Ein deutsch-österreichisches Problem?

In Brüssel diskutierten Vertreter von Kommunalverbänden Österreichs und Deutschlands mit Vertretern von EU-Parlament und Kommission. Erörtert wurde, welche Erwartungen die Kommunen in eine Revision der Mehrwertsteuersystem-Richtlinie setzen.





Für die Zusammenarbeit stehen allerdings auch noch andere Rechtsformen zu Verfügung, wie zum Beispiel Verwaltungsgemeinschaften. Diese haben mit Ausnahme von Burgenland und Niederösterreich jedoch keine eigene Rechtspersönlichkeit. Grundlage für die Zusammenarbeit können auch öffentliche oder privatrechtliche Vereinbarungen sein. Auch dafür gibt es zahlreiche Anwendungsbeispiele. Vom gemeinsamen Betrieb eines Bauhofs über Buch- und Rechnungsführungsgemeinschaften, eine gemeinsame Personal- und Lohnverrechnungsgemeinschaft etc. Erfolgt die Zusammenarbeit in Form eines Gemeindeverbandes, so sehen die umsatzsteuerrechtlichen Regelungen vor, dass keine Umsatzsteuer anfällt. Dies deswegen, da der Gemeindeverband eigene Aufgaben wahrnimmt. Andere Formen der Zusammenarbeit sind jedoch dann der Umsatzsteuerpflicht unterworfen, wenn es sich nicht um Leistungen handelt, die spezifisch und typisch für die Ausübung hoheitlicher Befugnisse kennzeichnend sind. All das, was auch durch private Wirtschaftsteilnehmer angeboten werden könnte, wie grundsätzlich etwa EDV-Dienstleistungen, Lohnverrechnung etc. steht im wirtschaftlichen Wettbewerb und unterliegt daher der Umsatzsteuer. Diese Auslegung des Finanzministeriums wird auf die Mehrwertsteuer-

Richtlinie gestützt. Ähnlich ist die Situation in Deutschland. Auch dort gilt aufgrund der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, dass juristische Personen des öffentlichen Rechts immer unternehmerisch tätig sind, sofern sie auf privatrechtlicher Grundlage handeln. Auch wenn die Tätigkeit auf öffentlich-rechtlicher Grundlage basiert, unterliegt diese der Umsatzsteuer, wenn die Tätigkeit im Wettbewerb zu Privaten erfolgt. Beistandsleistungen – also Konstellationen, bei denen eine Kommune einzelne Leistungen für eine andere Gemeinde gegen Kostenerstattung erbringt – sind somit steuerpflichtig, sofern es sich um Leistungen handelt, die auch von Privatanbietern erbracht werden könnten.



Dies hat erhebliche Auswirkungen auf die Zusammenarbeit zwischen Gemeinden. Durch die Belastung mit der Umsatzsteuer werden Kooperationen in Österreich mit 20 Prozent und in Deutschland mit 19 Prozent belastet. Die Effizienzgewinne werden dadurch in den meisten Fällen aufgewogen und stellen damit ein wesentliches Hindernis für die Zusammenarbeit dar. Was nutzt es den Gemeinden, wenn Kooperationen auch von Landesebene forciert und unterstützt werden, aber gleichzeitig die Kooperation verteuert wird?



Da sowohl in Österreich als auch in Deutschland das Problem in der EU-Mehrwertsteuer-Richtlinie gesehen wird, wurde im Rahmen der laufenden Konsultation die Problematik an die EU-Kommission herangetragen. Vom Vertreter der Kommission war jedoch zu erfahren, dass hauptsächlich Österreich und Deutschland diese Probleme haben. Liegt das an der kleinteiligen Struktur der Gemeinden in Deutschland und Österreich oder an der strikten Umsetzung der Mehrwertsteuer-Richtlinie in Deutschland und Österreich? In seinem Statement schwächte Direktor Manfred Bergmann, Generaldirektion Steuer und Zollunion der EU-Kommission, auch die Hoffnung auf eine baldige Änderungen bzw. Klarstellung in der Mehrwertsteuer-Richtlinie ab. Für eine Änderung bedürfe es der Zustimmung aller Mitgliedstaaten. Nachdem nur zwei Länder große Probleme aufzeigen, die Regelung aber für die anderen Mitgliedstaaten nicht reformbedürftig erscheint, besteht zumindest kurzfristig keine Chance auf eine Änderung.



Andreas Schwab, Mitglied des Europäischen Parlaments, verwies darauf, dass über den Weg der Umsatzbesteuerung nicht Einfluss auf die Struktur der Gemeinden genommen werden dürfe. Er befürwortet auch – im Gegensatz zum Vertreter der Kommission – eine analoge Anwendung der Bestimmungen der Vergabericht-linie. Dort wird interkommunale Zusammenarbeit von Anwendungsbereich des Vergaberechts ausgenommen, wenn öffentliche Auftraggeber Dienstleistungen im öffentlichen Interesse gemeinsam erbringen. In Deutschland wird aktuell auch an einer Novelle des Umsatzsteuergesetzes gearbeitet, die eine Befreiung der Umsatzsteuer zum Ziel hat. Zu bemerken ist auch, dass dieses Thema nicht nur die Zusammenarbeit der Gemeinden, sondern auch die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern oder zwischen Ländern und Gemeinden bzw. die Zusammenarbeit anderer öffentlicher Einrichtungen betreffen könnte.



Ziel müsste es sein, eine Befreiung von der Umsatzsteuer für jene Leistungen zu erreichen, die, wenn sie eine Gemeinde für sich erbringt, nicht der Umsatzbesteuerung unterworfen werden. Ob das in naher Zukunft gelingen kann, bleibt allerdings fraglich.