Florian Iro, Präsident des Ressourcen Forum Austria, mit Vizepräsidentin Maria Hutter.
Florian Iro, Präsident des Ressourcen Forum Austria, mit Vizepräsidentin Maria Hutter.

Umwelt

Kreislaufwirtschaft sichert die Wettbewerbsfähigkeit von morgen

Ende Mai fand das 6. Nationale Ressourcenforum in Salzburg statt. Mehr als 500 Gäste besuchten die hybrid abgehaltene Veranstaltung, die unter dem Motto „Langes Leben für Produkte, Mensch und Natur“ stand. Der Präsident des Ressourcen Forum Austria, Florian Iro, zog zum Abschluss der Veranstaltung eine positive Bilanz: „Wir treffen mit unserem Thema auf so viel Interesse wie nie zuvor. Kreislaufwirtschaft sichert die Wettbewerbsfähigkeit von morgen und kann unser Standortvorteil werden.“ KOMMUNAL sprach mit Florian Iro.

Herr Präsident, viele Gemeinden sind bereits im Bereich Abfalltrennung und -sammlung aktiv. Inwiefern sehen Sie sie künftig als zentrale Akteure im Ressourcenmanagement – etwa durch regionale Re-Use-Initiativen oder kommunale Reparaturnetzwerke? Welche konkrete Rolle können und sollen Gemeinden in einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft übernehmen?

Florian Iro: Wenn wir Kreislaufwirtschaft ernst nehmen, dann verlagern sich die Möglichkeiten der Gemeinden von einer reinen Abfalltrennung und -sammlung hin zu einem aktiven Ressourcen­management. Altstoffsammelzentren/Recyclinghöfe können dabei zu regionalen Kreislaufwirtschafts-Hubs, in denen Produkte zunächst zum Wieder­verwenden, Reparieren oder Aufbereiten landen und erst ganz zum Schluss im Recycling. Das macht die Kommune zum ersten Glied in einer „umgekehrten Logistik-Kette“ für Wertstoffe und zu einem Motor der Ressourcenwende. 

Ganz konkret können Gemeinden beispielsweise Re-Use-Sammlungen, Re-Use-Shops, Tauschbörsen, Verleihläden und Repair-Initiativen anstoßen und unterstützen und so zu einer operativen Drehscheibe für Wiederverwendung und Reparatur werden. Darüber hinaus können Gemeinden auch in der eigenen Beschaffung, bei der Errichtung und Erhaltung öffentlicher Gebäude, bei Veranstaltungen auf Vermeidung, Wiederverwendung und Recycling achten.

Unternehmen, die von Wiederverwertung und Recycling profitieren, greifen oft auf kommunale Infrastrukturen zurück. Wie können diese Vorteile fairer zwischen Wirtschaft und öffentlicher Hand verteilt werden?

Damit die Wertschöpfung aus Recycling fair verteilt wird, brauchen wir erst Kostenwahrheit – also gleiche Spielregeln für Primär- und Sekundärrohstoffe. Primärrohstoffe müssen ihre Umwelt- und CO₂-Kosten tragen, damit Recyclingmaterial konkurrenzfähig wird. 

Sobald sich der Markt zugunsten von Rezyklaten dreht, ist eine verursachergerechte Verteilung nötig. Dann gilt: Unternehmen, die kommunale Sammelstellen verwenden, leisten einen Beitrag zur Deckung der Kosten und bekommen im Gegenzug einen Anteil am Erlös der zurückgewonnenen Stoffe. Pflich­tbeiträge der Hersteller sollten direkt an Städte und Gemeinden fließen, damit sie Kreislaufwirtschafts-Angebote und moderne Sortieranlagen ausbauen können. So wird Abfall vom Kostenproblem zur gemeinsamen Chance.

Gibt es Modelle, bei denen etwa Produzentenverantwortung oder Beteiligungen der Recyclingwirtschaft zu Rückflüssen an die kommunale Ebene führen? Welche Rolle könnte der Gesetzgeber spielen?

Erste Erfahrungen zeigen, dass Gelder aus der Produzenten­verantwortung durchaus bis zur Gemeinde gelangen – etwa im Verpackungs­system oder künftig über das Einweg-Pfand und die Textil-EPR. Trotzdem bleibt das ein Spannungsfeld: Industrie wünscht Planungssicherheit, Kommunen fordern Kostendeckung. Der Gesetzgeber muss deshalb einen fairen Ausgleich schaffen: klare Pflichten und transparente Verteilungsschlüssel, aber auch Mitspracherechte für Städte und Gemeinden. So lassen sich Umwelt- und Wettbewerbs­ziele harmonisieren – und alle Partner ziehen an einem Strang.

Was muss sich aus Ihrer Sicht strukturell oder rechtlich ändern, damit Gemeinden stärker in zirkuläre Wertschöpfung eingebunden werden? Gibt es konkrete politische Hebel – etwa über Fördermechanismen, Kompetenzaufbau oder Kooperationsmodelle – um Kommunen zu Treibern anstatt nur als Dienstleister im Abfallwesen zu positionieren?

Fokus weg von Recycling, hin zu Re-Use & Repair. Ein wirkungsvoller Weg, Gemeinden vom Entsorger zum Motor der Kreislaufwirtschaft zu machen, wäre ein gesetzlicher Rahmen, der Wiederverwendung und Reparatur in den Mittelpunkt stellt. Wenn Abfallwirtschaftsverbände — freiwillig oder durch Anpassungen ihrer Aufgaben — auch Re-Use-Shops, Repair-Cafés und digitale Tauschplattformen unterstützen, entstehen vor Ort neue Dienstleistungen und Arbeitsplätze durch regionale Unternehmen. Gerade hier zeigen sich nämlich die wirtschaftlichen Aspekte der Kreislaufwirtschaft. Weil jeder Gegenstand der in Österreich repariert und aufbereitet wird, schafft hier Wertschöpfung und nicht in Asien oder anderswo. 

Ein gebündeltes Förder- und Beratungsangebot von Ministerium und Bundesländern hilft, solche Projekte schnell auf den Weg zu bringen und diese Dienstleistungen gegenüber dem normalen „Wegwerf-Konsum“ zu stärken, Stichwort: Reparaturbonus. Besonders kleinen Gemeinden eröffnet eine Zusammenarbeit in regionalen Kreislaufwirtschaftsverbünden die Chance, Know-how zu teilen, Investitionen zu stemmen und ihre Bürgerinnen und Bürger mit sichtbaren, ressourcenschonenden Angeboten zu begeistern.

Wie lassen sich Bürgerinnen und Bürger – über die kommunale Ebene mit Unterstützung der Wirtschaft – für die Prinzipien der Kreislaufwirtschaft begeistern? 

Bürgerinnen und Bürger lassen sich für die Kreislaufwirtschaft gewinnen, wenn Gemeinde und lokale Wirtschaft sie im Alltag ganz praktisch erleben lassen: Die Kommune dient als Katalysator, organisiert Re-Use-Sammeltage, Tauschmärkte und Repair-Cafés, zeigt selbst mit Mehrweg bei Festen oder kreislauffähiger Beschaffung, wie es geht, und bewirbt all diese Angebote gebündelt auf einer leicht zugänglichen Online-Plattform. 
Unterstützt von Handel, Handwerk und Sponsoren entstehen so finanzielle Anreize wie Reparaturgutscheine, während greifbare Erfolgserlebnisse – vom reparierten Mixer bis zur abfallarmen Feier – den Mehrwert für Geldbörse, Gemeinschaft und Klima spürbar machen. So wird Kreislaufwirtschaft nicht als Verzicht, sondern als Service mit Mehrwert wahrgenommen.

Welche Erfolgsbeispiele sehen Sie auf Gemeindeebene, die zeigen, wie Bewusstseinsbildung und zirkuläres Handeln vor Ort funktionieren – etwa im Bildungsbereich, bei kommunalen Events oder in der Zusammenarbeit mit lokalen Betrieben?

Zahlreiche österreichische Gemeinden haben bereits erkannt, welches Potenzial die Kreislaufwirtschaft für Lebensqualität, regionale Wertschöpfung und Gemeinschaft bietet. Auf unserer Plattform ressourcenforum.at/gemeindecheck zeigen wir inspirierende Beispiele engagierter Gemeinden – von Re-Use-Initiativen über Bildungsprojekte bis hin zu nachhaltigen Veranstaltungen. Sie machen deutlich, wie zirkuläres Handeln vor Ort gelingen kann. Unser Ziel ist es, diese Erfolgsmodelle zu verbreiten und die Prinzipien der Kreislaufwirtschaft in allen österreichischen Gemeinden nachhaltig zu verankern.

Das Ressourcen Forum Austria ist eine unabhängige, gemeinnützige Plattform, die sich bereits seit 2013 dafür einsetzt, dass Kreislaufwirtschaft und Ressourceneffizienz zur Selbstverständlichkeit werden – in der Wirtschaft, in der Politik, in Gemeinden und in unserem Alltag.

Das Nationale Ressourcenforum war eine Bühne für zahlreichen Unternehmer:innen und Expert:innen aus ganz Österreich und darüber hinaus, u.a. mit Vertretrer:innen der Landwirtschaftskammer, der Plattform Industrie 4.0, der TU Wien, der Task Force Kreislaufwirtschaft, dem Circular Economy Forum Austria, dem Umweltbundesamt, der Österreich Werbung, Trending Topics und vielen mehr.

Hauptsponsoren und -förderer des 6. Nationalen Ressourcenforums sind das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Klima- und Umweltschutz, Regionen und Wasserwirtschaft, das Land Salzburg, die Stieglbrauerei, die Salzburg AG sowie die Raiffeisen Nachhaltigkeitsinitiative. Weitere Unterstützung kommt von Altstoff Recycling Austria, LIDL, UNIQA, Maschinenring, fairphone, Salzburg Wohnbau, Stadt Salzburg sowie der Wirtschaftskammer Österreich und der Wirtschaftskammer Salzburg.

Das 7. Nationale Ressourcenforum soll im Frühjahr 2027 wieder in Salzburg stattfinden.

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