Jakob-Moritz Eberl
Jakob-Moritz Eberl: „Man muss klarstellen, dass es in einer Demokratie Rechte, aber auch Pflichten gibt.“
© Katharina Gossow

Corona-Impfung

„Es gibt noch viele Zögerliche“

Aus Sicht des Kommunikationswissenschafters. Mitglied des des Austrian Corona Panel Projekts der Universität Wien, Jakob-Moritz Eberl geht es jetzt nicht darum, Hardcore-Impfgegner zu überzeugen, sondern jene Menschen ins Boot zu holen, die sich aus verschiedensten Gründen bisher nicht zu einer Impfung entschlossen haben.

Welche Ideen gibt es, jetzt, noch vor Einführung der Impfpflicht, Menschen von einer Impfung zu überzeugen?

Jakob-Moritz Eberl: Radikale Impfgegner werden wir nicht erreichen können. Es gibt aber viele Menschen, die noch zögerlich sind und die man noch von einer Impfung überzeugen kann.

Wie kann das funktionieren?

Eine Möglichkeit wäre es, ein Bürgerforum zu veranstalten, indem eben vor allem die Zögerlichen ihre Bedenken äußern können und wo sie das Gefühl bekommen, gehört zu werden.

Viele von diesen Menschen haben Angst vor Nebenwirkungen und Folgen der Impfung. Das ist vor allem bei jungen Frauen der Fall. Diese Leute fürchten sich davor, dass sie zu etwas verpflichtet werden, dass ihnen schaden könnte. Leider wurde es schon im Sommer verabsäumt, auf diese Ängste einzugehen.

Manche Menschen stehen der Impfung durchaus positiv gegenüber, sind aber gegen die Impfpflicht, weil sie ein Eingriff in die persönliche Freiheit ist …

Man muss klarstellen, dass es in einer Demokratie Rechte, aber auch Pflichten gibt. Im konkreten Fall geht es um den Schutz der Allgemeinheit. Impfgegner meinen oft, dass die Impfung nur sie selbst schützt und sie daher selbst darüber entscheiden können, ob sie sich schützen oder nicht. Dass das nicht stimmt, zeigt eine einfache Wahrscheinlichkeitsrechnung, denn wenn die Wahrscheinlichkeit, dass ich mich anstecke sinkt, dann sinkt auch die Wahrscheinlichkeit, dass ich jemanden anderen anstecke. Diese Logik kommt bei vielen Leuten noch nicht an. Hier könnte ein Bürgerforum zur Aufklärung beitragen. Je nach Infektionslage kann man es auch online abhalten.

Könnte ein solches Forum nicht auch von Gegnern für Störaktionen genutzt werden?

Darauf muss man sich natürlich vorbereiten. Wenn man ein solches Forum plant, sollte man sich nicht an Verschwörungstheoretikerinnen und -theoretikern orientieren, sondern sich auf ehrlich gemeinte Fragen der Zögerlichen vorbereiten.

Und es ist wichtig, dass Sicherheitspersonal dabei ist, denn es stimmt, dass derzeit auf vielen Ebenen eine Radikalisierung stattfindet. Das sind zwar meist nur wenige Leute, die aber sehr laut werden können.

Angesichts der neuen Omikron-Variante werden viele argumentieren, dass die Impfung dagegen ohnehin nicht wirkt und dass sie sich daher ohnehin nicht impfen lassen müssen …

Soviel man weiß, schützt die Impfung gegen Omikron zwar schlechter, aber sie schützt. Vor allem dürfte sie weiterhin gegen schwere Krankheitsverläufe schützen.

Wichtig ist auch zu beachten, dass die anderen Varianten, gegen die die Impfung gut schützt, nicht verschwinden werden.

Viele Gegner haben sich in Ihrer Ablehnung der Impfung eingebunkert. Sie haben einmal gemeint, dass für diese Menschen ein „Totimpfstoff“ eine Alternative zu den bisherigen mRNA-Impfstoffen sein könnte.

Derzeit sagen etwa 41 Prozent der ungeimpften Menschen, dass sie auf einen anderen Impfstoff warten würden. Ab dem Zeitpunkt, wo ein proteinbasierter Impfstoff – Totimpfstoffe sind die mRNA- und Vektorimpfstoffe auch – zugelassen und verfügbar ist, sollte man daher versuchen, diesen auch an allen Impfstellen anzubieten. Allerdings wird auch ein proteinbasierter Impfstoff an Omikron angepasst werden müssen. Aufgrund des hohen Infektionsgeschehens und der belegten Sicherheit der derzeitig zugelassenen Impfstoffe, raten daher alle medizinischen Expertinnen und Experten eindringlich davon ab, auf einen „Totimpfstoff“ zu warten.