Sofa versinkt im Wasser
Die Gemeinden sind gefordert, bei heutigen Entscheidungen und Investitionen die zu erwartenden Auswirkungen des Klimawandels zu berücksichtigen, um kostspielige Fehlentscheidungen zu vermeiden.
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Wie sich Gemeinden an den Klimawandel anpassen

Die Wissenschaft ist sich einig, dass Österreichs Regionen und Gemeinden durch die Auswirkungen des Klimawandels massiv betroffen sind und zukünftig noch stärker sein werden. Temperaturextreme, Starkregen oder Trockenheit sorgen vermehrt für Schlagzeilen und bringen neue Herausforderungen mit sich. Was können Gemeinden tun, um sich an die neuen Gegebenheiten anzupassen?

Das Jahr 2018 war eines der wärmsten in der 252-jährigen Messgeschichte der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik. Es gab lange Phasen der Trockenheit, aber auch extreme Regenereignisse.

Der Klimawandel macht sich mittlerweile in allen Regionen Österreichs bemerkbar. Er trifft aber die Gemeinden je nach geographischer Lage, wirtschaftlicher und struktureller Ausgangslange unterschiedlich, heißt es in einer Broschüre des Projekts CC-ACT, das unter der Leitung des Umweltbundesamtes steht.

Klimawandelanpassung ist ein Thema, das in fast alle Zuständigkeitsbereiche von Gemeinden hineinwirkt. Zahlreiche Instrumente oder Prozesse bieten Anknüpfungspunkte, um die notwendigen Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel zu integrieren.

Neben den notwendigen Klimaschutzaktivitäten ist es für Gemeinden daher notwendig, mit Maßnahmen in ihren Zuständigkeitsbereichen, z. B. in der Flächenwidmung, der Wasserversorgung oder im Katastrophenschutz, auf das veränderte Klima zu reagieren. 

Frühzeitige Anpassung reduziert Schadenspotenzial

Die Gemeinden sind gefordert, bei heutigen Entscheidungen und Investitionen die zu erwartenden Auswirkungen des Klimawandels zu berücksichtigen, um kostspielige Fehlentscheidungen zu vermeiden. Studien zeigen, dass ein frühzeitiges Mitdenken der Auswirkungen des Klimawandels hilft, das Schadenspotenzial zu reduzieren. Wichtig ist, nicht nur die Kosten für Anpassungsinvestitionen zu sehen, sondern auch daran zu denken, welche Schadenskosten man sich möglichweise erspart.

Es gibt keine einheitliche Lösung für alle. Jede Gemeinde hat ihre spezifische Ausgangslage. Dazu kommt, dass sich die Folgen des Klimawandels in jeder Region anders zeigen.

„Die einzelnen Maßnahmen können dabei je nach Region ganz unterschiedlich ausfallen. So sind im pannonischen Flachland, in dem in den kommenden Jahrzehnten Hitze und Trockenheit zunehmen werden, andere Lösungen gefragt als in den alpinen Regionen, in denen das Risiko von Naturgefahren steigt“, sagt Andrea Prutsch vom Umweltbundesamt, die das Klimawandelanapassungsprojekt CC-ACT leitet.

Die Entscheidungsträger sind gefordert, die jeweils passenden und richtigen Antworten für ihre Gemeinde zu finden. Diese fünf Schritte sind Teil jedes vorausschauenden und erfolgreichen Anpassungsprozesses:

•    Klimarisiken erkennen

•    Anpassungsmöglichkeiten formulieren

•    Maßnahmen umsetzen

•    Umsetzung prüfen

•    Prozess starten

Dazu muss noch laufend Öffentlichkeitsarbeit gemacht werden, um die Bevölkerung zu informieren. Nur so kann eine hohe Akzeptanz der Anpassungsmaßnahmen erreicht werden.

Erfolgsfaktoren

Da die Gemeinden in sehr unterschiedlicher Weise vom Klimawandel betroffen sind, kann es kein alleingültiges Anpassungsszenario geben. Eine Broschüre des BMNT zeigt aber auf, was man beachten muss, wenn man eine Gemeinde erfolgreich an den Klimawandel anpassen möchte:

  • Vernetzung und Anknüpfung an bestehende Aktivitäten. Eine aktive Vernetzung und die Anknüpfung an bereits laufende Aktivitäten – etwa im Tourismus, in der Landwirtschaft oder in der Ökologie – vereinfachen die Umsetzung. So können Synergien genutzt und Ressourcen (personell und finanziell) gespart werden. 
  • Bewusstseinsbildung durch Information. Eine umfassende und positive Information sowie der persönliche Kontakt zur Bevölkerung sind wichtige Bausteine für die erfolgreiche Umsetzung von Maßnahmen und Projekten. Sie erhöhen damit das Verständnis für die Maßnahme und können Vorteile aufzeigen. Sie erhöhen damit das Verständnis für die Maßnahme und können Vorteile aufzeigen. 
  • Einbindung von betroffenen Personen. Die Umsetzung von Maßnahmen kann konkrete Personen direkt betreffen. Indem Sie diese von Anfang an in die Planung und Umsetzung einbinden, können Sie die Akzeptanz fördern und die Wirksamkeit der durchgeführten Maßnahmen erhöhen. 
  • Persönliches Engagement und Überzeugung. Das persönliche Engagement und die Überzeugung von einzelnen Personen („Kümmerer“) motivieren weitere Menschen, die Umsetzung von Maßnahmen in Ihrer Gemeinde aktiv zu unterstützen. Nutzen Sie Ihre Kontakte und Netzwerke, um Ihre Ideen auf den Weg zu bringen.
  • Beobachtung von Zeitplan und Umsetzung. Den Zeitplan und den Stand der Umsetzung im Auge zu behalten, hilft Schwierigkeiten und Zeitverzögerungen frühzeitig zu erkennen und bei Bedarf rasch Korrekturen in die Wege zu leiten. 
  • Bilanz ziehen, aktiv bleiben. Anpassung an den Klimawandel ist kein einmaliges Vorhaben, sondern ein langfristiger, kontinuierlicher Prozess, der uns noch Jahrzehnte beschäftigen wird. Eine gute Dokumentation und Evaluierung erleichtern es Ihnen, ein Resümee zu ziehen und zukünftig auf Ihre Erfahrung zurückzugreifen. 
  • Feiern Sie Erfolge. Über Erfolge zu berichten und zu feiern – darauf wird oft im hektischen Alltag nur allzu leicht vergessen. Ein kleines Fest und ein Dankeschön an alle Mitwirkenden sind ein schöner Abschluss und motivieren für zukünftige Aktivitäten. 

Gemeindeübergreifende Anpassungsstrategien

Der Klimawandel ist ein globales Problem. Es ist daher klar, die Anpassung daran nicht nur auf lokaler Ebene erfolgen kann.

„Österreich ist als Alpenland und durch seine kleinräumige geografische Struktur stärker vom Klimawandel betroffen als der europäische Durchschnitt. Die Anpassung an den Klimawandel muss daher regional erfolgen“, sagt Ingmar Höbarth, Geschäftsführer des Klima- und Energiefonds.

Um Regionen bei der Anpassung auf den Klimawandel zu unterstützen, wurde vom Klima- und Energiefonds in Kooperation mit dem Umweltministerium (BMNT) das Programm „KLAR! – Klimawandel-Anpassungsmodellregionen“ entwickelt.

Dabei wird ein umfassender Ansatz verfolgt, der sowohl Klimaschutz als auch soziale Akzeptanz beinhaltet und der verhindern soll, dass in ungeeignete Maßnahmen zur Anpassung investiert wird (Maladaption) gesetzt werden. Derzeit gibt es 20 Regionen im KLAR-Programm.

Maßnahmen kommen langsam in Gang

In Tirol fördert das Land ein Projekt, bei dem zehn Gemeinden bei Anpassungs-Maßnahmen unterstützt werden. Einige Gemeinden sind auch schon in die aktive Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen gegangen. So werden in Pfunds Trinkwasserbrunnen erhalten oder neu angelegt und Prägraten unterstützt den Schutz der wertvollen Ressource Boden.

Bereits seit 2016 läuft das europäische Klimawandelanpassungsprojekt „LIFE LOCAL ADAPT“ bei dem das Land Steiermark unter der Leitung der TU Dresden einer der Projektpartner ist. In den Pilotgemeinden Hartberg, Mariazell, Gleisdorf, Weiz und Deutschlandsberg laufen Projekte, an denen man lernen will, wie Klimaanpassungsmaßnahmen auf lokaler Ebene integriert werden können.

Ein großes Thema ist Wasser. Das betrifft sowohl den Schutz vor Überschwemmungen bei den immer häufiger vorkommenden Starkregenfällen als auch die Sicherung der Trinkwasserversorgung bei Trockenheit. Ein Aspekt dabei ist, dass die Versorgung mit Löschwasser für die Feuerwehr sichergestellt werden muss. Im Burgenland gibt es dazu eine Initiative, um die Erstellung digitaler Löschwasserpläne für die Freiwilligen Feuerwehren in effizienter Weise zu ermöglichen.

Gemeinden sind überlastet

Dass der Klimawandel im Gange ist, ist vielen Menschen bewusst. Warum wird aber trotzdem in vielen Gemeinden nichts dafür getan, um sich an die neue Situation anzupassen?

Als Grund werden häufig fehlende finanzielle und materielle Ressourcen genannt. Die Gemeindeverantwortlichen sind meist schon mit den ohnehin schon vielfältigen Aufgaben der Gemeinde ausgelastet – sich auch noch um die Klimawandelanpassung zu kümmern, ist das schwer möglich. Oft wird man erst dann aktiv, wenn die Gemeinde selbst durch ein Extremereignis betroffen ist. So traurig die Folgen oft sind, führen sie aber häufig zu einem Umdenken bei bisherigen Klimawandel-Skeptikern.

Klimawandelanpassung und Klimaschutz

Während Klimaschutz auf die Verringerung der Treibhausgase, v. a. Kohlendioxid (CO2) abzielt, fokussiert die Klimawandelanpassung darauf, mit veränderten klimatischen Bedingungen so gut wie möglich umzugehen. 

Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel sind aber eng miteinander verbunden. Der Zusammenhang lässt sich mit einem Satz beschreiben: 

Wir müssen vermeiden, was sich nicht bewältigen lässt (Klimaschutz) und bewältigen, was sich nicht vermeiden lässt (Anpassung).