Stahlbetonstützen mit Kragarmen – also waagrecht auskragenden Trägern – überbauen die Straße und tragen ein Schutznetz.
Steinschlagschutz sichert Lebensader der Gemeinde Radmer
Wenn im Winter die Schneepflüge ausrücken, ist das nur die halbe Miete der Straßensicherheit. Das zeigte ein für den Staatspreis Consulting nominiertes Projekt der IKK Group aus Graz eindrucksvoll: An der L127 in der Obersteiermark bedrohten regelmäßige Steinschläge die einzige Zufahrt zur Gemeinde Radmer. Mit einer innovativen Kombination aus Stahlbeton-Tragwerk und speziellem Hightech-Gewebe entstand eine Schutzlösung, die österreichweit Vorbildcharakter hat.
Die Ausgangslage war kritisch: Die L127 ist für die Gemeinde Radmer nicht irgendeine Straße, sondern die einzige Verkehrsverbindung. Regelmäßige Steinschläge gefährdeten nicht nur Autofahrer, sondern die Erreichbarkeit einer ganzen Gemeinde. Konventionelle Steinschlagschutznetze stießen hier an ihre Grenzen – sowohl beim Schutz vor kleinen Steinen als auch hinsichtlich der begrenzten Platzverhältnisse.
Das vom Amt der Steiermärkischen Landesregierung in Auftrag gegebene Projekt verlangte nach einer maßgeschneiderten Lösung. Die IKK Group entwickelte ein System, das technische Innovation mit praktischer Umsetzbarkeit verbindet: Stahlbetonstützen mit Kragarmen – also waagrecht auskragenden Trägern – überbauen die Straße und tragen ein Schutznetz. Ergänzt wird dieses durch ein hochfestes Aramid-Gewebe. Aramid ist ein besonders reißfestes Hightech-Material, das auch in Schutzwesten zum Einsatz kommt und selbst kleinste Steine zuverlässig abfängt.
Fertigteilbauweise spart Zeit und Material
Die Fertigteilbauweise war ein entscheidender Erfolgsfaktor: Sie ermöglichte eine schnelle und sichere Montage bei gleichzeitig reduziertem Materialeinsatz. Gerade in alpinen Lagen, wo jede Straßensperrung die Versorgung gefährdet, zählt jeder Tag. Die computergestützten Simulationen belegten die hohe Schutzwirkung – selbst bei kleinsten Steinen, die herkömmliche Netze oft durchdringen.
Die Jury des Staatspreises Consulting würdigte besonders die Kombination aus Wirksamkeit, kurzer Bauzeit und minimalen Eingriffen in die Natur. "Die Lösung verbindet technische Exzellenz mit Respekt vor der alpinen Umgebung", heißt es in der Begründung. Ein Aspekt, der für viele Gemeinden in Bergregionen relevant ist.
Ganzjährige Sicherheit denken
Für Gemeindeverantwortliche in ganz Österreich bietet das Projekt wichtige Erkenntnisse: Straßensicherheit ist keine saisonale Aufgabe. Während der Winterdienst die kalten Monate abdeckt, arbeiten Steinschlagschutzsysteme das ganze Jahr über – oft unbemerkt, aber unverzichtbar. Die Steiermark investiert jährlich rund zehn Millionen Euro in den Winterdienst mit 220 Fahrzeugen. Steinschlagschutz erfordert zwar deutlich geringere laufende Kosten, aber ebenso professionelle Planung.
Das Radmer-Projekt zeigt: Expertise macht den Unterschied. Wie beim Winterdienst, wo geschultes Personal und moderne Technik den Erfolg garantieren, ist auch beim Steinschlagschutz ingenieurgeologisches Know-how gefragt. Die IKK Group kombinierte geologische Analysen, Computersimulationen und innovative Bauweise zu einer Lösung, die wirtschaftlich ist und funktioniert.
Besonders relevant: Die Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Straßenerhaltungsmaßnahmen. Ein Steinschlagschutznetz, das im Winter zusätzlich Schneemassen aufnehmen muss, braucht andere Dimensionierung.
Umgekehrt müssen Winterdienstfahrer wissen, wo kritische Steinschlagbereiche liegen. Die moderne Digitalisierung, wie sie die Steiermark mit dem STEDIS-System für den Winterdienst eingeführt hat, könnte künftig auch Steinschlagschutzanlagen einbinden – Sensoren könnten melden, wann Netze geleert werden müssen.
Vorbildcharakter für alpine Infrastruktur
Die Nominierung für den Staatspreis Consulting – Ingenieurconsulting 2025 ist mehr als Anerkennung für ein gelungenes Projekt. Sie unterstreicht das Innovationspotenzial österreichischer Ingenieurbüros bei der Bewältigung alpiner Herausforderungen. Das L127-Projekt bietet konkrete Lösungsansätze, die auf andere Gefahrenlagen übertragbar sind.
Für Gemeinden mit ähnlichen Problemen sind die Kernbotschaften klar: Professionelle geologische Gutachten sind die Basis. Standardlösungen müssen hinterfragt werden, wenn die Situation es erfordert. Die Zusammenarbeit mit erfahrenen Ingenieurbüros zahlt sich aus. Und: Straßensicherheit muss ganzjährig gedacht werden – vom Winterdienst bis zum Steinschlagschutz.
Steinschlagschutz L127 Radmer
Standort: Landesstraße L127, Obersteiermark
Auftraggeber: Amt der Steiermärkischen Landesregierung
Planer: IKK Group GmbH, Graz
Auszeichnung: Nominierung Staatspreis Consulting 2025
Technische Innovation:
• Stahlbetonstützen mit Kragarmen überbauen die Straße
• Hochfestes Aramid-Gewebe (reißfestes Hightech-Material wie in Schutzwesten) gegen kleinste Steine
• Fertigteilbauweise für schnelle Montage
• Computergestützte Simulationen und Belastungstests
Jurybegründung:
„Die Lösung verbindet Wirksamkeit, kurze Bauzeit und minimale Eingriffe in die Natur – ein Vorbild für alpine Infrastruktur.“