Johannes Pressl: „Es schmerzt, dass eine Grundsteuerreform – die sachlich notwendig und mehrfach diskutiert wurde – erneut keine Zustimmung fand.“
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Stabilitätspakt
Und dennoch bleibt die Hoffnung
Die Erwartungen waren groß – die Ergebnisse aus kommunaler Sicht überschaubar. Am 28. November wurde der neue Stabilitätspakt finalisiert. Wochen intensiver Gespräche hatten viele Hoffnungen geweckt; heute müssen wir nüchtern sagen: Für konkrete finanzielle Entlastungen der Gemeinden war die Latte offenbar zu hoch gelegt.
Fest steht: Der Pakt setzt – gemessen an den bisherigen Neuverschuldungszahlen – äußerst strenge Rahmenbedingungen. Einige Länder signalisierten bereits während der Verhandlungen Zweifel, ob diese Vorgaben ohne zusätzliche Einnahmequellen realistisch einzuhalten sind.
Während für einzelne Länder, die besonders „ächzten“, durchaus auch einnahmenseitige Maßnahmen zur Erfüllung der Limits denkbar waren, findet sich im Abschlussprotokoll jedoch ein klares Credo: keine neuen Steuern, Fokus auf Ausgabenseite. Das mag politisch verständlich sein, schafft aber neue operative Spannungsfelder für die kommunale Ebene.
Vor allem schmerzt, dass eine Grundsteuerreform – die sachlich notwendig und mehrfach diskutiert wurde – erneut keine Zustimmung fand. Sie ist in der derzeitigen Regierungskoalition im Moment nicht mehrheitsfähig. Gleichzeitig gibt es aber auch positive Impulse: Der Finanzminister signalisierte Spielraum für einen Mehrwertsteuererlass bei Gemeindekooperationen. Und auch für den Aufbau einer zentralen Gemeinde-Datenplattform, die langfristig zu Verwaltungskosteneinsparungen führen soll, gab es von Bundesseite Unterstützungssignale.
Reformpartnerschaft
Die Logik ist einfach – ohne neue Einnahmen keine neuen Aufgaben. Der Stabilitätspakt ist nicht isoliert zu betrachten; er beeinflusst die Reformpartnerschaft unmittelbar. Denn wenn Gemeinden nicht stärker an neuen oder wachsenden Einnahmen beteiligt werden – etwa Grundsteuer, CO₂-Bepreisung oder die Einbeziehung des 13./14. Bezugs der Bewohner in den Pflegeheimen in die Pflegeheimfinanzierung –, dann verändert das unsere Verhandlungsposition signifikant.
Und dann gewinnen jene Vorschläge weiter an Gewicht, die Gemeinden aus dynamisch steigenden Finanzierungen – wie etwa der Spitalsfinanzierung – entlasten sollen. Im Gegenzug wären wir bereit, verstärkt Verantwortung in der Elementarpädagogik zu übernehmen, deren Wachstum in den nächsten Jahren deutlich kalkulierbarer sein wird.
Verständnis des Bundeskanzlers. Bundeskanzler Christian Stocker hat mir noch am Abend der Stabilitätspakt-Einigung – kurz vor Unterfertigung – weitere Gespräche zugesagt. Ihm ist die prekäre Lage der Gemeinden bewusst; er hat Bereitschaft signalisiert, über die Finanzierung der Gemeinden zu reden.
Ein Tag in Brüssel – weil Europa uns braucht und wir Europa. Am Freitag, den 14. November, war ich für einen Tag in Brüssel. Ein Besuch, um dort den Themen, die unsere Mitarbeiterin Daniela Fraiss und unsere Repräsentanten in den Regionalgremien auf EU-Ebene vorbringen, auch politisches Gewicht zu geben.
Solche Tage sind dann besonders „dicht“ mit Terminen bestückt, denn in der kurzen Zeit muss richtig etwas weitergehen. Begonnen hat’s beim neuen österreichischen Botschafter bei der EU, Gregor Schusterschitz. Von der geopolitischen Lage über das Engagement unserer Gemeinden in der Ukraine bis zu den Finanzen in den anderen EU-Ländern (von denen übrigens acht auch ein EU-Defizitverfahren haben) kreiste das Gespräch.
Mit den österreichischen Digital- und Telekomvertretern in Brüssel ging’s dann um den Glasfaserausbau und die Datenregeln der EU, die auch auf die Gemeinden wirken. Es folgte ein Gespräch zur Abstimmung unserer Wünsche über das Vergaberecht mit einer Vertreterin des Deutschen Städte- und Gemeindebundes. Für Rede und Antwort bin ich anschließend noch APA und ORF-Korrespondenten in Brüssel zur Verfügung gestanden. Höhepunkt des Tages war schließlich aber das Österreich-Netzwerk der Beamtenebene in Brüssel.
Seitens des Österreichischen Gemeindebundes haben wir nicht nur zum Buffet eingeladen, sondern vor allem zu einem inhaltlichen „Austausch“ mit dem Generaldirektor-Stellvertreter der GD Binnenmarkt, Hubert Gambs, vor rund 40 Gästen. Die gemeinsame Frage, die wir coram publico – er aus seiner Brüsseler Sicht und ich aus meiner lokalen Gemeindesicht – diskutierten: „Wie kommt EU-Recht vor Ort an?“ Da servierte ich nicht nur einige „Aufreger“, die die Menschen mit der EU verbinden, sondern wir diskutierten auch die Gebäuderichtlinie, die Energieeffizienzrichtlinie, die Renaturierung, die geplante Reform des Vergaberechts und die oft „vergoldete“ Umsetzung dieser und anderer Materien in Österreich. Die Fragen und Beiträge der Teilnehmer waren dazu offen bis selbstkritisch – aber immer vom gemeinsamen Willen getragen, die Stärken der EU auch für uns zu nutzen und weiterzuentwickeln.
Und das war und ist schließlich auch das Ziel des Brüssel-Engagements des Gemeindebundes und des Einsatzes unzähliger Europagemeinderäte in unseren Gemeinden: nämlich gerade wegen zahlreicher Herausforderungen, die wir global haben, Europa und unsere gemeinsamen europäischen Anliegen zu „schärfen und zu stärken“. Frei nach einem bekannten Sprichwort: „Allein sind wir vielleicht schneller, aber gemeinsam kommen wir weiter!“
Bodenschutz
Nur mehr 6,5 ha Neubodenverbrauch pro Tag. Das Bodenmonitoring des Umweltbundesamts zeigt: Die tägliche Neubodeninanspruchnahme ist seit 2022 von 12 ha auf 6,5 ha gefallen. Das ist ein bemerkenswerter Erfolg – und ein starkes Zeugnis für die Arbeit der Gemeinden. Leerstandsnutzung, Innenentwicklung, Entsiegelung: Unsere Gemeinden reden nicht nur darüber, sie tun es.
Der Bodenschutzplan des Gemeindebundes und die Aktivitäten der Gemeinden wurden in einer Veranstaltung der Raumordnungskonferenz (ÖROK) ausdrücklich gelobt. Mit vielen praktischen Beispielen wurde auch untermauert, welch großartige Projekte die Gemeinden bei der Leerstandsentwicklung, bei der innerörtlichen Verdichtung und auch bei der Entsiegelung umsetzen. Während man am Podium noch diskutierte, wie man noch mehr vom Reden ins Tun kommen könnte, zeigen unsere Bürgermeisterkolleginnen und -kollegen an vielen Orten bereits hervorragend, wie’s geht! Insofern bin ich sicher, dass wir dann bei der nächsten Erhebung noch bessere Werte einfahren werden!
Gemeindebund unterwegs: Bürgermeisterinnen und Bürgermeister als Netzwerker und Problemlöser. In den letzten Wochen war ich für den Gemeindebund bei der Generalversammlung des Salzburger Gemeindeverbands, bei der Bürgermeisterakademie des OÖ Gemeindebundes, beim Vorstand im Burgenländischen Gemeindebund und bei der Bezirksrunde der Bürgermeister in Deutschlandsberg. Mit Markus Figl, Herbert Kickl, Manuela Kohm, Martin Kocher, den Österreichischen Landwirtschaftskammerpräsidenten und zahlreichen anderen Spitzenpolitikern und Interessensvertretern hatte ich Gespräche über die Gemeinden und zu unseren Interessen. Es ging dabei immer um Gemeindefinanzen, und es geht immer um Lösungen.
Dabei gilt: Reden allein reicht nicht, Zuhören ist mindestens ebenso wichtig. Der Gemeindebund ist ein Netzwerk – und dieses Netzwerk braucht ständige Pflege.
Pflege und Alter: Der Mensch im Mittelpunkt
Mit den großen Pflegedialogen – im November gestartet, am 22. Jänner und 20. Februar fortgesetzt – arbeiten wir an einer kommunalen Pflegestrategie, die direkt in unseren Gemeinden wirksam werden soll. Am Ende soll dies eine Handlungsanleitung werden – angereichert mit Praxisbeispielen und Anwendungsprojekten und viel Know-how, wie wir unsere Dörfer und Städte altersgerecht weiterentwickeln können.
Ausblick auf 2026: Herausforderungen annehmen, Stabilität sichern, Mut zeigen. Die gesellschaftliche Stimmung ist angespannt, Rahmenbedingungen verändern sich spürbar. Genau in solchen Zeiten haben Gemeinden in der Vergangenheit immer mit denselben Stärken reagiert – und diese Stärken brauchen wir 2026 mehr denn je:
- Gemeinschaft & Nachbarschaftshilfe als stärkste Ressource. Denn Gemeinschaft erzeugt Sicherheit, reduziert Angst und hält das System stabil.
- Klare Strukturen & sichtbare Führung, weil klare Strukturen Vertrauen schaffen, und das stabilisiert eine Gemeinde enorm.
- Pragmatismus & Innovation aus der Not heraus, weil Gemeinden durch Krisen moderner und widerstandsfähiger werden können.
- Stärkung der lokalen Wirtschaft & Nahversorgung. Dadurch wird die Gemeinde unabhängiger und wirtschaftlich stabiler.
- Gemeinsame Werte als Halt. In Gemeinden spielen Traditionen, Feste und Rituale eine enorme Rolle und sind der „gesellschaftliche Kitt“.
- Lokale Konflikte nehmen zu – und brauchen Moderation. Aber Gemeinden, die reden statt streiten, kommen stabiler durch Krisen.
In diesem Sinne gehen wir im Jahr 2026 sehenden Auges die Dinge an und suchen nach Lösungen. Das braucht Mut – aber Mut ist auf der Gemeindeebene reichlich vorhanden.