Gesetzesentwurf zur Vertragsraumordnung in Begutachtung
Ein vorliegender Gesetzesentwurf soll eine erhöhte Rechtssicherheit für die zwischen Gemeinden und privaten Grundeigentümer:innen abgeschlossenen Verträge (in der Praxis häufig als Raumordnungsverträge bzw. städtebauliche Verträge bezeichnet) bringen. Der Österreichische Gemeindebund nahm zum vorgelegten Entwurf im Zuge des Begutachtungsverfahrens Stellung.
Warum der Gemeindebund Gesetzesentwürfe begutachtet
Die Begutachtung von Gesetzes- und Verordnungsentwürfen bildet eine bedeutende Aufgabe des Österreichischen Gemeindebundes. Im Begutachtungsverfahren besteht die Möglichkeit, vor Beschlussfassung die kommunalen Anliegen und Interessen in Form von Stellungnahmen an die Gesetzgebung heranzutragen. Idealerweise finden diese dann Berücksichtigung.
Grundgelegt ist dieses Recht in der Vereinbarung über einen Konsultationsmechanismus und Stabilitätspakt, BGBl. I Nr. 35/1999. In dieser zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden abgeschlossenen Vereinbarung ist geregelt, dass die Gesetzes- und Verordnungsentwürfe dem Österreichischen Gemeindebund zu übermitteln sind und dieser sodann innerhalb einer angemessenen Frist dazu Stellung nehmen darf. Im Jahr 2023 waren es insgesamt 265 Gesetzes- und Verordnungsentwürfe, die der Österreichische Gemeindebund begutachten durfte.
Auch in diesem Jahr gilt es wieder eine Vielzahl an Gesetzes- und Verordnungsentwürfen zu begutachten. Aktuell war der Gemeindebund mit einem Entwurf zur Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG) befasst.
Ziel ist Erhöhung der Rechtssicherheit
Art. 15 Abs. 9 B-VG soll dahingehend ergänzt werden, dass die Länder das Zustandekommen eines zivilrechtlichen Vertrages als eine Voraussetzung für hoheitliches Handeln vorsehen können.
Mit dieser Ermächtigung soll eine erhöhte Rechtssicherheit im Bereich der Vertragsraumordnung erzielt werden. Der Bundesverfassungsgesetzgeber reagiert damit auf eine Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes aus dem Jahr 1999 (VfSlg. 15.625/1999), die eine zwingende Verknüpfung von hoheitlichen Maßnahmen der Raumordnung mit dem Abschluss eines Raumordnungsvertrages (sogenannte obligatorische Vertragsraumordnung) für unzulässig erklärte.
Eine solche unzulässige zwingende Verknüpfung sah der Verfassungsgerichtshof im damals geltenden Salzburger Raumordnungsgesetz 1992 verwirklicht, in dem den Gemeinde eine Widmung in Bauland nur mit Abschluss einer privatrechtlichen Vereinbarung erlaubt bzw. eine Umwidmung ohne einen solchen Vertrag verboten war.
Eine Abhängigkeit der Widmung vom Abschluss eines Raumordnungsvertrages findet jedoch nach dem Verfassungsgerichtshof in der Bundesverfassung keine Deckung. Wegen Verstößen gegen das Legalitäts- und Rechtsstaatsprinzip sowie gegen das verfassungsgesetzlich geschützte Eigentumsrecht und den Gleichheitsgrundsatz hob der VfGH die als verfassungswidrig erkannten Regelungen zum Salzburger Raumordnungsgesetz 1992 auf.
Womit der Verfassungsgerichtshof ein Problem hat
Die Vertragsraumordnung ist aber nicht per se unzulässig. Lediglich die angesprochene zwingende Verbindung von hoheitlichen Maßnahmen der Raumplanung mit dem Abschluss einer privatrechtlichen Vereinbarung ist dem Verfassungsgerichtshof ein Dorn im Auge.
Gegen eine fakultative Vertragsraumordnung, die eine Baulandwidmung nicht allein vom Abschluss eines Raumordnungsvertrages abhängig macht, bestehen hingegen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (VfSlg. 20.009/2015). Raumordnungsverträge können somit als unterstützendes Planungsinstrument zur Erreichung bzw. Sicherung der von der Gemeinde angestrebten Entwicklungsziele eingesetzt werden.
Die fakultative Vertragsraumordnung ist in allen Raumordnungsgesetzen der Länder vorgesehen und ermächtigt die Gemeinde zum Abschluss von Raumordnungsverträgen mit den Grundeigentümer.
Mit diesen Verträgen können die Gemeinden auf die Nutzung der Flächen (z. B. Bebauung innerhalb einer bestimmten Frist oder Überlassung für den sozialen Wohnbau) Einfluss nehmen sowie die Tragung von Planungs- und Infrastrukturkosten vorsehen. Der Vertragsraumordnung kann damit für eine flächensparende Raumplanung erhebliche Bedeutung zukommen.
Koppelung soll nur EINE Möglichkeit sein
Der Österreichische Gemeindebund begrüßte in seiner Stellungnahme die mit der geplanten Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes angestrebte Erhöhung der Rechtssicherheit im Bereich der Vertragsraumordnung.
Ein Anliegen ist jedoch, dass es sich bei der Koppelung von hoheitlicher Flächenwidmung und privatrechtlicher Vereinbarung nur um eine Möglichkeit der Gemeinden handelt. Keinesfalls darf die Gemeinde gesetzlich zu einer solchen Koppelung in der örtlichen Raumplanung verpflichtet werden. Es muss der Gemeinde selbst überlassen bleiben, mit welchen Werkzeugen die örtliche Raumplanung vorgenommen wird. Zudem muss den Gemeinde weiterhin selbst offenstehen, den Inhalt des Vertrages festlegen zu können.
Hier sollte es zum bestehenden Status quo keine Verschlechterungen oder Einschränkungen für die Gemeinden geben. So kann die in der Raumplanung nötige Flexibilität gewahrt und ein unnötiger bürokratischer Aufwand hintangehalten werden.
Rechtliche Absicherung der Vertragsraumordnung als Ziel
Die nächsten Wochen werden zeigen, ob und inwieweit die Anregungen des Österreichischen Gemeindebundes im Gesetzgebungsverfahren aufgegriffen werden.
Neben der geplanten Änderung des B-VG wird aber insbesondere gespannt auf die landesgesetzlichen Adaptierungen der Raumordnungsgesetze zu schauen sein. Nachdem die Raumordnung in die Gesetzgebungskompetenz der Länder fällt, sind es auch sie, die ausgehend von der Ermächtigung des B-VG die entsprechenden landesgesetzlichen Regelungen zur Vertragsraumordnung zu erlassen haben.
Abschließend bleibt zu wünschen, dass die mit der dargestellten Verfassungsänderung beabsichtigte rechtliche Absicherung der Vertragsraumordnung gelingt und die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes ausgeräumt werden können. Ob die legistischen Anstrengungen Erfolg haben werden, wird uns spätestens der Verfassungsgerichtshof verraten.