
Johannes Pressl beim Antrittsbesuch bei Bundeskanzler Christian Stocker.
© Gemeindebund
Gestalten trotz Spardrucks
Die neue Bundesregierung ist im letzten Monat im Arbeitsmodus angekommen und hat unter Berücksichtigung täglich mehr werdender Sparvorgaben im Moment ein Doppelbudget 2025/2026 zu erstellen. Aber trotz aller – oder vielleicht gerade wegen dieser – Problemstellungen agiert die Bundesregierung weitgehend geschlossen, sachlich und lösungsorientiert und hört sich die Problemstellungen der Gemeinden zunächst einmal an. Und das tut auch einmal sehr gut!
Antrittsbesuche seitens des Gemeindebundes bei Bundesregierungsmitgliedern hat es zwischenzeitlich bei Bundeskanzler Christian Stocker, bei Vizekanzler Andreas Babler, bei Finanzminister Markus Marterbauer, bei Gesundheits- und Sozialministerin Corinna Schuhmann, bei Umwelt- und Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig, bei Staatssekretärin Barbara Eibinger-Miedl und bei Staatssekretär Sepp Schellhorn gegeben. Zusätzlich auch bei einigen Budget- und Kommunalsprechern der Parlamentsfraktionen.
Immer ist es ums Geld, die Rolle der Gemeinden und die Zusammenarbeit mit der neuen Bundesregierung gegangen. Unsere Forderungen, aber auch unsere Unterstützungsangebote haben wir – entsprechend den Beschlüssen unseres Präsidiums und des Bundesvorstands – auf die Tische in den Ministerien gelegt und auch schon in unterschiedlicher Tiefe diskutiert.
Konflikte werden zunehmen
Während die Gespräche bisher alle im Konsens verlaufen sind, wird’s inhaltlich aber immer herausfordernder und in den nächsten Wochen und Monaten wohl auch „konfliktträchtiger“, denn nach den Sparnotwendigkeiten, die in den letzten Wochen an „grünen Tischen“ und auch medial ausführlich ausgebreitet wurden, gibt’s auch gegenüber den Gemeinden die ersten Versuche, Finanzzusagen aus dem Vorjahr zu verschieben, Vereinbarungen abzuschwächen und vieles zu tun, um zwischen Bund, Ländern und Gemeinden zu Lasten des jeweils anderen die eigenen Zahlen zu „schönen“.
Oder. galanter ausgedrückt, die eigene Sparnotwendigkeit kurzfristig auf Kosten der jeweils anderen Ebene zu schaffen.
Schuld nicht auf andere schieben
Seitens der Gemeinden stehen wir zu hundert Prozent zu einer gemeinsamen Spar- und Reformverantwortung für Österreich. Das habe ich öffentlich und auch immer wieder intern in allen Ministergesprächen betont. Aber Versuche, die Schuld auf die andere Ebene abzuschieben, sie in der Vergangenheit zu suchen oder Geld von anderer Seite zu holen, wären Gift für eine gemeinsame Reformbewegung.
Reformen müssen gut durchdacht, gerecht, erklärbar und vor allem von allen getragen und schließlich durchgetragen werden. Und wie immer die Situation, in der wir stecken, zustande gekommen ist, ergibt sie jetzt zumindest eine „Chance“. Eine Chance, längst überfällige Reformen jetzt anzugehen. Dazu stehe ich und für „Österreich-Reformen“ steht auch der Österreichische Gemeindebund.
Erklärungslast fällt auch auf Gemeinden
Reformen in der finanziell erforderlichen Größenordnung werden schmerzliche Einschnitte bedeuten. Darüber habe ich hier bereits ausführlich geschrieben und das habe ich auch bei den Ministerinnen und Ministern diskutiert. Und diese Reformen brauchen die Menschen, die sie verantworten und mitverantworten.
Als Gemeinden sind wir zwar nur der „kleinere Teil“ des gesamtstaatlichen Finanzproblems. Aber als Bürgermeisterinnen und Bürgermeister bzw. Amtsmitarbeiter und Mitarbeiter der öffentlichen Verwaltung wird ein Teil der „Spar-Verantwortungslast“ und auch ein guter Teil der „Erklärungslast“ auf uns fallen. Klar, weil wir direkter als jede andere politische Ebene bei den Menschen sind. Dass die Bundesregierung auch genau deswegen auf die Gemeinden schauen muss, das haben die meisten Bundesregierungsmitglieder schon sehr gut verstanden.
Führungsverantwortung in guten wie in schlechten Zeiten
Sparen muss auch neu gestalten und neu ordnen bedeuten. Und deswegen dürfen wir uns, weil’s herausfordernd ist, den Mut nicht nehmen lassen, die Freude an der Arbeit nicht eintrüben lassen und auch die Steherqualitäten beim Handeln nicht absprechen lassen. Es ist uns klar, dass „Führungsverantwortung“ in guten wie in schlechten Zeiten „Führungsverantwortung“ ist.
Deswegen müssen wir auch über die „Psychologie des Sparens“ reden! Und wir müssen uns frühzeitig bei allen Maßnahmen, die in den nächsten Wochen und Monaten noch ausgehandelt werden, auch die Mechanismen vor Augen halten, die es für alle er- und verträglich bzw. für die Menschen verständlich machten! Einige Hinweise dazu:
- Nachträgliches Besserwissen oder Schuldzuweisungen „schützen“ maximal vor Selbsterkenntnis. Sie lösen aber das Spar- und Reformproblem nicht. Also auch, wenn wir über andere angebliche „Verursacher“ schimpfen, bleibt das Problem!
- Allerdings müssen wir über das Problem reden. Denn selbst ein „negatives“ Problemerlebnis bereitet „psychologisch“ den Boden dafür auf, dass eine spätere Lösung dann als „positiv“ oder „notwendig“ wahrgenommen werden kann.
- Trotzdem: Sparen und reformieren ist hart. Das wissen wir alle, aber es muss noch einmal gesagt werden, dass NEIN zu sagen, etwas ABZULEHNEN oder gegen etwas GUTES, aber im Moment Unleistbares zu sein, vermehrt Realität werden wird. Und vor dieser Erkenntnis dürfen wir uns, wenn wir’s wirklich angehen wollen, als „Mitverantwortungsträger“ nicht drücken.
- Nur „Sinn“ erzeugt auch Verständnis. Wenn wir verständliche und erreichbare Einsparungsziele definieren können, dann sind Einschränkungen dafür eher „machbar“. Wenn es danach „besser“ wird, wenn es zumindest „die nächste Generation“ besser hat oder wir „auf etwas hin sparen“ – wissen wir aus unserer Kindheit –, dann ist „Verzicht“ schon „leichter“.
- Aber Achtung: Enttäuschte Hoffnung“ kann einen Riesenschaden anrichten. Insofern sind „erreichbare“ Ziele und die Möglichkeit für die Menschen, die Wirkung ihres „Spar“-Handelns nachvollziehen zu können, enorm wichtig. „Sparen für die Investition der Gemeinde in eine PV-Anlage und einen Speicher für die Schule und laufend online sehen zu können, was das an Energiekosteneinsparung bringt“, ist vielleicht ein kleines, aber „logisches“ Beispiel.
- Viele Erklärungen und auch Geschichten zum Thema „Sparen“ müssen es begleiten. Denn es ist wohl davon auszugehen, dass die Bürgerinnen und Bürger, denen wir am Ende zu erklären haben, dass Projekte verschoben oder Leistungen eingeschränkt, Selbstbehalte eingehoben und Verwaltungshandlungen „verändert“ werden müssen, am Ende unser Wissen über die Zusammenhänge einfach nicht haben und auch nicht haben können.
- Nützen wir das „Window of opportunity“! Denn im Moment wächst das kollektive Verständnis für Reformen und Sparmaßnahmen. Und wenn’s noch dazu andere sagen (vielleicht auch Länder und der Bund), dann verleiht es der Botschaft an die Menschen zunehmend Gewicht. Allerdings Achtung: Türen und Möglichkeiten schließen sich auch rasch wieder! Surfer wissen es: Auf einer „Welle“ kann man auch nur kurze Zeit „reiten“.
Einander den Rücken stärken
Manche Bürgermeister-Kolleginnen und -Kollegen erinnern sich noch an das Jahr 2009. Damals waren wir anlässlich der Finanzkrise schon einmal finanziell enorm gefordert. Viele sind aber neu und müssen nun nach Jahren des Wachstums zum ersten Mal die „Finanzbremse“ ziehen.
Damals sind die Kolleginnen und Kollegen oft auch gemeindeübergreifend zusammengesessen, um Gebühren anzupassen und zu vereinheitlichen. Damals haben wir einander auch den Rücken gestärkt, bei schwierigen Entscheidungen, die zu tragen waren, und das tun wir jetzt auch wieder! In einer ersten großen Videokonferenz zum Thema „Klarheit über die Gemeindefinanzen“ haben wir damit im April bereits begonnen, und auch von unseren Landesverbänden wird es angepasst an die lokalen und regionalen Erfordernisse eine intensive Kommunikation und, wo notwendig, auch Sitzungen geben.
Chance im guten Management der Herausforderungen
Ich bin sicher, mit ehrlichen und konsequenten Maßnahmen werden wir als Verantwortungsträger in der Gemeindeverwaltung und Gemeindepolitik auch beim Sparen Profil gewinnen. Die Menschen müssen in uns, in handlungsfähige und vorausschauende Kommunalpolitiker, die ihr Steuergeld gut verwalten, vertrauen können.
Eine konsequente Haltung – auch für Sparmaßnahmen – ist deswegen nicht nur notwendig, sondern in herausfordernden Zeiten auch möglich und wird unser „Profil“ weiter schärfen, wenn wir auch die Gestaltungs- und Reformmöglichkeiten erkennen, die darin liegen: „Trotz Spardruck gestalten“
Da uns und das ganze Land das Thema „Sparen & Effizienz“ intensiv beschäftigt, wollen wir auch die guten Beispiele aus der Praxis – aus den Gemeinden - vor den Vorhang holen.
johannes.pressl@gemeindebund.gv.at