Walter Leiss
Walter Leiss: „Investitionen brauchen frisches Geld, das im Moment nicht vorhanden ist.“

Günstige Konditionen auch für Gemeinden!

Die Corona-Pandemie hat die Gemeinden vor große Herausforderungen gestellt. Die wirtschaftlichen Folgen, die mit der Gesundheitskrise einhergingen, haben die Gemeinden zwar verzögert getroffen, werden aber noch länger andauern.

Der dramatische Einbruch der Wirtschaft hat nicht nur geringere Steuereinnahmen zur Folge – auch viele Unterstützungsmaßnahmen, die bundesseits getroffen wurden, wie zum Beispiel Steuersenkungen oder die Stundung von Abgaben, haben Auswirkungen auf die Finanzen der Gemeinden. 

Wieso ist das eigentlich so?

Die Gemeinden sind neben dem Bund und den Ländern eine der drei Gebietskörperschaften. Die finanziellen Beziehungen zwischen den Gebietskörperschaften werden über die Finanzverfassung und den Finanzausgleich geregelt. In Österreich haben wir einen zentralistisch ausgeprägten Finanz­föderalismus. Das bedeutet, dass die meisten Abgaben bundesstaatlich geregelt sind und die­se Abgaben auch von Bundesbehörden, den Finanzbehörden, eingehoben werden. Neben dem Bund haben nur die Gemeinden nennenswerte eigene (ausschließliche) Gemeindeabgaben. Die wichtigsten davon sind die Kommunalsteuer und die Grundsteuer, und als Sonderform die Grunderwerbssteuer. Die Aufteilung ist im Finanzausgleichsgesetz geregelt.

Die große Finanzpolitik macht jedoch der Bund. Er legt mit Steuergesetzen den Rahmen (Besteuerungsgegenstand und Höhe der Steuern) fest. Scheinbar schon vergessen ist noch die Rechtslage, als es der Bund in der Hand hatte, Steuern dort zu senken, wo anderen Gebietskörperschaften der Ertrag zufließen sollte, und vielleicht eigene Steuern, die den Bund zufließen, zu erhöhen.

Erst mit dem Finanzausgleich 2005 ist endgültig eine gemeinsame Festlegung dahingehend erfolgt, dass die gemeinschaftlichen Bundesabgaben in einen Topf fließen und eine Aufteilung nach einem vereinbarten Schlüssel – nämlich 67,4 Prozent für den Bund, 20,7 für die Länder und 11,88 Prozent – für die Gemeinden – erfolgt.

Steuersenkungen trotz Wirtschaftskrise?

Dieses System hatte auch zur Folge, dass steigende Einnahmen allen Gebietskörperschaften zugutekommen, sinkende Steuereinnahmen jedoch auch von allen drei Gebietskörperschaften mitgetragen werden müssen. Vereinfacht ausgedrückt: Wir stehen alle im selben Aufzug. Fährt er nach oben, fahren wir gemeinsam nach oben, fährt er nach unten, fahren wir gemeinsam nach unten.

Steuersenkungen wirken sich daher auf alle drei Gebietskörperschaften entsprechend ihrem Anteil aus. Das alles ist solange kein Problem, als die Wirtschaft wächst und die Einnahmen trotz einer Steuersenkung insgesamt steigen. Kommunale Vertreter im Nationalrat sollten diese Auswirkung jedoch mitberücksichtigen, wenn sie noch höhere oder weiterreichende Steuersenkungen fordern.

Anders sieht es aus, wenn insgesamt das Steueraufkommen wegen sinkender Wirtschaftsleistung sinkt. So notwendig steuerliche Erleichterungen – dazu zählen auch erfolgte Stundungen fälliger Abgaben – zur Ankurbelung der Wirtschaft sein mögen, die Steuereinnahmen der Gemeinden sind davon ebenfalls betroffen.

Eine besondere Dramatik erhält diese Situation für die Gemeinden, wenn auch eigene Abgaben, wie zum Beispiel die Kommunalsteuer, weg­brechen. 

Wie rasch diese Auswirkungen spürbar wurden, zeigen die Vorschüsse auf die Ertragsanteile. Konnten im Zeitraum Jänner bis April noch Wachstumsraten verzeichnet werden, so gab es schon im Mai einen massiven Einbruch. Da die Länder von den Ertragsanteilen ihre Umlagen einheben (z. B. Krankenanstalten, Sozialhilfe und Jugendwohlfahrtsumlage), gab es für manche sogar ein Minus. Dazu kommen Einnahmenausfälle für Gemeinden aus ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit und bei Erbringung sonstiger Dienstleistungen.

Was sind die Folgen geringerer Einnahmen und wie ist damit umzugehen?

Weniger Einnahmen zwingen zu einem sparsamen Umgang mit den verbliebenen Einnahmen. Vorhaben und Projekte werden vielleicht gestrichen oder auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. Dies widerspricht allerdings der generellen Bundeslinie, die die Absicht verfolgt, durch Investitionen die Wirtschaft wieder in Gang zu setzen. Für die Gemeinden als größter regionaler öffentlicher Investor ist dies besonders bedeutsam.

Investitionen brauchen frisches Geld, das im Moment nicht vorhanden ist. Frisches Geld vom Kapitalmarkt bedeutet höhere Verschuldung. Diese höhere Verschuldung wurde für die Staaten, aber auch die Länder und Gemeinden durch Außerkraftsetzen der EU-Stabilitätskriterien ermöglicht. Aber neu aufgenommene Darlehen müssen zurückgezahlt werden – inklusive Zinsen, und hier wäre es angebracht, sich möglichst günstig neu zu verschulden.

Aus diesen Überlegungen hat der Gemeindebund eine einstimmig beschlossene Resolution verabschiedet, mit der gefordert wurde, auch den Gemeinden den günstigen Zugang zu Darlehen über die Österreichische Bundesfinanzierungsagentur zu ermöglichen. Weiters wurde ein Investitionsprogramm nach dem Vorbild des kommunalen Investitionsgesetzes 2017 gefordert und gemeinsam mit den Ländern die Verschiebung des laufenden Finanzausgleichs (FAG) um zwei Jahre gewünscht.

Neue Fördermöglichkeiten

Mit dem Kommunalinvestitionsgesetz 2020 wurde nun ein Investitionspaket für die Gemeinden in Höhe von einer Milliarde Euro geschaffen – aufgeteilt auf alle Gemeinden mit einem 50-prozentigen Zuschuss für vielfältige Investitionsvorhaben.

Neben dem KIG 2020 gibt es noch weitere Fördermöglichkeiten für verschiedenste Vorhaben wie im Bereich der Abwasserwirtschaft, der Breitbandförderung, der Mobilität oder Maßnahmen zum Klimaschutz: wichtig, weil Vorhaben der Gemeinden auch mehrfach gefördert werden können. Somit wurde ein wesentlicher Anreiz für Investitionen in den Gemeinden geschaffen.

Neben dem Bund sind natürlich auch die Länder gefordert, die Gemeinden zu unterstützen, und einige Länder haben schon Unterstützungs-/Investitionspakete für die Gemeinden geschaffen. Offen ist allerdings noch immer der Zugang zu einer günstigen Refinanzierungsmöglichkeit. Hier sind die Verhandlungen noch im Gange. Ebenfalls ist noch offen, ob der FAG tatsächlich um zwei Jahre verlängert wird.

Ob das alles reicht, wird man erst am Ende des Jahres oder in den Folgejahren feststellen können. Allzu optimistisch darf man hier, wenn man sich die aktuellen Entwicklungen ansieht, nicht sein. Aber ohne wirtschaftlichen Aufschwung wird sich das Steueraufkommen auch nicht verbessern.

Besonders dramatisch ist diese Situation für strukturschwache Gemeinden, die schon jetzt nur von den Ertragsanteilen leben und als Abgangsgemeinden qualifiziert werden. Hier werden besondere Unterstützungsmaßnahmen durch Bund und Länder erforderlich sein, damit auch diese Gemeinden ihr Leistungsangebot aufrechterhalten können.

So gesehen sind die bisher gesetzten Maßnahmen jedenfalls zu begrüßen,weitere müssen aber folgen.