
Katharina Schellnegger, Vizebürgermeisterin in Gleisdorf: „Die schönen Momente in der Kommunalpolitik sind die großen Chancen, die quasi in jeder Sitzung vor dir liegen.“
© ee photograph
Role Models im Spiegel
„Wenn du als Frau nach oben kommst, nimm eine andere mit“
Um etwas zu bewegen, muss man raus aus der eigenen Komfortzone – und lernen, den richtigen Ton zu treffen. Katharina Schellnegger, Kulturmanagerin und Vizebürgermeisterin von Gleisdorf, weiß, dass klare Kommunikation, Wertschätzung und die Fähigkeit, nicht alles persönlich zu nehmen, extrem wichtig für erfolgreiche politische Arbeit sind.
Katharina Schellnegger fühlt sich sehr mit ihrer Heimat verbunden. Doch der Grund sich politisch zu engagieren, sind ihre Kinder. Sie möchte ihnen eine gute Zukunft ermöglichen. Im November 2019 entschied sie sich, aktiv zu werden, und startete nur wenige Monate später – direkt nach dem Corona-Ausbruch – in den Wahlkampf. Mit einem klaren Fokus auf Social Media und der Fähigkeit, online zu kommunizieren, gelang es ihr, die Stimmen ihrer Partei zu verdoppeln.
Komplexes verständlich machen
Als Kommunikationsprofi, tätig in einem renommierten Kulturbetrieb, ist es Katharina Schellnegger gewohnt, Inhalte für das Publikum attraktiv und verständlich aufzubereiten. „Gerade in der Kommunalpolitik ist es wichtig, Dinge auf das Wesentliche herunterzubrechen. Entscheidungen betreffen nicht nur viele Lebensbereiche, sondern auch Menschen mit unterschiedlichstem Background“. Doch sie sieht auch die Schattenseiten: Soziale Medien machen es nicht immer leicht, differenziert zu kommunizieren.
„Nicht alles lässt sich auf ein paar Zeichen runterbrechen. Wenn ich gegen den Neubau einer Volksschule bin, hat das komplexe Gründe und nicht, dass ich gegen den Schulbau oder gegen Kinder bin.“ Social Media hat ihrer Meinung nach auch viel an unserer Diskussionskultur verändert. Sie hofft, dass uns dadurch als Gemeinschaft die Fähigkeit oder die Bereitschaft zur Diskussion auf einer sachlichen Ebene nicht abhandenkommt.
Über eigene Grenzen gehen
Schellnegger ist überzeugt, dass die wertvollsten Erfahrungen außerhalb der Komfortzone liegen. Also dort, wo man gefordert war, über seine Grenzen geht, dort wo man mehr schafft als man denkt. Für sie ist Karriere nicht nur eine Frage von Titeln oder Kontoständen, sondern von erfüllender und sinnstiftender Arbeit. Den Ausgleich zu ihrem Einsatz im Vollzeitjob, in der Politik und als Mutter findet sie beim Schwimmen, Radfahren und Laufen.
Politik als Teamarbeit
Auch wenn Schellnegger oft die einzige Frau in Gremien ist, weiß sie um die Stärke eines gut gepflegten Netzwerks. „Wenn du als Frau nach oben kommst, dann nimm eine andere mit“, lautet der Rat einer erfahrenen Kollegin, der ihr Support im Hintergrund ist. „Dass untergriffige Bemerkungen nicht mich persönlich betreffen, sondern dafür sorgen sollen, dass ich die Klappe halte, kann man zum Beispiel von so einer Person lernen. Das hilft sehr.“
Konstruktiv bleiben
Als Vizebürgermeisterin in der Opposition weiß Katharina Schellnegger, dass es nicht leicht ist, sich Gehör zu verschaffen. Auch hier geht es um die Art der Kommunikation: Nicht beleidigend, nicht nachtragend, immer mit der Sache im Fokus. Argumente müssen gut vorbereitet werden, jegliche Eitelkeiten kann man in der Opposition gleich vergessen.
Mehr Respekt in der Politik
Sie plädiert auch dafür, darüber nachzudenken, wie man mit den Menschen, die man gewählt hat, umgeht. „Kritik ist erlaubt, aber leider sind verbale Grauslichkeiten keine Seltenheit.“ Es geht um den richtigen Ton. Vielleicht könnte es durch eine wertschätzendere Kommunikation gelingen, mehr Frauen für die Politik zu gewinnen.
Biografie
Katharina Schellnegger ist ausgebildete Kulturmanagerin und seit vielen Jahren als Artist of Hosting bei einem großen Klassik-Festival tätig.
Die Verbindung von Kultur und Nachhaltigkeit ist ihr dabei ein großes Anliegen. Seit 2020 ist sie zweite Vizebürgermeisterin von Gleisdorf und Grüne Gemeinderätin. Mobilität ist hier ihr Fokus. In ihrer Freizeit läuft und radelt die zweifache Mutter gern, manchmal auch recht weit
In der Reihe „Role Models in der Politik“ stellt „KOMMUNAL“ Frauen vor, die Teil einer Ausstellung des steirischen Vereins FELIN sind: Das Projekt porträtiert ihre Werdegänge, Hürden und Erfolge und ermutigt Frauen, sichtbarer zu werden.