altes Haus mit Lupe davor
© bluedesign - stock.adobe.com

Neue Perspektiven auf Leerstand

Eigentümer zwischen Emotion und Realität

Zum Abschluss der Tagung brachte der Immobilienexperte Stefan Krejci von der RE/MAX Commercial Group eine weitere Perspektive in die Diskussion: die Sicht des Marktes. Während zuvor vor allem Gemeinden, Regionalentwickler und Praktiker zu Wort gekommen waren, legte Krejci den Fokus auf Eigentümerinteressen, Investitionslogik und rechtliche Rahmenbedingungen.

Ein zentrales Thema war die Erwartungshaltung von Eigentümerinnen und Eigentümern. Viele betrachten ihre Immobilien nicht als reines Anlageobjekt, sondern verbinden sie mit persönlichen Erinnerungen und Emotionen. Krejci machte deutlich, dass diese Haltung oft dazu führt, dass leerstehende Gebäude jahrelang unverändert bleiben. „Für viele ist eine Immobilie keine Business-Entscheidung, sondern ein Lebensabschnitt“, erklärte er. 

Gleichzeitig wies er auf strukturelle Hindernisse hin: hohe Baukosten, langwierige Verfahren und ein Mietrecht, das nach seiner Einschätzung häufig eher abschreckt als motiviert. Hier sah er die Gemeinden gefordert, stärker als Vermittler aufzutreten und Eigentümern Ängste zu nehmen – sei es durch transparente Informationen zu Kosten und Verfahren oder durch die Einbindung von Fachleuten bereits in der frühen Phase eines Projekts.

Rechnen statt spekulieren

Krejci plädierte dafür, Immobilien nicht nur emotional, sondern nüchtern zu betrachten. Mit klaren Kalkulationsmodellen könne man Eigentümern aufzeigen, was eine Sanierung oder ein Umbau tatsächlich koste und welches Potenzial dahinterstehe. 

„Wenn man von Beginn an gemeinsam durchrechnet, was nötig ist und was am Ende herauskommen kann, steigt die Bereitschaft zu investieren“, betonte er. Besonders im Bereich Gewerbeimmobilien, so Krejci, scheiterten viele Projekte an fehlender Transparenz: Unsicherheit über die nötigen Investitionen, über rechtliche Auflagen oder die künftige Nutzung verhindere, dass Eigentümer aktiv werden. Hier könnten Gemeinden mit gezielten Vorbereitungen, etwa durch die Vermittlung von Gutachtern oder Architekten, wichtige Weichen stellen.

Rolle der Gemeinden

Stefan Krejci
„Aufgabe der Gemeinden ist es, Prozesse zu ermöglichen und Hindernisse zu beseitigen, damit private Investoren und Eigentümer aktiv werden können.“Stefan Krejci, Geschäftsführender Gesellschafter RE/MAX Commercial Group RCG Immobiliendienstleistungs GmbH

Deutlich wurde auch Krejcis Verständnis für die Rolle der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister. Er sprach sich klar dafür aus, dass die Verantwortung nicht an „Kümmerer“ delegiert werden sollte: „Die Chefsache bleibt die Chefsache“, so Krejci. Gemeinden müssten die Fäden in der Hand behalten, Netzwerke knüpfen und die Koordination zwischen Eigentümern, Fachleuten und möglichen Investoren übernehmen.

Zugleich wies er darauf hin, dass Gemeinden nicht selbst zu Projektentwicklern werden dürfen. Ihre Aufgabe sei es vielmehr, Prozesse zu ermöglichen und Hindernisse zu beseitigen, damit private Investoren und Eigentümer aktiv werden können.

Unterstützung für die ersten Schritte

Eine weitere Diskussion drehte sich um die Frage, ob es für die sogenannte „Vorentwicklungsphase“ gezielte Unterstützung geben sollte. Krejci zeigte sich offen für Modelle, die Eigentümer in dieser frühen Phase finanziell begleiten könnten – nicht für die eigentliche Sanierung, sondern für die Projektvorbereitung: „Genau dort scheitert es oft. Wenn wir diesen Schritt erleichtern, können wir viele Projekte ins Rollen bringen.“

Ein breites Spannungsfeld

Die Abschlussrunde zeigte, wie komplex das Thema Leerstand ist. Zwischen rechtlichen Rahmenbedingungen, wirtschaftlichen Überlegungen und der emotionalen Bindung vieler Eigentümer spannt sich ein Feld, das keine einfachen Lösungen zulässt. 

Krejci machte klar, dass nur ein Zusammenspiel von Markt, Gemeinden und Eigentümern zu nachhaltigen Ergebnissen führen wird – und dass dabei nicht jede Gemeinde denselben Weg gehen muss.Die Tagung endete mit einem Appell an alle Beteiligten, die neuen Impulse ernst zu nehmen und sie in die Praxis zu übersetzen. Denn Leerstand, darin waren sich alle einig, ist keine Randnotiz, sondern eine der zentralen Herausforderungen für die Entwicklung der Gemeinden in den kommenden Jahren. 

Schlagwörter