Tanja Stapelbroek in der Ebenseer Marktgasse
„Ortskernbelebung ist ein langwieriger Prozess, der dauerhafte und nachhaltige Strukturen braucht. Ich hoffe, ich konnte mit meinem RURASMUS-Aufenthalt einen Stein ins Rollen bringen.“ – Tanja Stapelbroek studiert Urbanistik an der Bauhaus Universität Weimar.
© Kleinsasser Christoph

Stadtentwicklung

Projekt gegen den Leerstand in einer Gasse

19. Juli 2024
Nicht Amsterdam oder Mailand, sondern Ebensee im Salzkammer­gut war der Ort, an dem Tanja Stapelbroek ihre Masterarbeit für die Universität Weimar schreiben wollte. Dank des Formats RURASMUS können Studierende nun in ländlichen Gemeinden praxisnah ihre akademischen Fähigkeiten anwenden und einen direkten Beitrag zur kommunalen Entwicklung leisten. In der Kulturhauptstadtgemeinde Ebensee widmete sich Tanja dem Leerstand in der Marktgasse.

Ebensee war einst geprägt von der pulsierenden Marktgasse, die untrennbar mit der Errichtung der Saline 1607 verbunden ist. Doch im Laufe der Zeit führten infrastrukturelle Veränderungen dazu, dass die Gasse an Vitalität verlor und von Leerstand gezeichnet ist. Lange war die Marktgasse aufgrund ihrer hohen Wirtshausdichte das soziale Zentrum des Orts.

Wiederbelebung erwünscht

Mithilfe von Tanja Stapelbroek, Urbanistik-Studentin an der Bauhaus Universität Weimar, suchte die 7.500-Einwohner:innen-Gemeinde nach Wegen, wie die Marktgasse wieder ein gutes Leben für alle bieten könnte. Im direkten Dialog mit Politik, Gesellschaft und Wirtschaft sowie unter Beteili­gung von Eigentümer, Bürger und Multiplikatoren hielt Stapelbroek Ausschau nach nachhaltigen Strukturen für die Wieder­belebung der Gasse.

Labor im Leerstand

Stapelbroek hat in der Marktgasse für die Zeit ihres Aufenthalts nicht nur eine Wohnung bezogen, sondern konnte auch in einem Leerstand ein Partizipationslabor eröffnen. Es wurde zum Ausgangspunkt für zahlreiche problemzentrierte Interviews und Diskussionen, für Workshops, Mitmachaktionen und eine Prototyping-Future-Session mit der Bevölkerung. Die Studentin kam so zu einer Liste an Empfehlungen, die der Belebung der Marktgasse dienen könnten. Darunter ein „Branding“, das der Straße eine Identität gibt und vorhandene Stärken herausarbeitet.

Beteiligungsprozess
Im Beteiligungsprozess wurde deutlich, dass in der Marktgasse ein Fokus auf das teils vorhandene (Kunst-)Handwerk gelegt werden sollte. Wichtig scheint Tanja Stapelbroek auch, dass die Jugend im Ort mehr Sichtbarkeit erhält und es künftig eine für die Leerstandsaktivierung verantwortliche Person gibt. Für die Dauer ihres Aufenthalts hat die Studentin ein Mitmachlabor in einem Leerstand eingerichtet. Foto: Tobias Reisenbichler

Um die Gasse kümmern

Da der Ortskern für die gesamte Gemeinde von Bedeutung ist, hält Stapelbroek eine langfristige Weiterverfolgung ihrer Vorarbeit für unerlässlich. Strukturen wie beispielsweise eine Person, die als Kümmerer oder Kümmerin fungiert, sollen die Belebung sicherstellen. Interessenten für die Position gibt es bereits.

Nun ist die Politik gefordert, die nächsten Schritte einzuleiten. Zudem sieht Stapelbroek Potenzial im lokalen Dorf- und Stadtentwicklungsverein „DOSTE“, der ihrer Meinung nach mit ein bisschen frischem Wind viel zur Entwicklung beitragen könnte.

In die Orts-DNA eintauchen

Frischen Wind gibt’s auf jeden Fall für Ebensee. Die 25-jährige Studentin ist hier bereits vielen durch ihr aktives Auftreten und ihre kommunikative Art bekannt. „Ich wurde herzlich aufgenommen, fast alle haben mich in meiner Arbeit unterstützt. Bürgermeisterin Sabine Promberger hat mich sogar beim lokalen Halbmarathon angemeldet“, erzählt Tanja Stapelbroek. 

RURASMUS = Aufs-Land-Semester für Studierende

Das RURASMUS-Programm, dessen Name sich aus den Begriffen „rural“ und „Erasmus“ zusammensetzt, verbindet den ländlichen Raum mit dem etablierten Erasmus-Studierendenaustauschprogramm.

RURASMUS im Rahmen von Salzkammergut 2024

Acht Kulturhauptstadt-Gemeinden nehmen zum Themenschwerpunkt „Neues Wohnen“ teil: Altmünster, Bad Ischl, Bad Mitterndorf, Ebensee, Gosau, Grundlsee, Steinbach am Attersee und St. Konrad. Es geht um leistbares Wohnen, Teilen von Ressourcen, Leerstand und das Neudenken klassischer Wohnformen.

„Die lokal anwendbaren Lösungen der Studierenden liefern übertragbare Antworten für eine Transformation des europäischen ländlichen Raums“, so Roland Gruber, Elisabeth Leitner und Isabel Stumfol vom RURASMUS-Forschungsinstitut.

Mitmachen für Gemeinden

Sie sind überzeugt, dass die Ideen Studierender Potenzial haben? Sie möchten ihnen die Möglichkeit geben, die Zukunft aktiv mitzugestalten? Und Sie wollen dieses Wissen und Können in Ihre Gemeinde holen?  

Großartig! Denn diese Chance bietet sich Ihnen mit RURASMUS! Mitmachen ist ganz einfach, dafür sind nur sechs Schritte notwendig. Wir freuen uns darauf, Ihre Gemeinde in das RURASMUS-Programm aufzunehmen. 

www.rurasmus.eu/mitmachen-gemeinden

E-Mail: office@rurasmus.eu