditionsstarken Radfahrern vorbehalten war, ist heute zur Wochenendbeschäftigung für alle geworden.
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E-Mountainbikes: Wenn Technik die Natur überholt
Es war einmal eine Zeit, da bedeutete der Anstieg auf einen Berggipfel mehr als nur einen schönen Ausblick – es war eine Leistung. Muskelkraft, Ausdauer, Wille – wer hoch hinauswollte, musste leiden, schwitzen und manchmal umkehren. Die Natur war der große Gleichmacher: Sie ließ nur jene durch, die ihr gewachsen waren. Doch dieses Prinzip scheint sich mit dem Siegeszug der E-Mountainbikes aufzulösen: Heute kann jeder hinauf. Und das ist ein Problem
Dank elektrischer Unterstützung wird jeder Hang bezwingbar, jeder Trail befahrbar – unabhängig von körperlicher Fitness. Was früher erfahrenen, trainierten Berggehern und vielleicht noch konditionsstarken Radfahrern vorbehalten war, ist heute zur Wochenendbeschäftigung für alle geworden. Die „natürliche Auslese“, die einst die letzten Höhenmeter zum Schutzgebiet der Konditionsstarken machte, existiert nicht mehr.
Die Folge: einst ruhige, abgelegene Pfade sind überlaufen. Selbst die entlegensten Gipfel, die früher nur wenigen Vorbehalten waren, werden zur Kulisse für Massenandrang mit Akku-Antrieb. Wo früher Rücksicht und Rhythmus gefragt waren, dominiert heute die Motorunterstützung.
Rasante Abfahrten – mit tonnenschwerem Risiko
Noch gravierender als der Aufstieg ist jedoch der Rückweg. Denn mit hoher Geschwindigkeit und schwerem Gerät den Berg hinunterzupreschen, ist nicht nur eine Frage des Fahrvergnügens, sondern vor allem der Sicherheit. E-Mountainbikes bringen nicht selten 25 bis 30 Kilogramm auf die Waage – mehr als doppelt so viel wie herkömmliche Mountainbikes. Das macht sie nicht nur schwerer zu bremsen, sondern bei einem Aufprall auch gefährlicher – für den Fahrer selbst und für alle, die ihnen am Weg begegnen. Und genau hier kippt der Fortschritt ins Risiko: Technik, die mehr kann, als ihr Nutzer vielleicht beherrscht.
Fortschritt ohne Verantwortung?
Natürlich ist der technische Fortschritt nicht per se schlecht. E-Bikes haben ihre Berechtigung – im Stadtverkehr, für Pendler, für jene, die wieder aufs Rad wollen. Doch im sensiblen Bereich des Bergsports braucht es mehr als nur Motorleistung: nämlich Respekt. Vor der Natur, vor anderen und vor den eigenen Grenzen.
Denn die Berge verlieren ihren Wert, wenn sie zum Spielplatz für alle werden – ganz gleich, ob man sie verdient hat oder nicht.