Wasser steht bis zum Hals
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Finanziell steht den Gemeinden das Wasser bis zum Hals

Nach einem für die Gemeinden durchaus erfolgreichen Finanzausgleich Ende 2023 stellte sich zu Jahresbeginn heraus, dass sich die Vorzeichen dramatisch verändert haben. Statt einer Rückkehr zu einer halbwegs normalen Tagesordnung mussten die Gemeinden feststellen, dass das Geld hinten und vorne nicht reicht. Wenn die kommunale Daseinsvorsorge durch die Gemeinden nicht zusammenkrachen soll, braucht es mehr Mittel von Bund und Ländern.

Noch kann glücklicherweise von „Zusammenkrachen der Daseinsvorsorge“ nicht wirklich die Rede sein, aber dass die Lage teils dramatisch ist, kann niemand in Abrede stellen. Aber, „wir rechnen damit, dass mehr als ein Drittel der Kommunen nicht ohne Hilfe ihre Budgets ausgleichen können.

In fast allen Gemeinden werden notwendige Investitionen  nach hinten verschoben oder gänzlich abgesagt, was etwa auch den Kindergartenausbau bremst und vor allem die regionale Bauwirtschaft schwer treffen wird. Die Gemeinden waren in den letzten Jahren mit mehr als 3,5 Milliarden Euro die größten direkten öffentlichen Investoren. Daher: Wer den Gemeinden hilft, sichert nicht nur kommunale Infrastrukturen, wie den Bau neuer Kindergärten, sondern stärkt auch die Bauwirtschaft und die lokale Wirtschaft“, betonte Gemeindebund-Präsident Johannes Pressl in ersten Stellungnahmen.

Eine der ersten „Amtshandlungen“ des neuen Präsidenten nach seiner Wahl Ende Februar war dann auch die Verabschiedung einer einstimmig beschlossenen Resolution an die Bundesregierung , worin Gespräche über ein neues Gemeindepaket in Höhe von einer Milliarde Euro gefordert wurden. Übrigens: Das frische Geld für die Kommunen für die Jahre 2024 und 2025 „soll zur Stärkung der Liquidität dienen“ – das heißt, um den laufenden Betrieb überhaupt führen zu können. Die Mittel müssen auch als „nicht rückzahlbar“ gelten, wie in der Resolution ausgeführt wurde.

Zusätzlich unterstrichen wurde der Ernst der Lage auch durch eine Umfrage, die Politikwissenschaftlerin Kathrin Stainer-Hämmerle unter den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern sowie den fast 500 Vizebürgermeisterinnen durchgeführt hat.

„Die angespannte Finanzlage in den Gemeinden wird 2024 zum Topthema. Lagen bei den größten Belastungen für die Gemeinden 2022 bei den Bürgermeistern noch die Bürokratie und Überregulierung und bei den Bürgermeisterinnen das fehlende Bauland bzw. der fehlende leistbare Wohnraum mit großem Abstand auf Platz 1, so sind dies 2024 bei beiden Geschlechtern Finanzprobleme und fehlende Einnahmen“, so Stainer-Hämmerle.

Das zeigt auch auf, dass durch die finanzielle Lage die Gemeinden immer weniger in der Lage sind, so „für die Bürgerinnen und Bürger da zu sein, wie wir das gerne wollen“, wie es Gemeindebund-Präsident Hannes Pressl bei der Pressekonferenz am 11. April formulierte.

Sozusagen als „Drüberstreuer“ steht im Raum, dass der fehlende Gestaltungsspielraum das Amt immer weniger begehrenswert macht – und damit letzten Endes die Demokratie ausgehöhlt wird. Pressl fordert in dem Zusammenhang auch richtig, dass die großen Haftungsthemen, ein weiterer abschreckender Punkt, angegangen werden und Menschen wieder mehr den Job als Bürgermeisterin oder Bürgermeister anstreben.

Viel dramatischer kann man die Lage eigentlich schon nicht mehr schildern, dennoch haben wir einen Rundruf durch Gemeinden durchgeführt.

Gründe für die vor allem über den Jahreswechsel kurzfristig so prekär gewordene Situation gibt es mehrere: In den meisten Bundesländern zeigten sich vielfach zweistellige Steigerungsraten bei den Umlagezahlungen der Gemeinden an die Länder. Vor allem für die Krankenhäuser und die Pflegeheime sollten die Gemeinden deutlich tiefer in die Taschen greifen

Die Lohnabschlüsse im öffentlichen Dienst mit einer Steigerung von nahezu zehn Prozent machten (und machen) den Gemeinden ebenfalls zu schaffen. Zudem sind diese Abschlüsse alle erst nach dem FAG-Paktum erfolgt. Der immer größere werdende Personalbedarf etwa im Bereich der Elementarbildung oder der Pflege treibt die Kosten laufend noch weiter nach oben.

Dazu kamen gestiegene Zinskosten, ein weiterhin hohes Inflationsniveau sowie laufend neue Aufgaben und Qualitätsanforderungen und auch massive Einnahmenausfälle. Weil der Bund die den Gemeinden eigene Grundsteuer seit mehr als 20 Jahren nicht valorisiert hat und auch bei der Einhebung säumig ist, entgehen den Gemeinden allein aus diesem Posten jährlich rund 380 Millionen Euro – Tendenz steigend.

Dazu kommt auch noch, dass angesichts dieser finanziellen Situation viele Gemeinden mittlerweile nicht mal mehr den fünfzigprozentigen Anteil beim Kommunalen Investitionspaket (KIP) stemmen können. Dafür soll es eine Fristverlängerung um zwei Jahre geben, wünscht sich der Gemeindebund.

Neben dem Bund will man übrigens auch die Bundesländer nicht aus der Pflicht lassen. Wie in den Corona-Jahren 2020 und 2021, wünscht sich der Gemeindebund Erleichterungen bei der Kreditaufnahme und bei den Finanzierungskonditionen von den einzelnen Bundesländern.

Geben und Nehmen

Schließlich drängt der Gemeindebund auch auf Reformen. „Denn auch wir wollen nicht ständig Bittsteller um zusätzliches Steuergeld sein, das letztlich alle Bürgerinnen und Bürger zahlen.“ so Pressl. Wir bieten deshalb eine aktive Mitarbeit bei einem Reformprozess bei Zuständigkeiten, Strukturen und Finanzierungsströmen zwischen den Gebietskörperschaften an. „Dieser müsse aber jetzt eingeleitet werden, um langfristig Wirkung zu zeigen.“ drängt Pressl, „denn es geht um unser aller Steuergeld und das ist in den Gemeinden das Gleiche wie auf der Bundesebene.

In seinem Antrittsbesucht habe er dem Bundeskanzler zugesagt, dass wir in den Gemeinden selbstverständlich auch den Sparstift ansetzen. Vor allem mit „Vergleichssystemen“, sogenannten Benchmarks, möchte Pressl, dass „die Kommunen von den Besten lernen“.

Jetzt ist  der Gemeindebund an der Reihe, weitere Zahlen, Daten und Fakten zu liefern. „Wir werden in den nächsten Wochen unsere Berechnungen auf den Tisch legen und dann mit dem Finanzministerium in weitere Detailgespräche treten. Unsere eigene Reformbereitschaft werden wir auch mit konkreten Vorschlägen untermauern. Da sind wir den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern verpflichtet, unsere Effizienz tagtäglich nachzuschärfen“, sagt Johannes Pressl.

Das Thema zieht Kreise

Pressl traf in den vergangenen Wochen nach dem Meeting mit dem Bundeskanzler auch noch andere Ministerinnen und Minister der Bundesregierung, wie Karoline Edtstadler, Leonore Gewessler oder Norbert Totschnig.

Und bei jedem dieser Termine sprach er die Finanzierungsprobleme der Gemeinden an. „Alle in der Bundesregierung sollen Bescheid wissen, wie es uns geht und warum wir dringend Hilfe brauchen“, erklärt Pressl.

Generalsekretär Leiss und Präsident Pressl bei Finanzminister Brunner
Generalsekretär Leiss und Präsident Pressl bei Finanzminister Brunner.

Der in Punkto Finanzen wichtigste Anprechpartner: Bei Finanzminister Magnus Brunner füllte Mitte April die Diskussion zu den Gemeindefinanzen natürlich den gesamten Termin aus. Pressl führte eine Gemeindebunddelegation an und erläuterte dem Finanzminister die Gründe, warum die Gemeinden mehr Geld brauchen – unter anderem mit dem Verweis auf die gestiegenen Personalkosten, die gestiegenen Umlagen (so sind allein in NÖ die Umlagen um 23 Prozent gestiegen), und die Nicht-Valorisierung der Grundsteuer, wodurch den Gemeinden bereits 380 Millionen Euro pro Jahr entgehen.

Im Gegenzug für ein Hilfspaket kann sich der Gemeindebund auch vorstellen, bei der Datenübermittlung zu wichtigen Themen, wie etwa der Kinderbetreuung schneller und transparenter zu werden und damit für die politischen Entscheidungen auf Bundesebene bessere Grundlagen zu schaffen.

Schon beim Beschluss des Finanzausgleichs Ende 2023 hatte man sich auf die Entwicklung von sogenannten „Benchmarks“ verständigt. So könnten Gemeindevergleiche zu gewissen Themen, wie etwa der Kinderbetreuungsquote, gemeinsam entwickelt werden.

Mit dem Finanzminister wurden weitere Gesprächsrunden vereinbart. Ein zeitnaher Abschluss für das Gemeindepaket 2024/25 ist im Sinne der Gemeinden dringend gefordert.

Inzwischen ist Österreichs Finanzlage nichts für schwache Nerven. Fiskalrat-Chef Badelt wird in der „Presse“ Mitte April mit den Worten zitiert, dass er „das Parlament anflehe, keine Wahlzuckerln zu geben“.

Schon bisher war die Prognose des Fiskalrats für die heimischen Staatsfinanzen nicht sonderlich rosig. 2,3 Prozent sollte das Budgetdefizit demnach heuer ausmachen und in den kommenden Jahren nur langsam in Richtung der Zwei-Prozent-Grenze sinken, so die Staatsschuldenwächter bei ihrer Prognose Mitte Dezember. Mitte April legte der Fiskalrat eine revidierte Prognose vor, bei der die Zahlen sich noch einmal deutlich verschlechterten. Demnach wird sich die Republik heuer sogar mit 3,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) verschulden. Und im kommenden Jahr 2025 soll es mit einem Minus von 3,2 Prozent nur eine minimale Entspannung geben.