Mehr Zentralismus als Ausweg?

Gäbe es in Österreich den Föderalismus nicht, wäre alles viel billiger und effizienter.“ Das wird uns zuletzt auch im „profil“ vom 30.November 2015 suggeriert. Im selben Atemzug werden auch immer Gemeindezusammenlegungen gefordert, die Österreich viel effizienter machen würden. Beides ist unrichtig.

Schaut man auf die Finanzen, so zeigt sich deutlich, dass die Gemeinden die effizienteste Ebene sind. Sie haben in den letzten Jahren Maastricht-Überschüsse erwirtschaftet und so real Schulden abgebaut. Allein 2014 betrug der Überschuss 185 Millionen Euro. Das hat vor allem der Bund nicht geschafft. Auch die Länder mit Wien erfüllten mit minus 224 Mio. Euro die Vorgaben des Stabilitätspakts, der 2014 für die Länder insgesamt sogar ein Defizit von –954 Millionen Euro erlaubt hätte.



Bei den Mitarbeitern sind gerade die kleinen und mittleren Gemeinden die effizientesten. So hat eine Gemeinde in der Größenklasse von 2500 bis 5000 Einwohner zehn Gemeindebedienstete, Städte zwischen 20.000 und 50.000 Einwohnern aber 16 Gemeindebedienstete pro 1000 Einwohner.



Auch im internationalen Vergleich kann sich der Anteil öffentlich Bediensteter an der Gesamtbeschäftigung sehen lassen. Österreich mit 10,7 Prozent Anteil öffentlich Bediensteter liegt im Vergleich unter dem Durchschnitt der OECD-Mitgliedstaaten, wo dieser Anteil 15,5 Prozent beträgt. Die immer als Musterbeispiel zitierten nordeuropäischen Länder wie Norwegen, Dänemark und Schweden liegen bei knapp 30 Prozent. Diese Staaten weisen keine föderale Struktur auf und haben gerade kommunale Strukturreformen hinter sich. Dänemark mit seinen 98 Gemeinden und fünf Regionen bei 5,5 Millionen  Einwohnern wird zwar immer als Muster hingestellt, ob hier effizienter und bürgernäher gearbeitet wird, darf aber hinterfragt werden.



Größer heißt also nicht zwangsweise „billiger“. Vielleicht auch ein Grund, weshalb der Industriekonzern VW in Zukunft nun weniger zentralistisch werden möchte („Wirtschaftsblatt“ vom 11.12.2015). Es ist keine Frage, dass man auch Strukturen hinterfragen kann.



Am fragwürdigsten ist, dass Regelungen getroffen werden können, deren Kosten von den nachgelagerten Einheiten zu tragen sind. Vielleicht hätte sich das Verkehrsministerium dreimal überlegt, die Eisenbahnkreuzungsverordnung zu erlassen, wenn es den erforderlichen Investitionsbedarf von rund 250 Millionen Euro selbst tragen müsste. Auch die Diskussion um die akademische Ausbildung der Kindergartenpädagoginnen würde anders verlaufen, wenn sie der Bund bezahlen müsste. Oder warum werden – der Empfehlung des Rechnungshofes nachkommend - die Schulen nicht mit Verwaltungspersonal, das auch vom Bund bezahlt wird, ausgestattet, um die aufgezeigten Einsparungstangenten zu erzielen? Aber offenbar denkt man daran, die Kosten für das administrative Personal den Gemeinden als Schulerhalter umzuhängen. Dann wären die „Einsparungen“ natürlich noch höher. Aber kann man sich hier zentrale Lösungen erwarten, wenn nicht einmal das Problem der Eichpflicht von Schulwaagen gelöst werden kann?