
Stein des Anstoßes war eine 360-Grad-Kamera wie diese.
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„Bei der Videoüberwachung geht es vor allem um Prävention“
In Wörgl installierte man eine Kamera, um den Vorplatz des Bahnhofs sicherer zu machen. Aus Gründen des Datenschutzes musste, die Kamera aber deaktiviert werden. Nun nimmt Bürgermeister Michael Riedhart einen neuen Anlauf.
Warum haben Sie sich für Videoüberwachung auf öffentlichen Plätzen ausgesprochen?
Michael Riedhart: Wir hatten am Bahnhof-Vorplatz die Situation, dass es schon mehrfach zu Übergriffen gekommen ist. Es gab Sachbeschädigungen, und einmal war ein Mann mit einer Machete und einem Baseballschläger dort unterwegs. Es treffen sich dort auch Jugendbanden, und viele Menschen, vor allem Mädchen, aber auch ältere Frauen, fühlen sich am Bahnhof nicht mehr sicher.
Daher haben wir im Jänner 2024 eine Videoüberwachung eingerichtet. Diese sollte auf Basis des Schutz-von-Eigentum-Paragraphen erfolgen.
Die Stadt wurde aber deswegen angezeigt, und die Datenschutzbehörde hat die Überwachung verboten.
Was ist danach passiert?
Wir haben heuer einen weiteren Anlauf unternommen und dafür eine sicherheitspolizeiliche Analyse gemacht. Leider sind wir aber auch damit nicht durchgekommen. Wir hatten die Überwachung einerseits präventiv und andererseits, weil eben schon etwas passiert ist, beantragt. Leider wurde der Antrag vor drei Monaten von der Landespolizeidirektion abgelehnt.
Ging es da nur um eine einzige Kamera?
Ja, wir hatten eine 360-Grad-Kamera installiert, mit der man den ganzen Platz überwachen kann. Bei diesem Standort wollten wir testen und auch durchprozessieren, ob die Überwachung möglich ist.
Allerdings haben wir auch schon weitere Standorte für Kameras festgelegt. Das sind vor allem neuralgische Plätze wie etwa vor Pflichtschulen oder an Kreuzungsbereichen in der Bahnhofstraße.
Derzeit ist die Kamera also noch deaktiviert?
Ja, sie ist deaktiviert, aber ich hatte sie nicht deinstallieren lassen, weil wir gehofft haben, dass es eine Gesetzesnovelle gibt, die die Überwachung ermöglicht. Nachdem der Erlass des Innenministeriums nun da ist, müssen wir die Kamera nur mehr einschalten. Es reicht ja jetzt, dass es nur einen Vorfall gegeben hat.
Wer wird Zugriff auf die Aufnahmen haben, und wie lange werden diese gespeichert?

Zugriff wird die Bundespolizei haben, weil es eine sicherheitspolizeiliche Überwachung ist. Aktuell wäre das System so eingestellt, dass die Aufnahmen 72 Stunden gespeichert werden und dann automatisch gelöscht werden, wenn sie nicht aufgerufen werden. Aufgerufen werden sie nur, wenn eine Straftat passiert.
Nachdem im Erlass festgelegt ist, dass nur für 48 Stunden gespeichert werden darf, müssen wir das ändern. Das ist aber technisch kein Problem.
Mir wäre eine 72-stündige Speicherung lieber gewesen, weil unsere Stadtpolizei am Wochenende nicht durchgehend im Dienst ist, da die Bundespolizei aber ständig im Einsatz ist, reichen die 48 Stunden.
Besteht nicht die Gefahr, dass mögliche Gefährder einfach an Orte ausweichen, wo sie nicht gefilmt werden?
Natürlich kann das passieren, aber es geht ja vor allem um Prävention. Dort, wo viele Menschen zusammenkommen, soll es eine Abschreckung geben, und das subjektive Sicherheitsgefühl soll gestärkt werden. Und wenn wirklich einmal etwas passiert, dann hilft die Überwachung bei der Aufklärung von Straftaten.
Wie stehen Sie zu der Kritik, dass Videoüberwachung in die Privatsphäre der Menschen eingreift?
Das ist ein Punkt, den ich nicht nachvollziehen kann. Ich habe auch nicht verstanden, warum uns die Überwachung von der Datenschutzbehörde verboten wurde. Wir hatten sogar eine Datenschutz-Folgenabschätzung, und sensible Bereiche, wie der Eingang zur Arbeiterkammer wären verpixelt geworden, sodass man nicht sehen kann, wer in das Gebäude hineingeht.
Mit einer KI gäbe es auch die Möglichkeit, Gesichter zu verpixeln und sie nur im Anlassfall zu entpixeln. Daher verstehe ich überhaupt nicht, inwiefern der Datenschutz nicht gesichert sein sollte.
Theoretisch könnte man ja auch einen Polizisten dort hinstellen und ihn 24 Stunden am Tag den Platz beobachten lassen. Dann wäre das datenschutzrechtlich überhaupt kein Thema. Daher habe ich überhaupt kein Verständnis für Organisationen, die hier fehlenden Datenschutz bei der Videoüberwachung kritisieren. Es kann nicht sein, dass der Täterschutz über dem Datenschutz steht!