
Öffentliche Dächer sind prädestiniert für den Bau von PV-Anlagen.
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Wie Gemeinden zur Kraftquelle werden
In vielen Gemeinden wird die Energiewende handfest: Solarstrom vom Gemeindedach, gemeinsame Windräder, kluge Speicherlösungen und smarte Steuerungssysteme. Im neuen „Kraftwerk Gemeinde“ werden Kommunen zu autonomen Akteuren der Energiegestaltung – mit Förderungen, innovativen Technologien und wachsender Bürgerbeteiligung.
Photovoltaik auf dem Bauhof, Nahwärme vom Bauernhof, Wasserstoff im alten Gaslager – die Energiezukunft beginnt nicht im Kraftwerksleitstand, sondern im Gemeindeamt. Österreichs Städte und Gemeinden verfügen über ein breites Spektrum an Möglichkeiten, sich aktiv an der Energieproduktion zu beteiligen.
Diese Optionen reichen weit über klassische Photovoltaikanlagen hinaus. Doch der Weg in die Energieautonomie ist nicht immer geradlinig. Welche Technologien stehen Gemeinden konkret zur Verfügung – und welche Hürden gilt es zu überwinden? Ein Überblick.
Sonnenstrom vom Dach: Photovoltaik & Solarthermie
Die Photovoltaik ist der unbestrittene Einstiegspunkt vieler Kommunen in die Energiegewinnung. Öffentliche Dächer sind prädestiniert für den Bau von PV-Anlagen – ob auf Schulen, Feuerwehrhäusern oder Gemeindebauten. Die Solarthermie wiederum eignet sich hervorragend für die Versorgung mit Warmwasser oder zur Unterstützung von Nahwärmesystemen.
Vorteil: hohe Akzeptanz, einfache Technik, niedrige Einstiegshürde
Herausforderung: statische und technische Eignung vieler Altbauten, Bürokratie bei Einspeisung
Windkraft mit Weitblick
Für windstarke Regionen wie das nördliche Niederösterreich oder das Mittelburgenland sind Windräder eine wirtschaftlich attraktive Option. Gemeinden können sich an Windparks beteiligen, sie über kommunale Energieunternehmen selbst betreiben oder gemeinsam mit Bürger:innen Genossenschaftsmodelle aufbauen.
Vorteil: hohe Energieausbeute, gemeinschaftliche Umsetzbarkeit
Herausforderung: Anrainerakzeptanz, Genehmigungsdauer, Naturschutzprüfungen
Wärmenetze aus Wald & Wiese: Biomasse & Biogas
Gerade in ländlichen Regionen mit starkem Forst- oder Agrarsektor bietet Biomasse großes Potenzial. Viele Gemeinden betreiben bereits Hackschnitzel-Nahwärmeanlagen. Biogasprojekte eignen sich für größere Kreislaufregionen, insbesondere in Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft.
Vorteil: CO₂-neutral, hohe regionale Wertschöpfung
Herausforderung: Preisschwankungen bei Brennstoffen, Lagerflächen, Nachhaltigkeitskriterien
Kleinwasserkraft: Energie aus dem Heimatbach
Wo es natürliche Fließgewässer gibt, können Kleinwasserkraftwerke eine konstante Grundlast erzeugen. Besonders spannend ist die Reaktivierung historischer Anlagen – technisch modernisiert, ökologisch verträglich. Auch Trinkwasserkraftwerke entlang von Hochquellleitungen finden neue Beachtung.
Vorteil: stabile Stromproduktion, hohe Lebensdauer
Herausforderung: wasserrechtliche Genehmigungen, Restwassermengen, ökologische Begleitmaßnahmen
Geothermie & Abwärme: Unsichtbare Energiequellen
Oberflächennahe Geothermie eignet sich hervorragend für Neubaugebiete oder sanierte Quartiere. Abwärmenutzung – etwa von Supermärkten, Kläranlagen oder Gewerbebetrieben – bietet zusätzliches Potenzial für kommunale Wärmenetze.
Vorteil: grundlastfähig, meist emissionsfrei
Herausforderung: hohe Anfangsinvestitionen, komplexe Machbarkeitsanalysen
Speicher & Kopplung: Energie denken in Kreisläufen
Batteriespeicher sind ein wichtiger Baustein zur Stabilisierung der Netze und zur Eigenverbrauchsoptimierung. Pilotprojekte in OÖ oder der Steiermark zeigen, dass auch Wasserstoff als Speicher in Gemeinden erprobt wird – mit großen Chancen für Saisonalität.
Vorteil: Netzunabhängigkeit, Steuerungssicherheit
Herausforderung: hohe Anschaffungskosten, Technologieoffenheit, fehlende Standards
Eines zeigt sich klar: Das „Kraftwerk Gemeinde“ ist längst mehr als ein Schlagwort
Es ist gelebte Praxis – von Energiegemeinschaften über Speichertechnik bis hin zu digitalem Management und KI-gestützter Steuerung. Mit gezielten Förderungen und wachsendem Mut zur Innovation entwickeln sich Österreichs Gemeinden zu autonomen Kraftwerken – lokal, resilient und zukunftsfähig.

Rechtliche Grundlagen – Was Gemeinden beachten müssen
Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) → bildet seit 2021 die gesetzliche Basis für die Gründung von Energiegemeinschaften, Einspeisung von PV-Strom und Förderung neuer Technologien
Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz (ElWOG) → regelt Netzanschluss, Einspeisebedingungen, Netzentgelte – für jede PV-Anlage oder Windkraftbeteiligung relevant
Wasserrechtsgesetz (WRG) → zentral für Kleinwasserkraftprojekte: Mindestrestwasser, Gewässerökologie und Hochwasserschutz beachten!
Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVP-G) → ab bestimmten Projektgrößen verpflichtend (z. B. Windparks, Großbiomasse) – mit langen Verfahrenszeiten
Baurecht & Raumplanung → Widmungen, Bauordnungen und Flächenwidmungspläne müssen angepasst werden, insbesondere bei Solarparks oder Windkraft
Förderrecht & Vergaberichtlinien → Bundes- und Landesförderungen unterliegen strengen Kriterien (z. B. kommunale Transparenzpflicht, Kofinanzierungsquoten)