Walter Leiss
Walter Leiss: „Die Grundsteuer ist vom Eigentümer zu tragen und kann bei Vermietung einer Liegenschaft oder Wohnung auf die Mieter überwälzt werden.“
© Philipp Monihart

Hat die Grundsteuer Einfluss auf leistbares Wohnen?

Die Grundsteuer ist eine der wenigen verbliebenen ausschließlichen Gemeindeabgaben. Seit Jahrzehnten wird sie in annähernd gleicher Höhe eingehoben. Dadurch sind die Einnahmen für die Gemeinden inflationsbedingt laufend gesunken. In absoluten Zahlen sind die Gesamteinnahmen in den letzten Jahren zwar kontinuierlich gestiegen, weil durch Bautätigkeit die Anzahl der Grundstücke, für die eine Grundsteuer zu entrichten ist, wesentlich erhöht wurde.

Obwohl die Belastung für die Eigentümer und Mieter vor 20 Jahren relativ gesehen höher war als heute, ist damals kein Mensch auf die Idee gekommen, die Grundsteuer als einen Faktor zu bezeichnen, der das Wohnen teurer gemacht hätte. Das ist allein dem Umstand geschuldet, dass die Bemessung der Grundsteuer in Österreich sehr gering ist. Der Verfassungsgerichtshof hat sie als „Bagatellsteuer“ bezeichnet, weshalb eine genaue Bemessung (Wertermittlung) nicht von großer Relevanz ist.

Noch keine Reform der Grundsteuer

Daher bemühten sich die Gemeinden schon seit langer Zeit um eine Reform der Grundsteuer. Beim letzten Finanzausgleich wurde bereits vereinbart, die Grundsteuer zu reformieren und ein neues Gesetz auf den Weg zu bringen. Passiert ist leider – abgesehen von einigen Sitzungen in Arbeitsgruppen - nichts.

Nicht nur, dass keine Reform der Grundsteuer erfolgt ist, es sind auch laufend Versäumnisse bei der Durchführung der Bewertung von Liegenschaften, die von den Finanzämtern durchzuführen ist, festzustellen. In etlichen Fällen ist es auch deshalb schon zu Verjährungen gekommen. Umso wichtiger ist es, dass die Reform der Grundsteuer im anstehenden Finanzausgleich seitens des Bundes zugesagt wird.

Ein großer Widerstand dagegen ist allerdings sowohl von Bundesebene als auch von den Ländern aufgrund diverser politischer Aussagen zu erwarten. Immer öfter wird die Grundsteuer mit der Thematik des „leistbaren Wohnens“ in Verbindung gebracht.

Das spiegelt sich sogar in einem durch KI (ChatGPT) erstellten Artikel wieder. Darin heißt es: „Leistbares Wohnen ist ein großes Thema in Österreich. In vielen Städten und Gemeinden ist es schwierig, bezahlbare Wohnungen zu finden. Die Grundsteuer spielt hierbei eine wichtige Rolle, da sie einen erheblichen Teil der Kosten ausmacht, die Vermieter auf die Mieter umlegen. Die Höhe der Grundsteuer ist ein wichtiger Faktor bei der Berechnung der Mietpreise. Wenn die Grundsteuer erhöht wird, können Vermieter gezwungen sein, die Mietpreise zu erhöhen und die zusätzlichen Kosten auszugleichen.“ 

Höhe der Grundsteuer ist keine nennenswerte Belastung für die Eigentümer

Diese durch die KI erzeugte Darstellung basiert offensichtlich auf medial getätigten Aussagen. Dabei dürfte denjenigen, die die Grundsteuer mit leistbarem Wohnen in Zusammenhang bringen, die Höhe der Grundsteuer und deren Berechnung nicht bewusst sein.

Richtig ist, dass die Grundsteuer vom Eigentümer zu tragen ist und bei Vermietung einer Liegenschaft oder Wohnung auf die Mieter überwälzt ­werden kann. Wer kennt allerdings schon die Höhe der tatsächlich zu entrichtenden Grundsteuer? Wahrscheinlich die wenigsten, da sie zumeist der geringste Kostenfaktor bei den sogenannten Betriebskosten (Kanal-, Wasser- und Abfallgebühren) ist.

Viele Beispiele zeigen, dass für eine Liegenschaft eine jährliche Grundsteuer in der Höhe von 200 bis 300 Euro zu entrichten ist. Die Höhe der Grundsteuer entspricht demnach oft nicht einmal einem Fünftel der für die Liegenschaft zu entrichtenden Kanalbenützungsgebühren.

Dass die Grundsteuer auch kein Faktor ist, der in der Vergangenheit den Eigentümern besonders aufgefallen wäre, zeigt auch der Umstand, dass die Abschaffung der Grundsteuerbefreiung, immerhin bis zu 90 Prozent auf 20 Jahre, zu keinem Aufschrei bei den Betroffenen geführt hat. Dies lässt wohl den berechtigten Schluss zu, dass die Höhe der Grundsteuer keine nennenswerte Belastung für die Eigentümer darstellt.

Gründe für hohe Wohnkosten

Die Ursachen für die Steigerung der Wohnungskosten liegen einerseits in den technischen Vorgaben, die immer komplexer und anspruchsvoller werden, und den exorbitant gestiegenen Baukosten der letzten Zeit, andererseits natürlich in den Finanzierungskosten. Die gestiegenen Grundkosten spielen natürlich auch eine Rolle, haben jedoch beim großvolumigen Bau nicht die Bedeutung wie beim Einfamilienhausbau. 

Vor einigen Wochen war zu lesen, dass in Großgmain (Flachgau) die Gemeinde ein Bauprojekt für Eigentums- und Mietwohnungen auf eigenem Grund fast abblasen hätte müssen. Ursachen sind die extremen Steigerungen bei allen Kosten, beim Bau und der Finanzierung. Düstere Aussichten für künftige derartige Projekte, wie der Bürgermeister meinte.

Ein Sinken der Baukosten ist ebenso wenig absehbar wie eines bei den Finanzierungskosten. Auch bei den technischen Anforderungen erscheint wenig Spielraum, wenn man bedenkt, dass Neubauten aus energetischer Sicht auf neuestem Stand sein müssen. Die Einsparungen, die sich dadurch ergeben, werden erst in ferner Zukunft wirksam. 

Diskussion über Modelle und Ertragsverteilung notwendig

Eine Reform der Grundsteuer kann daher nicht mit dem Argument verweigert werden, dass dadurch leistbares Wohnen verhindert werden würde. Reformvorschläge liegen auf dem Tisch und müssten endlich diskutiert werden.

Ähnlich wie in Deutschland stehen zwei Modelle zur Diskussion. Wie bei unserem Nachbarn schon umgesetzt gibt es wertabhängige Modelle oder flächenbezogene Modelle, die vom Wert unabhängig sind.

Da der Bund bereits erklärt hat, keine Neubewertung der Grundstücke durchzuführen, sondern diese Aufgabe auch an die einhebenden Gemeinden zu übertragen, muss die Berechnung einfach zu administrieren sein.

Relevant ist auch, wie der Ertrag künftig zu verteilen ist. Ein wertabhängiges Modell, in dem nur Städte, Umlandgemeinden und gewisse Tourismusdestinationen profitieren und die Gemeinden in den strukturschwachen Regionen verlieren würden, ginge nur Hand in Hand mit entsprechenden Ausgleichsmaßnahmen.

Beispiele aus Deutschland zeigen auch, dass wertabhängige Modelle oft Anlass für Streitfälle sind. 350.000 Berufungsverfahren allein in den ersten Monaten sprechen eine deutliche Sprache.

Ein flächenbezogenes Modell mit entsprechenden Bandbreiten für die von den Gemeinden festzusetzenden Hebesätze hätte diese Probleme nicht. Egal für welches Modell man sich entscheidet, wir erwarten uns jedenfalls, dass dieses Thema bei den laufenden Finanzausgleichsverhandlungen aufgenommen wird und Zusagen für eine Lösung erfolgen.