Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer, Staatssekretär Sepp Schellhorn und Verkehrsminister Peter Hanke beim Pressefoyer nach dem Ministerrat.
Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer, Staatssekretär Sepp Schellhorn und Verkehrsminister Peter Hanke beim Pressefoyer nach dem Ministerrat.
© BKA/Aigner

Regierung beschloss Entbürokratisierungspaket

Die österreichische Bundesregierung hat ein umfassendes Entbürokratisierungspaket beschlossen. Über 200 Maßnahmen sollen Verwaltungsabläufe vereinfachen, Verfahren beschleunigen und die Digitalisierung vorantreiben. Besonders für Gemeinden ergeben sich konkrete Änderungen in zentralen Bereichen.

Die Grundlage für das Paket bildet eine umfassende Erhebung aus der Praxis. Über die Plattform SEDA gingen tausende Einmeldungen ein. Zusätzlich führte die Regierung über 300 Gespräche mit Bürgerinnen und Bürgern, Betrieben und Verwaltungen. Auch internationale Beispiele aus Ländern wie Estland, Dänemark, den Niederlanden und Australien flossen in die Planung ein. Der Befund beschreibt Bürokratie als Summe vieler kleiner Hürden, die sich über Jahre zu spürbaren Belastungen aufbauen. Genau dort soll das Paket ansetzen.

Für Gemeinden ist das Vorhaben in mehreren Punkten relevant. Viele Maßnahmen betreffen Verfahren, die vor Ort stattfinden oder bei denen Gemeinden als Behörde, Partner oder Betroffene eingebunden sind. Ziel ist, dass Anträge einfacher werden, Zuständigkeiten klarer sind und digitale Wege häufiger genutzt werden.

Schnellere Verfahren bei Gewerbe, Bauen und Anlagen

Ein Schwerpunkt liegt auf Beschleunigung. Vorgesehen sind raschere Gewerbeberechtigungen durch „GISA-Express“ ab 2026. Gewerbeverfahren laufen großteils über Bezirksverwaltungsbehörden. Gemeinden haben hier nicht die Hauptzuständigkeit, bekommen aber die Wirkung zu spüren: Wenn Betriebe schneller starten oder erweitern können, betrifft das auch lokale Wirtschaftsentwicklung, Standortpolitik und oft die Abstimmung mit kommunalen Stellen.

Auch in Bau- und Anlagenverfahren sollen Abläufe schneller werden. Ein „One-Stop-Shop“ für zentrale Bau- und Anlagenverfahren ist geplant. Damit sollen Verfahren gebündelt werden, statt dass mehrere Stellen nacheinander prüfen. Für Gemeinden bedeutet das weniger Koordinationsaufwand, wenn Projekte überörtliche Zuständigkeiten berühren, etwa bei größeren Betriebsanlagen oder Infrastrukturvorhaben.

Die Nutzung bestehender Anlagen soll flexibler werden, sodass weniger Neugenehmigungen nötig sind. Das kann kommunale Projekte betreffen, zum Beispiel bei Umbauten von Gemeindeeinrichtungen oder bei der Anpassung kommunaler Anlagen an neue Zwecke.

PV-Anlagen und Ladepunkte sollen weitgehend genehmigungsfrei werden. Das trifft Gemeinden doppelt: als Betreiberinnen und Betreiber eigener Gebäude und Flächen, aber auch als Behörde in Bau- und Ortsbildfragen. Wenn Genehmigungen entfallen oder vereinfacht werden, sinkt örtlicher Verwaltungsaufwand. Gleichzeitig können kommunale Energiewende-Projekte rascher umgesetzt werden, etwa Photovoltaik auf Schulen, Bauhöfen oder Kläranlagen sowie Ladeinfrastruktur auf öffentlichen Parkplätzen.

Auch Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) sollen vereinfacht, digitalisiert und beschleunigt werden. Gemeinden sind in UVP-Verfahren oft Partei oder Trägerin öffentlicher Interessen. Schnellere und digitalere Abläufe können die Planungszeiten verkürzen, verlangen aber auch, dass Gemeinden ihre Stellungnahmen in knapperen Fristen und gut digital vorbereitet einbringen.

Für Tourismus und Hotellerie sind schlankere Regeln vorgesehen. In vielen Gemeinden ist das ein zentraler Wirtschaftsbereich. Weniger Regel- und Berichtslast für Betriebe kann örtlich messbar werden, etwa durch weniger Rückfragen und weniger Begleitung von Detailfragen durch Gemeindeämter.

Weniger Melde- und Nachweispflichten

Unter der Überschrift „Vereinfachen / Entlasten“ setzt das Paket bei Doppelmeldungen und Berichtspflichten an. Solche Pflichten treffen auch Gemeinden. Beispiele sind Meldungen, die an Bundesstellen und Landesstellen parallel gehen oder bei denen ähnliche Daten mehrfach nachgewiesen werden müssen. Die Reduktion dieser Pflichten kann Routinearbeit in Gemeindeämtern verringern.

Geplant ist auch die Reduktion unnötiger Nachweise und Vorlagepflichten. In der Praxis betrifft das häufig Verfahren, bei denen Bürgerinnen und Bürger Unterlagen bei der Gemeinde abgeben müssen, die bereits an anderer Stelle vorhanden sind. Wenn Nachweise entfallen oder automatisch übernommen werden, braucht es weniger Schalterwege und weniger Aktenbearbeitung.

Englischsprachige Unterlagen sollen in Verfahren zulässig werden. Das kann helfen, wenn internationale Fachkräfte oder Investorinnen und Investoren Anträge stellen oder Dokumente vorlegen. Übersetzungen wären dann nicht mehr in jedem Fall Voraussetzung.

Das Paket sieht die Abschaffung überholter Meldepflichten vor, etwa in einzelnen arbeits-, anlagen- oder umweltrechtlichen Bereichen. Für Gemeinden kann das relevant sein, wenn sie selbst als Arbeitgeberin oder Betreiberin von Anlagen betroffen sind, zum Beispiel in Bauhöfen oder kommunalen Betrieben.

Volksbegehren sollen modernisiert werden: einfacher, digitaler und barrierefrei. Gemeinden spielen bei der organisatorischen Abwicklung von Volksbegehren eine Rolle. Wenn Schritte digitaler werden, sinkt der Aufwand in den Gemeindeämtern. Gleichzeitig braucht es klare Schnittstellen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden.

Im Energierecht sind Vereinfachungen angekündigt, unter anderem bei Abfall- und Umweltvorschriften sowie bei Berichten. Gemeinden als Abfallwirtschaftsträgerinnen oder Betreiberinnen von Anlagen könnten dadurch weniger Berichtslast und klarere Regeln bekommen.

Außerdem sollen veraltete Verordnungen modernisiert werden. Auch wenn einzelne Beispiele nicht direkt kommunal sind, ist das Signal wichtig: Regeln sollen systematisch überprüft werden. Für Gemeinden könnte das bedeuten, dass in Zukunft öfter auch kommunal relevante Nebengesetze auf ihre Alltagstauglichkeit geprüft werden.

Ein eigenes Ziel sind klare Zuständigkeiten und weniger Verwaltungsdoppelarbeit. Gemeinden sind häufig Schnittstelle zwischen Landes- und Bundesrecht. Wenn Zuständigkeiten eindeutiger werden, sinkt das Risiko von parallelen Prüfungen oder widersprüchlichen Auskünften.

Mehr digitale Abläufe in der Verwaltung

Der dritte Block betrifft Digitalisierung. Vorgesehen sind der digitale Akt sowie digitale Befunde und Kontrollen. Für Gemeinden heißt das: Akten sollen stärker elektronisch geführt werden, Kontrollen vor Ort könnten mit digitaler Dokumentation laufen, und Ergebnisse werden elektronisch weitergeleitet. Das kann Bearbeitungszeiten reduzieren, verlangt aber Investitionen in Systeme und Schulungen.

Eine E-ID soll für Altersverifikation und sichere Verfahren nutzbar sein. Gemeinden könnten diese Funktion in eigenen Online-Diensten einsetzen, etwa bei Anträgen, die eine eindeutige Identitätsfeststellung brauchen.

Historische Meldebestätigungen sollen digital abrufbar sein. Das betrifft klassische Gemeindeaufgaben im Meldewesen. Wenn alte Bestätigungen nicht mehr händisch gesucht und ausgestellt werden müssen, spart das Zeit in Meldeämtern.

Elektronische Konzessionsurkunden und standardisierte digitale Datensätze für Finanzbehörden („SAF-T“) zielen auf Betriebe und Bundesstellen. Für Gemeinden ist hier vor allem der indirekte Effekt wichtig: Wenn Bundes- und Landesverfahren digitaler laufen, könnten auch kommunale Schnittstellen besser funktionieren und Rückfragen weniger werden.

Die Regierung plant außerdem digitale Einkommensteuer-Vorschreibungen mit QR-Code sowie die Digitalisierung aller Gebühren- und Verkehrssteuerverfahren. Gemeinden, die eigene Abgaben einheben, können davon mittelbar profitieren. Einheitliche digitale Standards auf Bundesebene erleichtern oft die Anbindung kommunaler Systeme.

Digitale Verfahren im Aufenthaltsrecht sind ebenfalls vorgesehen. Gemeinden sind hier nicht Hauptbehörde, haben aber Kontaktpunkte, etwa bei Wohnsitzfragen oder Integrationsarbeit. Wenn Bundesverfahren digitaler sind, können kommunale Stellen schneller auskunftsfähig sein.

Im Bildungsbereich soll die digitale Schulverwaltung modernisiert werden. Schulerhalterinnen und Schulerhalter sind in vielen Fällen Gemeinden. Digitale Verwaltung kann den Austausch mit Direktionen, Bildungsdirektionen und Bund vereinfachen, zum Beispiel bei Personal- und Raumfragen oder bei Förderverfahren.

Schließlich sieht das Paket den Ausbau von Statistik-Registerschnittstellen nach dem „Once-Only-Prinzip“ vor. Damit sollen Daten nur einmal erhoben und danach zwischen Behörden geteilt werden. Gemeinden, die regelmäßig Daten an Landes- und Bundesstellen melden, könnten dadurch weniger Mehrfacherhebungen haben. Voraussetzung sind gut funktionierende Register und klare Datenschutzregeln.

Auch die digitale Kommunikation im Versicherungsrecht soll gestärkt werden. Gemeinden als Arbeitgeberinnen und Betreiberinnen von Einrichtungen haben hier Berührungspunkte, etwa bei Unfall- oder Haftungsfragen. Digitale Kommunikation kann Abläufe beschleunigen.

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