Walter Leiss: „Wenn von manchen noch immer verlangt wird, dass die erhaltenen Vor-schüsse nicht rückgezahlt werden müssen, so haben sie die bestehende Rechtslage noch nicht richtig wahrgenommen.“
© Philipp Monihart

Sind die Gemeindefinanzen in der Krise?

Die Pandemie mit in neuerer Zeit noch nicht gesehenen Folgen für unser aller Leben und enormen Belastungen für unsere Gesundheitssysteme. Die gesundheitlichen Auswirkungen hatten natürlich enorme Folgewirkungen für den globalen Handel und damit auch für die österreichische Wirtschaft. Ein Wirtschaftseinbruch noch stärker als in der Finanzkrise 2008 war die Folge.

Nachdem die Einnahmen eines Staates über die eingehobenen Steuern mit der Wirtschaftsleistung korrelieren, hat der Einbruch der Wirtschaft zu enormen Einbrüchen der Steuereinnahmen der Gemeinden geführt. Und das alles nach einem außerordentlich erfolgreichen Jahr 2019. Schon ist vergessen, dass 2019 der Bund einen Haushaltsüberschuss erzielen konnte.

Auch der Schuldenstand auf Bundesebene und Länderebene konnte reduziert werden. Dies ist zwar für die Gemeinden nicht gelungen, aber auch für die Gemeindeebene war die Steigerung der Ertragsanteile und der Kommunalsteuer deutlich zu spüren. Zum damaligen Zeitpunkt blickte man optimistisch in die Zukunft und keiner hat sich über die gestiegenen Einnahmen beschwert. Die Gemeinden haben genauso profitiert wie der Bund und die Länder – Folge des Finanzverbundes geregelt im Finanzausgleich.

Einbruch der Ertragsanteile und der Kommunalsteuer

Diese Erwartungen wurden durch die Pandemie obsolet. Der Einbruch der Wirtschaftsleistung, Lockdowns und Einschränkungen vieler Art haben rasch zu einem dramatischen Abfall der Einnahmen geführt. Binnen Monaten sind wir von einem Wachstumskurs in eine veritable Krise gestürzt. Ein starker Einbruch der Ertragsanteile und der Kommunalsteuer war die Folge. Gleichzeitig sind  Ausgaben im Zusammenhang mit der Pandemiebewältigung erwachsen, die so gar nicht vorgesehen waren. 

Der Bund ist mit umfassenden Unterstützungsleistungen für die Wirtschaft und die Arbeitnehmer eingesprungen. Großzügig und rasch wurden die verschiedensten Hilfspakete geschnürt. Retrospektiv betrachtet eine der besten staatlichen Unterstützungsleistungen europaweit.

Auch für Gemeinden wurde mit dem Kommunalen Investitionsgesetz 2020 eine Milliarde Euro für Investitionen im kommunalen Bereich zur Verfügung gestellt. Bisher sind schon mehr als 800 Millionen Euro abgerufen worden und damit Investitionen von mehr als 3,1 Milliarden Euro auf den Weg gebracht. Damit wurde die Konjunktur zum damaligen Zeitpunkt belebt und wichtige Investitionen der Gemeinden ermöglicht. Der Betrieb in den Gemeinden konnte überall aufrecht erhalten bleiben.

Keine Ausfälle bei den Gebührenzahlungen

Der wichtige Bereich der Daseinsvorsorge der überwiegend gebührenfinanziert ist, war durch den Einbruch der Ertragsanteile ja überhaupt nicht betroffen, da es durch die Unterstützung der Wirtschaft und der Privaten zu keinen Ausfällen bei den Gebührenzahlungen gekommen ist. Am stärksten von den Einbrüchen waren jene Gemeinden betroffen, deren Einnahmen sich hauptsächlich aus den Ertragsanteilen ergeben. Hier musste durch Verschieben von Investitionen und Beschränken auf die unbedingt erforderlichen Maßnahmen, der neuen Finanzsituation Rechnung getragen werden.

Natürlich waren jene Gemeinden, die auch über Kommunalsteuereinnahmen verfügen, von Ausfällen stärker betroffen, diese jedoch durchaus unterschiedlich. Es ist klar, dass Einnahmeverluste für jeden schmerzhaft sind. Zu berücksichtigen gilt jedoch, dass viele Gemeinden ausschließlich von den Ertragsanteilen leben und über diese Mehreinkünfte durch Kommunalsteuer von vornherein nicht verfügen und trotzdem ihre Leistungen erbringen müssen. Mit dem Kommunalen Investitionsgesetz 2020 wurde jedenfalls ermöglicht, die schon 2019 geplanten Investitionen umzusetzen und damit auch die lokale Wirtschaft zu unterstützen.

Vorschüsse müssen nicht zurückgezahlt werden

2020 waren die Prognosen noch sehr düster. Gedacht war, dass sich die Krise länger hinziehen würde und eine Erholung erst 2023 oder 2024 eintreten würde. Da ist es gelungen, mit dem zweiten Gemeindepaket eine beträchtliche finanzielle Unterstützung für die Gemeinden zu erreichen. 100 Millionen Euro für besonders strukturschwache Gemeinden, und 400 Millionen Euro, die wegen zu hoher Vorschüsse zurückgezahlt hätten werden müssen, wurden den Gemeinden erlassen.

Darüber hinaus eine weitere Milliarde durch sogenannte Sondervorschüsse im Jahr 2021. Zusätzliches frisches Geld ohne Zweckwidmung und einer automatischen Auszahlung. Damit wurde in einer pragmatischen Form die Forderung nach Zugang zu einer OeBFA-Finanzierung erfüllt. Zwar von manchen als Hilflosen-Paket bezeichnet, bewirkten diese Mittel im Jahr 2021 ein beträchtliches Ansteigen der Ertragsanteile.

Der Wermutstropfen, dass diese Sondervorschüsse auch zurückgezahlt werden mussten, soll nicht verschwiegen werden. Aber auch OeBFA-Mittel müssten zurückgezahlt werden - nur zur Erinnerung. Das rasche und unvorhergesehene Erholen der Konjunktur Mitte 2021 und damit das Steigen der Steuereinnahmen und auch der Ertragsanteile der Gemeinden bewirkten, dass diese Sondervorschüsse nicht zur Gänze ausgezahlt werden mussten, und dass es schon gelungen ist, im November und Dezember 2021 mit der Rückzahlung der erhaltenen Vorschüsse zu beginnen.

Jetzt wurde vereinbart, dass den Gemeinden die noch ausständigen 275 Millionen Euro an Rückzahlungen erlassen werden, sodass die erhaltenen Vorschüsse schon zur Gänze zurückbezahlt sind. Wenn von manchen noch immer verlangt wird, dass die erhaltenen Vorschüsse nicht rückgezahlt werden müssen, so haben sie die bestehende Rechtslage noch nicht richtig wahrgenommen.

Damit haben die Gemeinden in den vergangenen zwei Jahren knapp 1,8 Milliarden Euro an zusätzlichen Mitteln erhalten, die direkt in die wichtigen Aufgaben und die Erhaltung der Infrastruktur der Gemeinden fließen. Nicht unerwähnt bleiben sollen auch noch die ca. 400 Millionen Euro, die von den Ländern den Gemeinden zur Bewältigung der Krise zur Verfügung gestellt wurden. 

Geld für Impfkampagnen und kommunale Impfprämien

Und gerade aktuell wurden von der Bundesregierung weitere Unterstützungsmaßnahmen angekündigt. 75 Millionen Euro für kommunale Impfkampagnen die jeder Gemeinde zugutekommen und kommunale Impfprämien, wenn im laufenden Jahr in der Gemeinde bestimmte Impfquoten erreicht werden. Im Rahmen eines Zweckzuschussgesetzes erhalten die Gemeinden entsprechend dem Schlüssel des KIG 2020 für Investitionen in der Gemeinde bei Erreichung einer Durchimpfungsrate von 80, 85 oder 90 Prozent eine entsprechende Prämie. Würden alle Gemeinden die Ziele erreichen, so würden damit nochmals rund 600 Millionen Euro zur Verfügung stehen. 

So schwierig die Situation krisenbedingt für die Gemeinden war, so kann man zusammenfassend doch festhalten, dass durch die Unterstützungsleistungen des Bundes und der Länder die Folgen weitgehend abgefedert wurden. Dass damit keine neuen Aufgaben im Bereich der Kinderbetreuung und Pflege finanziert werden können, liegt auf der Hand. Dies ist jedoch ein anderes Thema. Jedenfalls hat sich gezeigt, dass mit dem Finanzausgleich und den zusätzlichen Instrumenten die Gemeinden gut durch die Krise gekommen sind.