Schwertberg
„Gerade in Zeiten angespannter Budgets ist Bürgerbeteiligung eine sehr innovative Form, wie Gemeinden für wichtige Projekte benötigte Geldmittel auftreiben können. Im konkreten Fall wird sich das Investment von 160.000 Euro in zehn Jahren amortisieren. Dank der Investitionsbereitschaft der Bürger:innen konnte die Gemeinde jetzt in die eigene Stromversorgung investieren und hat auch die sofortige Nutzung“. Bürgermeister Max Oberleitner, hier mit Umweltausschuss-Obmann Andreas Karlinger und KEM-Manager Kurt Leonhartsberger
© Marktgemeinde Schwertberg

Energie, Effizienz, Engagement: So gelingt gute Arbeit trotz leerer Kassen

Wenn Geld knapp ist, braucht es umso mehr Ideen. Von Verwaltungsgemeinschaften über geteilte Bauhöfe bis hin zu Sonnenkraft-Projekten mit Bürgerbeteiligung: Kommunen in Österreich beweisen, wie man Ressourcen teilt – und wie dabei alle gewinnen.

In Zeiten limitierter finanzieller Möglichkeiten und knapper Budgets sind die Herausforderungen für österreichische Kommunen groß wie nie. Von der Infrastruktur über die Verwaltung und bei sozialen Einrichtungen wird versucht, mit neuen und kreativen Ideen Geld einzusparen und dennoch die Lebensqualität der Menschen weiterhin auf hohem Niveau zu gewährleisten. Ein Drahtseilakt. 

Deshalb hat KOMMUNAL sich in den österreichischen Bundesländern umgesehen und zahlreiche unterschiedliche Best-Practice-Beispiele aufgespürt, wie man durch Kooperation und Zusammenarbeit viel bewegen kann.

Erste Station: Oberösterreich

In Oberösterreich setzt man bereits seit den 90ern auf Gemeindekooperationen. Diese unterstützen und ergänzen auf freiwilliger Basis die Planungsarbeit der einzelnen Gemeinden und die des Landes in den Bereichen der Raum- und Standortentwicklung. Die Kooperationsformen der Gemeinden untereinander können dabei von Gemeindeverbänden (Interkommunale Betriebsansiedlung – INKOBA) über Regionalvereine (Regionalentwicklung) bis hin zu informellen Arbeitsgremien (interkommunale/stadtregionale Raumentwicklung) reichen. 

Interkommunale Zusammenarbeit bietet einen Weg, effizienter zu wirtschaften und gleichzeitig die lokale Eigenständigkeit zu bewahren. Die oberösterreichischen Kooperationen zeigen, wie durch Zusammenarbeit zwischen Gemeinden neue Lösungen entstehen – ob bei Bauhöfen, Verwaltung, Bildung, Sicherheit oder Freizeiteinrichtungen.

Infrastruktur gemeinsam nutzen

In der kommunalen Infrastruktur lassen sich durch Kooperation Kosten senken und die Servicequalität erhöhen. Vier Innviertler Gemeinden – Aspach, Höhnhart, Roßbach und St. Veit im Innkreis – haben etwa ihre Bauhöfe zu einem gemeinsamen Dienstleistungszentrum zusammengelegt. Statt vier Standorten musste nur ein Bauhof neu errichtet werden, was Baukosten sparte; auch im Betrieb profitieren alle von geteiltem Personal und Maschinenpark.

  • Verwaltung: Auch in der Verwaltung führen Gemeindekooperationen zu mehr Effizienz und besserem Bürgerservice. Im Bezirk Vöcklabruck haben vier Kleinstgemeinden – Pitzenberg, Pühret, Rutzenham und Oberndorf bei Schwanenstadt – eine Verwaltungsgemeinschaft gebildet. Sie teilen sich ein zentrales Gemeindeamt in Oberndorf, mit gemeinsamem Personal, bleiben aber politisch eigenständig. Für die Bürger bedeutet das längere Amtszeiten und gebündeltes Know-how.
     
  • Bildung: Im Bildungs- und Betreuungsbereich entstehen durch Zusammenarbeit Angebote, die einzelne Gemeinden oft nicht bereitstellen könnten. Kleinere Gemeinden beteiligen sich an den Kosten; im Gegenzug entstehen dort zusätzliche Betreuungsplätze, ohne dass jede Kommune ein eigenes Kinderhaus errichten muss.
     
  • Sicherheit: Schließlich zeigt sich auch im Bereich Sicherheit der Nutzen von Gemeindekooperationen. In Eberstalzell (Bezirk Wels-Land) schlossen sich drei Freiwillige Feuerwehren – Eberstalzell, Hallwang und Hermannsdorf – zu einer gemeinsamen Feuerwehr zusammen und bezogen ein zentrales Feuerwehrhaus. Durch diese Fusion stehen nun mehr Einsatzkräfte und Geräte vereint bereit, was die Einsatzbereitschaft erhöht.

Stark mit Sonnenkraft in Schwertberg

Aber auch innerhalb von Gemeinden führen Kooperationen zu Win-win-Situationen, wie sich am aktuellen Beispiel Schwertberg zeigt. Die Marktgemeinde hat vorgemacht, wie die kommunale Energiewende mit aktiver Einbindung der Bevölkerung gelingen kann. 

Den Auftakt bildete ein gut besuchter Informationsabend Ende April im Volksheim Schwertberg. Zahlreiche Interessierte informierten sich über das geplante Photovoltaik-Großprojekt der Gemeinde und die vorgesehenen Beteiligungsmöglichkeiten. 

Ziel der Initiative ist es, noch im Jahr 2025 sieben kommunale Gebäude –  darunter alle vier Feuerwehrhäuser, der Kindergarten, das Vereinshaus sowie das Volksheim – mit modernen PV-Anlagen samt Stromspeichern auszustatten. Dadurch soll der Anteil an selbst erzeugtem Strom erheblich gesteigert und die Energieunabhängigkeit der Gemeinde deutlich erhöht werden. Gleichzeitig wird die lokale Energiegemeinschaft gestärkt, indem Erzeugung und Verbrauch erneuerbarer Energie vor Ort gebündelt werden.

Module in 24 Stunden vergeben

Das Beteiligungsangebot stieß auf überwältigende Nachfrage: Bereits während des Infoabends wurden von den Bürgern 134 PV-Module im Gesamtwert von rund 93.000 Euro reserviert. Damit war schon nach der Auftaktveranstaltung ein Großteil der verfügbaren Module vergeben. Und der Ansturm hielt an: Keine 24 Stunden später waren auch die restlichen Module online vergriffen. 

Max Oberleitner
Max Oberleitner, Bürgermeister von Schwertberg, über den größten Erfolg des Projekts: „Meine Vision ist, dass die Energiegemeinschaft Schwertberg nachhaltig gestärkt wird – mit Stromeinspeisung und -versorgung der Haushalte und öffentlichen Gebäude aus Sonnenkraft im Ort.“

Binnen eines Tages waren somit sämtliche 228 Solarmodule verkauft und das maximale Beteiligungsvolumen voll ausgeschöpft. Insgesamt beteiligten sich 35 Privatpersonen aus Schwertberg und Umgebung an der Finanzierung – viele nutzten die Chance und sicherten sich mehrere Module. Dieser rasche Erfolg übertraf alle Erwartungen und zeigt eindrucksvoll den Rückhalt der Bevölkerung für nachhaltige Projekte, wenn diese transparent kommuniziert und gemeinsam umgesetzt werden.

Budgetentlastung und lokale Umsetzung

Ein weiterer positiver Effekt der Bürgerbeteiligung ist die erhebliche finanzielle Entlastung für die Gemeinde. Durch das Einbinden privaten Kapitals konnte Schwertberg rund 160.000 Euro an Investitionskosten einsparen. Diese Mittel stehen nun für andere dringende Vorhaben in der Kommune zur Verfügung – ein willkommener Spielraum im Budget, der ohne das Beteiligungsprojekt nicht vorhanden wäre. 

Die praktische Umsetzung der Photovoltaik-Offensive erfolgt über regionale Fachbetriebe. Als Bestbieter ging aus dem Ausschreibungsverfahren die Firma Solardoktor hervor, die mit der Installation der PV-Anlagen und Speichersysteme beauftragt wurde. Die Auswahl und Vergabe wurde vom Umweltausschuss der Gemeinde vorbereitet und vom Gemeinderat offiziell beschlossen.

Gemeinsame Richtung Energieautarkie

Das Best-Practice-Beispiel aus Schwertberg verdeutlicht, welche nachhaltigen Fortschritte möglich sind, wenn Kommunalpolitik und die Einwohner Hand in Hand arbeiten. 

Bürgerbeteiligung nach dem Sale-and-Lease-back-Prinzip

Möglich gemacht wurde das PV-Projekt durch ein innovatives Bürgerbeteiligungsmodell nach dem Sale-and-Lease-Back-Prinzip.
Interessierte Gemeindebürgerinnen und Gemeindebürger konnten Anteile an der PV-Initiative erwerben, indem sie einzelne Solarmodule kauften – maximal zehn Module pro Person. Der Preis lag bei 700 Euro je PV-Modul und umfasste alle Installationskosten sowie die notwendige Infrastruktur.
Die Besonderheit des Modells: Die Gemeinde least die von den Bürgerinnen und Bürgern finanzierten Module unmittelbar zurück und entrichtet an die privaten Investoren zehn Jahre lang jährlich eine Rate von 78 Euro pro Modul. Über die Laufzeit erhalten die Teilnehmenden so insgesamt 780 Euro pro Modul zurück. Nach Ablauf der zehn Jahre gehen die Photovoltaik-Module in das Eigentum der Gemeinde über.
Für die Bürgerinnen und Bürger bietet das Modell eine sichere und sinnvolle Gelegenheit, Geld lokal in nachhaltige Infrastruktur zu investieren.