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Investieren ohne Antrag

Mit der Novelle des Kommunalinvestitionsprogramms (KIP) setzt die Bundesregierung auf Entbürokratisierung und Autonomie. Erstmals fließen Investitionsgelder direkt in die Gemeindekassen – ohne Anträge, ohne Ko-Finanzierung. Ein mutiger Schritt der Bundesregierung, der neue Spielräume schafft – und Erwartungen schürt. Was sich für Gemeinden ändert und wo jetzt rasch gehandelt werden muss.

Am 19. Mai war es so weit: Mit der Novelle des Kommunalinvestitionsprogramms (KIP) verkündete die Bundesregierung nicht nur einen Schritt der Entbürokratisierung und Autonomie, sondern auch einen Hoffnungsschimmer in „düsteren Zeiten“ für Österreichs Gemeinden. In einer Zeit, in der viele Gemeinden nur noch mit Mühe ihre Haushalte ausgeglichen bekommen, kam die Maßnahme wie gerufen: Die Reform der Kommunalinvestitionsgesetze KIG 2020, 2023 und 2025 bringt nicht mehr Geld, aber erstmals Geld ohne Hürden. In Summe fließen 881 Millionen Euro in die Gemeinden – direkt, automatisch, ohne Kofinanzierung und ohne bürokratische Hürden.

KIP nach Bundesländern
So teilen sich die KIP-Mittel nach Bundesländern auf.

Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) betonte bei der Vorstellung des Doppelbudgets 2025/2026: „Die Finanzlage der Gemeinden ist schlecht, die Aufgaben sind sehr groß.“ Die nun gesetzten Maßnahmen sollen Abhilfe schaffen – nicht durch neue Mittel, sondern durch eine radikale Vereinfachung: Statt mehr Mittel soll nun Verwaltungsaufwand gestrichen und bestehendes Kapital mobilisiert werden – besonders zugunsten kleiner und mittlerer Gemeinden. Gerade diese konnten bisher aus Budgetgründen gar keine Fördermittel abrufen.

Das neue Prinzip: Vertrauen statt Kontrolle

Um zu den Mitteln zu kommen, braucht es keine Anträge, keine Eigeninvestitionen, keine strikten Verwendungsnachweise – lediglich die Verpflichtung, die Mittel tatsächlich zu investieren. Statt wie bisher Verwaltungsausgaben zu tätigen wie aufwendige Förderanträge zu stellen oder nachträgliche Berichte zu schreiben, wird das Geld nun als direkte Finanzzuweisung vergeben. „Es braucht keine Anträge, keine Verwendungsnachweise mehr – und vor allem keine Eigenmittel“, erklärte Gemeindebund-Präsident Johannes Pressl. Dies sei ein „Paradigmenwechsel“ in der kommunalen Förderpolitik.

Laut Staatssekretärin Barbara Eibinger-Miedl (ÖVP) sind es vier Tranchen, die ab Ende Oktober 2025 jährlich ausgeschüttet werden: Im Oktober 2025 wird es demnach 211 Millionen Euro geben, 320 Millionen dann im Jänner 2026, 290,8 Millionen im Jänner 2027 und noch einmal 60 Millionen Euro im Jänner 2028.

Die einzige Bedingung: Es muss investiert werden. Ziel ist es, die Infrastruktur zu modernisieren, Energie zu sparen und die Standortattraktivität zu erhöhen – etwa durch den Ausbau der Kinderbetreuung oder durch klimafitte Mobilitätsangebote.

Was dieses Paket für die Gemeinden bedeutet

Gerade für finanzschwache Gemeinden ist diese Vereinfachung ein Befreiungsschlag. Viele Bürgermeister:innen hatten in den letzten Jahren resigniert auf Fördergelder verzichtet, weil die Kofinanzierung nicht aufstellbar war. Durch die neue Systematik profitieren nun auch jene Kommunen, die bislang aus dem Raster fielen.
„Wir unterstützen die Gemeinden in einer finanziell herausfordernden Zeit“, so Eibinger-Miedl. Die Mittel sollen nicht nur dringend notwendige Projekte ermöglichen, sondern auch regionale Wirtschaft und Beschäftigung ankurbeln – eine Investition in die lokale Wertschöpfung.

Wer bekommt wie viel?

Die Verteilung erfolgt nach Bevölkerung, wobei kleinere und mittlere Gemeinden leicht bevorzugt werden. Die Beträge reichen von knapp 32 Mio. Euro für das Burgenland bis zu fast 160 Mio. Euro für Niederösterreich – was die einzelnen Gemeinden bekommen, können Sie einfach über die KOMMUNAL-KI namens „K.AI“ erfragen.

 

Ausblick: Strukturhilfe oder Tropfen auf den heißen Stein? 

Trotz aller positiven Aspekte: Die strukturelle Finanzschwäche vieler Gemeinden bleibt bestehen. Das Investitionspaket verschafft zwar Luft für Projekte, löst aber keine laufenden Budgetprobleme – etwa bei Personalkosten, steigenden Energieausgaben oder Sozialausgaben. Gerade Gemeinden mit bereits jetzt defizitären Haushalten stehen vor der Wahl, mit den Mitteln Zukunft zu gestalten oder ihre Pflichtausgaben querzufinanzieren.

Thomas Weninger, Generalsekretär des Städtebundes, mahnt daher: „Das KIG ist ein erster, wichtiger Schritt. Aber wir brauchen dringend zusätzliche Mittel für die Energie- und Mobilitätswende.“ Auch Johannes Pressl betont, dass Gemeindekooperationen, also die gemeinsame Nutzung von Verwaltung und Infrastruktur, künftig eine zentrale Rolle spielen müssen, um nachhaltig effizienter zu werden.

Das KDZ rechnet mittelfristig mit anhaltend angespannten Finanzen. Ohne zusätzliche Unterstützung könnten bis zu 40 Prozent der Gemeinden 2025 kein ausgeglichenes Budget erreichen. Selbst die laufenden Überschüsse bleiben unter dem Vorkrisenniveau – die Inflationslast und steigende Umlagen drücken die Liquidität deutlich.

Fazit

Das KIP-Paket ist ein kräftiges Konjunktursignal – aber es muss eingebettet sein in einen breiten Reformrahmen. Der langfristige Erfolg hängt wesentlich davon ab, den Finanzausgleich zu erneuern, die Steuerbasis zu verbreitern, Klimainvestitionen strategisch abzusichern und Verwaltungskooperationen zu fördern. Nur so wird das Förderpaket zur echten Stütze – auch für jene Gemeinden, die heute schon große Löcher stopfen müssen. 

Das neue KIP-Paket bringt finanzielle Spielräume, wo vorher Blockaden waren. Doch es darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass viele kommunale Haushalte an ihre Grenzen stoßen. Wenn der Staat die kommunale Daseinsvorsorge erhalten will, braucht es – neben Investitionspaketen – eine dauerhafte Stärkung der kommunalen Finanzierung.

Was jetzt aus Gemeindesicht zusätzlich notwendig ist:

Zusätzlich zur Reform des Investitionsprogramms braucht es:

Transferreform und Finanzausgleich: Eine stärkere Berücksichtigung aktueller Ausgabenrealitäten (Energie, Soziales, Klimaanpassung). KDZ und Städtebund fordern eine Neuausrichtung des vertikalen Finanzausgleichs zugunsten der Gemeinden.

Grundsteuerreform: Gemeindebund-Präsident Johannes Pressl hat schon verschiedentlich vorgerechnet, dass den Gemeinden jährlich bis zu 380 Millionen Euro entfallen, weil die Grundsteuer B seit 25 Jahren nicht angepasst wurde. Eine Reform könnte finanzielle Spielräume schaffen.

Einrichtung spezieller Fonds: (z. B. Klima-, Energieschutzfonds): Langfristige Investitionen – etwa für Klimaschutz – benötigen stabile und planbare Finanzierungsstrukturen, die über Projektförderung hinausgehen.
Förderung kommunaler Einnahmenvielfalt: Ausbau von Gebühren, Leistungsentgelten und kommunalen Einnahmequellen, um weniger abhängig von Steuermitteln zu sein.

Entlastung bei Umlagen und Soziallasten: Reform der Bundes- und Landesumlagen, um die Belastung durch steigende Sozialkosten und Gesundheitsausgaben zu reduzieren.

Verwaltungskooperationen stärken: Wie Pressl betont, müssen Kooperationen mit klaren Zielen stattfinden, um gemeinsame Dienstleistungen effizient anbieten zu können (zum Beispiel eine Abgabenerhebung ab 60.000 Einwohner:innen) – freiwillig, sachlich begründet und auf Vertrauen beruhend.
 

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