
„Ich bin eine Brückenbauerin“
Wörgl im Tiroler Unterland ist in mehrerer Hinsicht herausragend. Nicht nur als ein wirtschaftliches Zentrum Tirols und als Verkehrsknotenpunkt, sondern auch mit seiner reichhaltigen Geschichte. Das Experiment mit dem Wörgler „Schwundgeld“ - oder „Freigeld“ – ging in den 30er-Jahren um die Welt. Heute hat Wörgl mit Hedi Wechner eine der raren Bürgermeisterinnen Österreichs.
Wie sieht ein normaler Arbeitstag bei Ihnen aus?
Morgens gibt es Besprechungen und übliche Büroarbeit, danach Termine bis in den Abend. Selten gibt es einen freien Abend oder ein freies Wochenende.
Wörgl ist eine der am schnellsten wachsenden Gemeinden Tirols und zweifellos das Wirtschaftszentrum des Tiroler Unterlandes. Aber was ist für Sie „Gemeinde?
Gemeinde ist politische Gemeinschaft, in der Realpolitik möglich ist und ehrliche
Politik betrieben wird. Die unmittelbare Rückmeldung der BürgerInnen erfolgt prompt.
Wörgl hat 13 Brücken. Verstehen Sie sich als Brückenbauerin?
Wörgl hat sogar 34 Brücken, Tatsächlich ist letztes Jahr eine größere Brücke gebaut worden. Ich sehe mich auch als Bindeglied zwischen Amt, Politik und den Menschen in Wörgl – ja, ich bin Brückenbauerin.
Es gibt zu wenige Frauen, die Bürgermeisterin werden wollen. Wie könnte man das ändern?
Es gibt keine allgemeingültigen Regeln, jede Frau muss die Entscheidung selbst treffen. Eine Bürgermeisterin ist härteren Bewährungsproben ausgesetzt. Einem Mann wird oft Vorschussvertrauen, einer Frau Vorschussmisstrauen entgegengebracht. Jedenfalls müssen Frauen von ihren Fähigkeiten überzeugt sein und sagen: Ich will und ich kann das! Man muss ein bisschen eine „Rampensau“ sein.
Wollten Sie immer schon Bürgermeisterin werden?
Nein, aber das Amt kam mir sehr gelegen! Es bedeutet Einsatz für die Menschen und dauerndes Dazulernen.
Was bedeutet ein erfülltes Leben für Sie?
Zufriedenheit, Freunde und das Gefühl, gebraucht zu werden.
Welchen Stellenwert hat „Familie“ für Sie?
Das ist eine Form des Zusammenlebens, sie kann Geborgenheit bieten oder gelebter Horror sein.
Was ist für Sie „zu Hause“?
Ein Ort, an dem ich auch das Allzu-Menschliche ausleben kann, ohne befürchten zu müssen, beobachtet zu werden – also auch ungeniert die Beine auf den Tisch legen.
Ein guter Freund ist …
... jemand, den man nicht überfordern sollte.
Wann waren Sie das letzte Mal traurig? Oder wann glücklich?
Ich bin gesund, habe einen Partner, der es mit mir aushält, Freunde, die mit mir lachen oder sich mit mir ärgern, ich bin also grundsätzlich glücklich. Ignoranz, Dummheit, Intoleranz und Widerspruch ärgern mich zwar, aber ich bin deshalb nicht unglücklich.
Wenn ich einen Wunsch frei hätte, würde ich …
... gern mehrere Sprachen in Wort und Schrift beherrschen – Sprachen öffnen die Wege zu den Menschen.
Wie würden Sie sich mit einem Wort selbst beschreiben?
Pragmatisch und zukunftsorientiert.
Der perfekte Mann trägt für mich …
... niemals Socken in Sandalen zu kurzen Hosen.
Mein Lebensmotto lautet:
In jeder Lebenslage bestehen (überleben) können.