Fernseher in einer Bar
Fernseher in einem Lokal. Das ORF-Beitragsgesetz sieht vor, dass jeder Unternehmer je Gemeinde, in der zumindest eine Betriebsstätte liegt, für die der Unternehmer im vorangegangenen Kalenderjahr Kommunalsteuer entrichten musste, den ORF-Beitrag für jeden Kalendermonat nach Maßgabe einer zu entrichten hat.
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Recht

Die ORF-Haushaltsabgabe ist verfassungskonform

Ende Juni hat der Verfassungsgerichtshof über eine große Zahl von Beschwerden gegen den ORF-Beitrag in einem sogenannten Massenverfahren entschieden. Beschwerdegegenstand war die Beitragspflicht im privaten Bereich („Haushaltsabgabe“). Diese ist dem Grunde und der Höhe nach verfassungskonform. Offene Fragen gibt es bei der Beitragspflicht im betrieblichen Bereich.

Für jede im Inland gelegene Adresse, an der zumindest eine volljährige Person mit Hauptwohnsitz im Zentralen Melderegister eingetragen ist, ist der ORF-Beitrag für jeden Kalendermonat zu entrichten (§ 3 Abs. 1 ORF-Beitragsgesetz). Gegen diese Bestimmung wie auch gegen die Höhe und die Art der Einhebung des Beitrags wurden (neben anderen Aspekten) zahlreiche Beschwerden eingebracht, die den Verfassungsgerichtshof (VfGH) veranlasst haben (VfGH E 4624/2024-11), in einem Massenverfahren die wesentlichen Rechtsfragen in Form von Rechtssätzen zu beantworten.

Eine Analyse des Ende Juni ergangenen Erkenntnisses (VfGH E 4624/2024-15) lässt erkennen, dass entgegen den zahlreichen Medienberichten der VfGH nicht gesamthaft über das ORF-Beitragsgesetz und dessen Verfassungskonformität entschieden hat. Vielmehr hat er sich lediglich mit dem ORF-Beitrag und dessen Einhebung im privaten Bereich („Haushaltsabgabe“) auseinandergesetzt und ist im Ergebnis zu dem Beschwerde abweisenden Schluss gekommen, dass der Beschwerdeführer durch das angefochtene Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden ist.

Beitragspflicht im betrieblichen Bereich nur dem Grunde nach verfassungskonform?

Bemerkenswert ist, dass sich weder Feststellungen in den Rechtssätzen dieses Erkenntnisses noch Anhaltspunkte in der Begründung finden lassen, die nahelegen, dass auch der ORF-Beitrag im betrieblichen Bereich verfassungskonform ist.

Einzig in den Erwägungen zu diesem Erkenntnis (in Randziffer 48) trifft er folgende Feststellung: 

Der Gesetzgeber verletzt daher den Gleichheitsgrundsatz nicht, wenn er die objektive Möglichkeit der Teilnahme am Angebot des ORF mit einem Finanzierungsbeitrag belastet, indem er im privaten Bereich an das Vorliegen einer im Inland gelegenen Adresse anknüpft und (auch) für den betrieblichen Bereich eine Beitragspflicht vorsieht. Hiebei bestehen dem Grunde nach gegen die Sachlichkeit einer Beitragspflicht im betrieblichen Bereich keine Bedenken, zumal Unternehmer ein betriebsspezifisches Interesse an Information haben können.

Aus dieser Formulierung lässt sich zwar der Schluss ziehen, dass die Beitragspflicht im betrieblichen Bereich dem Grunde nach verfassungskonform ist. Andere Bestimmungen über die betriebliche Abgabe waren jedoch nicht Gegenstand der Prüfung.

Anhaltspunkte für verfassungsrechtliche Bedenken liefert nicht nur die Bestimmung über die Höhe der Beitragspflicht im betrieblichen Bereich (§ 4), sondern auch die ersten Erfahrungen aus dem Vollzug dieser Bestimmung bzw. aus der gelebten Praxis.

So sind in den letzten 12 Monaten einige Anfragen und kritische Berichte sowohl gemeindeeigene Einrichtungen als auch private Unternehmen betreffend aufgekommen, die durchaus Zweifel an der Verfassungskonformität der Höhe des ORF-Beitrags im betrieblichen Bereich bzw. dessen Berechnungsmethode aufkommen lassen.

Das ORF-Beitragsgesetz sieht in § 4 vor, dass jeder Unternehmer je Gemeinde, in der zumindest eine Betriebsstätte liegt, für die der Unternehmer nach dem KommStG 1993 im vorangegangenen Kalenderjahr Kommunalsteuer entrichten musste, den ORF-Beitrag für jeden Kalendermonat nach Maßgabe einer Staffelung (siehe unten) zu entrichten hat. Je nach Höhe der Arbeitslöhne ist ein Vielfaches des ORF Beitrags (15,30 Euro/Monat) zu zahlen. Bemessungsgrundlage für die Vervielfachung (Staffelung) ist die Summe der kommunalsteuerpflichtigen Arbeitslöhne der Betriebstätten in einer Gemeinde im vorangegangenen Jahr. 

Die Höhe des zu leistenden ORF‑Beitrags beträgt bei einer Bemessungsgrundlage

  1. bis 1,6 Millionen Euro einen ORF‑Beitrag;
  2. bis 3 Millionen Euro zwei ORF‑Beiträge;
  3. bis 10 Millionen Euro sieben ORF‑Beiträge;
  4. bis 50 Millionen Euro zehn ORF‑Beiträge;
  5. bis 90 Millionen Euro zwanzig ORF‑Beiträge;
  6. über 90 Millionen Euro fünfzig ORF‑Beiträge.

Folgendes Beispiel veranschaulicht die Problematik dieser Regelung

Hat ein Bäcker in ein und derselben Gemeinde/Stadt fünf Betriebe, dann werden alle Arbeitslöhne zusammengerechnet. Betragen alle Arbeitslöhne zusammen nicht mehr als 1,6 Mio. Euro, dann ist der Beitrag nur einmal zu zahlen (siehe Staffelung).

Hat ein Bäcker hingegen in fünf verschiedenen Gemeinden je einen Betrieb, so muss das Unternehmen (sollten die Arbeitslöhne je Betrieb nicht mehr als 1,6 Mio. betragen), fünf Beiträge zahlen – für jeden Betrieb einen Beitrag. 

Dieses Beispiel ist insofern von Bedeutung als im Dienstleistungssektor bereits Überlegungen angestellt wurden, Betriebe auf einen Standort zusammenzulegen um der Beitragspflicht pro Gemeinde zu entgehen.

Dass Unternehmer, wie der VfGH formuliert, ein „betriebsspezifisches Interesse an Information haben können“, ist nachvollziehbar – die Frage ist, ob es sachlich gerechtfertigt ist, dass alleine der Standort die Höhe der Gebühr bestimmt. Zudem ist davon auszugehen, dass ein Unternehmer, der in fünf verschiedenen Gemeinden Betriebsstätten hat, wohl kein fünf Mal so hohes Interesse an Information hat, wie ein Unternehmer, der in ein und derselben Gemeinde/Stadt fünf Betriebe hat.

Ob die Regelung des § 4 ORF-Beitragsgesetz bzw. deren Vollzug mit diesen Folgen (der Standort bestimmt im Wesentlichen die Höhe der Gebühr) sachlich gerechtfertigt ist und dem Gleichheitsgrundsatz entspricht, scheint in diesem Erkenntnis nicht entschieden worden zu sein. Nicht ausgeschlossen ist es daher, dass die Beitragsregelung für den betrieblichen Bereich mit Blick auf derartige Beispiele (Bäckereibetrieb) aber auch mit Blick auf die Staffelung selbst („Beitrag der Höhe nach“) noch Gegenstand von Verfahren sein wird.

Lösung in Sicht?

Medienberichten zufolge soll aber ohnedies noch im Herbst der ORF-Beitrag im betrieblichen Bereich reformiert werden, um genau jene Fälle zu unterbinden, in denen Betriebe mit mehreren Standorten mehrfach zur Kasse gebeten werden. Zurecht hat die Wirtschaft die derzeitige Regelung der Mehrfachbelastung kritisiert und eine grundlegende Reform eingemahnt. Sollte die Reform umgesetzt werden, würde sich freilich eine weitere Prüfung durch den VfGH erübrigen.

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