Baustelle
Aus der Sicht des WIFO ist es vor allem wichtig, dass die Gemeinden in der Lage sind, der Wirtschaft eine leistungsfähige Infrastruktur zur Verfügung zu stellen.
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Wie kann man die Wirtschaft wieder in Gang bringen?

Die Situation für die Wirtschaft in Österreichs Gemeinden verschlechtert sich mit jedem Tag, den die Betriebsschließungen andauern. WIFO-Experte Hans Pitlik fordert, dass die Gemeinden stärker in das Krisenmanagement eingebunden werden.

Gibt es schon Überlegungen, wie man die regionalen Unternehmen nach der Krise wieder auf die Beine bringen kann?

Hans Pitlik: In der derzeitigen Situation hat sich wohl noch kaum jemand Gedanken darüber gemacht, weil alles auf Krisenmanagement fokussiert ist. Man kann derzeit ja auch noch nicht abschätzen, wie sich die Maßnahmen auf das Wachstum und auf den Staatshaushalt auswirken werden.

Wäre es nicht sinnvoll, die Verteilung von Förderungen durch die Gemeinden abwickeln zu lassen? Sschließlich kennen diese die Situation vor Ort am besten.

Im Augenblick geht es noch um Überbrückungshilfen wenn Firmen melden, dass sie einen Liquiditätsengpass haben. Ob das dann vom Finanzministerium, von der Wirtschaftskammer oder von einer anderen Institution abgehandelt wird, ist derzeit zweitrangig. Wichtig ist eine schnelle Abwicklung.

Und wie sieht es auf mittlere Sicht aus?

Da ist es dann wahrscheinlich schon sinnvoll, dass das was auf lokaler Ebene gemacht werden kann, auch dort gemacht wird. Ganz einfach, weil in der Gemeinde das größte Wissen über die lokalen Notwendigkeiten vorhanden ist. Wenn man schnell aus der Krise heraus will, dann müssen die Gemeinden eingebunden werden.

Längerfristig stellt sich ja die Frage der grundlegenden Kompetenzverteilung. Vielleicht macht es die Corona-Krise möglich, dass darüber nachgedacht wird.

Wie sollte also Ihrer Meinung nach Wirtschaftsförderung auf der kommunalen Ebene aussehen?

Unserer Meinung nach ist es vor allem wichtig, dass die Gemeinden in der Lage sind, der Wirtschaft eine leistungsfähige Infrastruktur zur Verfügung zu stellen. Das geht vom gut funktionierenden Nahverkehr bis zur effizienten Verwaltung. Dass die Gemeinden selbst Unternehmen fördern, halten wir für nicht unbedingt sinnvoll.

Derzeit werden ja Abgaben ausgesetzt, um Unternehmen zu helfen, die Kommunalsteuern gehen zurück und auch die Ertragsanteile werden weniger werden. Wie sollen da die Gemeinden überleben?

Ja, das ist ein Riesenproblem. Wenn der Bund Einkommensteuer, Körperschaftssteuer usw. auch nur stundet, dann wirkt sich das natürlich auch auf die Finanzen der Länder und Gemeinden aus.

Gerade weil die Gemeinden, wie erwähnt, so wichtig für die Bereitstellung der Infrastruktur sind, wird es nötig sein, zukünftig eine Lösung zu finden, um hier mehr Stetigkeit zu bekommen.

Hans Pitlik
Hans Pitlik: „Wenn man schnell aus der Krise heraus will, dann müssen die Gemeinden eingebunden werden.“ Foto: Wifo

Wenn viele Gemeinden finanzielle Probleme bekommen, wird es wahrscheinlich nötig sein, einen Ausgleichsfonds oder etwas Ähnliches zu schaffen, um schnelle Hilfe zu ermöglichen.

Das WIFO plädiert schon länger für ein Verstetigungsmodell im Finanzausgleich, sodass Länder und Gemeinden nicht mehr so stark von konjunkturellen Entwicklungen, vor allem bei den Ertragsanteilen, abhängig sind.

An den Daten sieht man, dass Lücken bei den Gemeindeeinnahmen und –ausgaben bei Ländern und Gemeinden immer dann entstehen, wenn es konjunkturelle Einbrüche gibt oder wenn Steuerreformen gemacht werden. Die Ausgaben bleiben immer annähernd gleich, aber die Einnahmen schwanken sehr stark je nach den äußeren Rahmenbedingungen. Ein Modell, das stetigere Einnahmenflüsse ermöglicht, würde den Gemeinden sehr helfen.

Wenn Gemeinden jetzt durch die Corona-Krise in Schwierigkeiten geraten, wird es vielleicht notwendig sein, dass vom Bund ein „Gemeinde-Notfallfonds“ eingerichtet wird.

Die Karten für die nächsten Finanzausgleichsverhandlungen werden jetzt wohl vollkommen neu gemischt …

Ja, bestimmt. Es stellt sich ohnehin die Frage, ob man den aktuellen FAG nicht um ein Jahr verlängern sollte, um sich besser auf die veränderte Situation einstellen zu können.

Man sieht derzeit sehr gut, wo die Schwachstellen des derzeitigen Systems liegen. Auf dieser Basis könnte man ein Konzept entwickeln, wie man mit einem so großen Rückgang der Einnahmen umgehen kann.