Alles Gute kommt von oben. Oder aus Brüssel.
Die Donauhochwässer der vergangenen Jahrhunderte sowie die Donauhochwässer 1954, 2002 und 2013 oder der Lawinenwinter 1999 mit den verheerenden Starkschneeereignissen, die letztlich zum verheerenden Lawinenunglück in Galtür im Jahr 1999 geführt haben, zeigen dies eindrucksvoll.
Dass sich die Unwetterereignisse oftmals mit katastrophalen Folgen erhöht haben, liegt mit Sicherheit am sich ändernden Weltklima. Vielleicht auch daran, dass wir in den vergangenen Jahrzehnten Gebiete besiedelt haben, die aus gutem Grund jahrhundertelang von einer Besiedelung freigeblieben sind. Durch diverse Anpassungsmaßnahmen, wie zum Beispiel dem Donauhochwasserschutz, ist es gelungen, die durch solche Ereignisse üblicherweise verursachten Schäden geringer zu halten.
Anpassung ist gefragt
Eine hundertprozentige Sicherheit wird es aber auch in Zukunft nicht geben. Ändern können wir das nicht, obwohl uns einige das immer weismachen wollen. Hangrutschungen, Hagelunwetter und Hitzewellen in den Städten würde es auch dann geben, wenn Österreich ein netto Null Emissionsziel erreichen würde. Nicht dass wir unseren Beitrag zu leisten haben soll in Frage gestellt werden, sondern die suggerierte Folge, dass dann derartige Ereignisse nicht mehr eintreten würden.
Anpassung ist gefragt, sowohl in der Siedlungsentwicklung, im Städtebau und in der Land- und Forstwirtschaft. Aber lassen wir doch jene entscheiden, die davon betroffen sind. Die Land- und Forstwirte und die Bürger und Bürgerinnen, die am Land leben. Zurufe von „oben“ aus den städtischen Elfenbeintürmen sind dabei nicht dienlich. So schlecht kann das Landleben ja nicht sein, pilgern doch eine Unzahl von Städtern jedes Wochenende aufs Land.
Wer zahlt?
Anders schaut die Situation mit Brüssel und der EU aus. Wesentlich für die politischen Handlungsfelder ist die Kommission. Von ihr kommen Vorschläge für Richtlinien, Verordnungen und Direktiven, da sie das Initiativrecht hat.
In der letzten Periode war der sogenannte Green-Deal bestimmend. Zyniker behaupten, es war weder ein Deal noch war er green. Dieser ist nach der Rede von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auch für die nächste Kommissionsperiode bestimmend. Schwerpunkte sind die Verpflichtung zu Klimazielen, Forcierung der Kreislaufwirtschaft, ein Clean-Industrial-Deal und die Energiepolitik.
Viele Rechtsakte sind schon gesetzt worden. Beispiele sind die Erneuerbare Energie-Richtlinien, die EU-Gebäuderichtlinien, die NIS 2 Richtline, das Bankenpaket zur Abdeckung der ESG-Risken, die Fauna Flora Habitat Richtlinie, der Schutzstatus des Wolfes aufgrund des Berner Übereinkommens und zu guter Letzt die Renaturierungsverordnung.
All die Richtlinien und Verordnungen sind sicher von guten Intentionen getragen, aber nimmt man dabei auch Rücksicht auf diejenigen, die das alles umsetzen müssen und ist der bürokratische Aufwand, der mit all dem verbunden ist, auch erfasst? Und vor allem wen trifft die Finanzierungslast?
Umsetzbarkeiten im Auge behalten
Zu bedenken ist, dass die guten Ideen zwar von oben kommen, aber die Kommission ja nicht allein agieren kann. Es gibt ja noch das EU-Parlament und den Rat der Europäischen Union (Ministerrat). Erst im Zusammenwirken der Institutionen kann Recht gesetzt werden. Das EU-Parlament mit den gewählten Abgeordneten und der Ministerrat sollten eigentlich die Interessen der Staaten und Bürger und Bürgerinnen vertreten. Sie müssten ein Auge auf die Umsetzbarkeit und die Auswirkungen haben. Welche Pflichten werden den Bürgern und Bürgerinnen durch die nationalstaatliche Umsetzung auferlegt. Denn sind die Richtlinien erst einmal beschlossen, gibt es wenig Spielräume.
Mehr Achtsamkeit, ob Normen auch notwendig sind
Das jüngste Urteil des Europäischen Gerichtshofes zum Thema „Wolf“ bestätigt dies. Demnach dürfen die Tiere nur im absoluten Ausnahmefall abgeschossen werden, wirtschaftliche Gründe allein reichen dafür nicht immer aus.
Dem Gerichtshof darf daraus kein Vorwurf gemacht werden, er judiziert nach bestehendem Recht. Es wäre daher an der Zeit, dieses Recht zu ändern, was aufgrund der unterschiedlichen Haltung der Mitgliedstaaten schwierig ist.
Umso bedeutsamer ist es, schon bei der Erlassung von verbindlichen Normen, auch wenn sie erst nationalstaatlich umzusetzen sind, darauf zu achten, ob sie tatsächlich notwendig sind. Das Prinzip der Subsidiarität wird heute viel zu oft vernachlässigt. Völlig unverständlich ist daher die Haltung, wenn sich Minister über die innerstaatlichen Vorgaben hinwegsetzen und vielleicht gestützt auf Meinungsumfragen, die bei den von den Maßnahmen nicht Betroffenen durchgeführt werden, ihre Entscheidungen treffen.
Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz als Beispiel
Was passiert, wenn man die Konsequenzen von legistischen Vorhaben nicht konsequent durchdenkt, zeigt das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz. Es regelt die unternehmerische Verantwortung für die Einhaltung von Menschenrechten in globalen Lieferketten. Hierzu gehört beispielsweise der Schutz von Kinderarbeit, das Recht auf faire Löhne und der Schutz der Umwelt.
Dieses Gesetz bringt viel bürokratischen Aufwand für die Europäischen – auch mittelständischen - Unternehmungen und daher auch Nachteile für Europa. Letztendlich führt die Bürokratie zu höheren Kosten, die die Konsumenten zu begleichen hätten. Oder sie umgehen das Ganze und kaufen gleich bei chinesischen Plattformen wie „TEMU“ und umgehen damit das Gesetz zum Nachteil der europäischen Wirtschaft.
Es ist daher nicht alles gut, was von oben kommt, weder manche Wetterereignisse noch rechtliche Vorschriften. Der Unterschied besteht nur darin, dass wir auf die Erlassung der rechtlichen Vorgaben mehr Einfluss nehmen könnten, als wir es tatsächlich tun. Egal wie weit „oben“ denn tatsächlich ist.