
Der Planungswettbewerb ist das Instrument, mit dem wir in demokratischen Entscheidungsprozessen Baukultur im Sinne einer hohen Qualität der gebauten Umwelt und identitätsstiftende öffentliche Räume schaffen.
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Architekturwettbewerbe liefern die besten Lösungen
Architekturwettbewerbe stehen im Ruf, teuer und zeitraubend zu sein. Das Gegenteil ist der Fall, zeigt eine aktuelle Studie, die 40 Wettbewerbe auf ihre Wirtschaftlichkeit untersucht hat. Das Sparpotenzial liegt alleine bei den Baukosten bei 18,3 Prozent - und damit bezogen auf den öffentlichen Bausektor in Österreich bei einem Volumen von ca. 2,9 Milliarden Euro pro Jahr.
Öffentliche Bauaufgaben stellen für Gemeinden Risiken, Unsicherheiten und Herausforderungen dar. Der neue Kindergarten oder die Sanierung der Volksschule gehören nicht zum routinierten Tagesgeschäft und werfen primär wirtschaftliche Fragestellungen auf: Können wir das Projekt finanzieren? Reichen die verfügbaren Mittel? Können wir den Einsatz von Steuermitteln in der vorgesehenen Weise verantworten?
Billige Planung kann teuer werden
Im Lichte knapper Budgets scheint es geboten, auf allen Ebenen restriktiv mit vorhandenen Mitteln umzugehen. Gemeinden sehen oft den einzigen Weg, das budgetäre Korsett eng zu schnüren, in der Durchführung eines Verhandlungsverfahrens. Begleitet von spezialisierten Rechtsanwälten wecken diese Verfahren die Erwartung, mit einem günstigen Planungsangebot auch ein wirtschaftliches Gesamtprojekt realisieren zu können. Ein Trugschluss, denn die relevanten Kosten liegen nicht im Bereich der Planung, und die Planung billig einzukaufen, ohne ein Entwurfskonzept qualitativ geprüft zu haben, generiert ein Kostenrisiko bei Bau- und Betriebskosten, das sich berechnen lässt.
Konkurrenz und Vielfalt machen Qualität sichtbar
Und zwar durch den Vergleich von Entwurfsvarianten von Architekturwettbewerben. Der Wettbewerb ist nicht darauf ausgerichtet, einen Zuschlag für einen Planungsauftrag zu erteilen, liefert aber die inhaltlichen Grundlagen für ein nachfolgendes Vergabeverfahren mit einer Fülle an möglichen Entwurfskonzepten.
Durch Konkurrenz und Vielfalt aller nur denkbaren Lösungsvarianten werden Qualitäten sichtbar, die hinsichtlich funktioneller Anforderungen, Architektur, Ökologie und nicht zuletzt Wirtschaftlichkeit geprüft und bewertet werden. Die Qualitäten des besten Projekts werden in der Analyse durch Vorprüfung und Preisgericht objektiviert und im Vergleich mit allen anderen Entwurfsvorschlägen anschaulich vermittelt. Dieser Prozess sichert alle weiteren Entscheidungen ab – inhaltliche, wie etwa hochwertige Räume für unsere Kinder im neuen Kindergarten, aber auch ökonomische.
Wer ohne geprüftes Entwurfskonzept in Verhandlungen um die Vergabe einer Planungsdienstleistung eintritt, kann auch die denkbar schlechteste wirtschaftliche Lösung erhalten – gerade dann, wenn er ein „günstiges“ Planungshonorar ausgehandelt hat. Wenn wir also davon ausgehen, dass ein Wettbewerb die Bandbreite möglicher Lösungen auf allen relevanten Ebenen aufzeigt, dann macht in Bezug auf wirtschaftliche Entscheidungsgrundlagen der Vergleich des besten mit dem schlechtesten Projekt das Kostenrisiko des Bauherrn in exakt kalkulierbaren Zahlen sichtbar.
Kompaktheit ist oft erfolgreich
Reden wir von guten und schlechten Lösungen in ökonomischer Hinsicht, so orientieren wir uns an den kostenrelevanten Kenndaten der Bruttogeschoßflächen (BGF). Die Analyse der BGF-Kennwerte aus 40 offenen Wettbewerben ergab, dass die mit ersten Preisen prämierten Projekte bei 39 der 40 Wettbewerbe zu den jeweils kompaktesten Entwurfskonzepten zählen. Die Kompaktheit resultiert aus klug konzipierten Grundrissen und effizienten Erschließungssystemen.
Betrachten wir hingegen Entwürfe, die mit sehr hohen BGF-Werten auffallen, so sehen wir, dass die Umsetzung des Raum- und Funktionsprogramms nicht gelingt und entsprechend mehr an Erschließungs- und Konstruktionsfläche benötigt wird.
Die untersuchten Wettbewerbe umfassen eine repräsentative Palette an Bauaufgaben und Größenordnungen: von der Feuerwehrstation bis zum Krankenhaus, von Bildungsbauten bis zu unterschiedlich dimensionierten Wohnprojekten. Die Gesamtbaukosten aller 40 Projekte belaufen sich auf ca. 2,5 Milliarden Euro, das Einsparungspotenzial auf ca. 0,57 Milliarden oder 18,3 Prozent der Bausumme des jeweiligen Siegerprojekts.
In Relation zum maximalen Kostenrisiko des Bauherrn bedeutet jeder einzelne Wettbewerb eine Ersparnis bei den Baukosten von rund 14,2 Millionen Euro oder einen durchschnittlichen Amortisationsfaktor von 18,8, der bei den signifikantesten BGF-Unterschieden bis auf ca. 32 steigt. Architekturwettbewerbe, für die durchschnittlich nur 0,7 Prozent der kalkulierten Baukosten2 anfallen, geben über qualitativ hochwertige Entwurfslösungen ein Vielfaches der Verfahrenskosten zurück.
Wirtschaftlichkeit ist ein Nebeneffekt von Qualität
Und dies nicht nur im Zusammenhang mit der Kompaktheit von Grundrissen. Denn was leistet ein smarter Entwurf noch alles? Geringere Betriebs- und Erhaltungskosten, auch das ein Effekt überlegter Flächenorganisation; bessere Betriebsabläufe mit kurzen Wegen, einer besseren Übersichtlichkeit und Orientierbarkeit im Gebäude; einen kleineren ökologischen Fußabdruck und damit insgesamt eine höhere Kosteneffizienz über den gesamten Lebenszyklus.
Öffentliche Bauherren kommen mit Planungswettbewerben in eine Win-win-Situation. Sie erhalten aus der Vielfalt der Wettbewerbsentwürfe die beste Lösung samt schriftlicher Expertise durch das Preisgericht. Damit ist eine tragfähige Grundlage für die anschauliche Vermittlung öffentlicher Bauaufgaben gegenüber Entscheidungsträgern und der Bevölkerung sowie nicht zuletzt einer realistischen Kostenkalkulation geschaffen.
Instrument, um identitätsstiftende öffentliche Räume zu schaffen
Vorrangig ist der Planungswettbewerb auch unter gesellschaftspolitischen Prämissen zu bewerten. Er ist das Instrument, mit dem wir in demokratischen Entscheidungsprozessen Baukultur im Sinne einer hohen Qualität der gebauten Umwelt und identitätsstiftende öffentliche Räume schaffen.
Die Kammer der Ziviltechniker:innen unterstützt diesen qualitätsorientierten Ansatz und bietet Gemeinden eine unverbindliche Beratung sowie eine kostenlose fachliche Begleitung von Wettbewerben an. Dieser Service umfasst vorbereitende Gespräche, Musterunterlagen für Wettbewerbsausschreibungen, verfahrensrechtliche Beratung und die Entsendung von Fachleuten in Preisgerichte.