Symbolbild Energieversorgung einer Gemeinde
Öffentliche Dächer sind prädestiniert für den Bau von PV-Anlagen.
© Georgii - stock.adobe.com

Wie Gemeinden zur Kraftquelle werden

16. Juni 2025
In vielen Gemeinden wird die Energiewende handfest: Solarstrom vom Gemeindedach, gemeinsame Windräder, kluge Speicherlösungen und smarte Steuerungssysteme. Im neuen „Kraftwerk Gemeinde“ werden Kommunen zu autonomen Akteuren der Energiegestaltung – mit Förderungen, innovativen Technologien und wachsender Bürgerbeteiligung.

Photovoltaik auf dem Bauhof, Nahwärme vom Bauernhof, Wasserstoff im alten Gaslager – die Energiezukunft beginnt nicht im Kraftwerksleitstand, sondern im Gemeindeamt. Österreichs Städte und Gemeinden verfügen über ein breites Spektrum an Möglichkeiten, sich aktiv an der Energieproduktion zu beteiligen. 

Diese Optionen reichen weit über klassische Photovoltaikanlagen hinaus. Doch der Weg in die Energieautonomie ist nicht immer geradlinig. Welche Technologien stehen Gemeinden konkret zur Verfügung – und welche Hürden gilt es zu überwinden? Ein Überblick.

Sonnenstrom vom Dach: Photovoltaik & Solarthermie

Die Photovoltaik ist der unbestrittene Einstiegspunkt vieler Kommunen in die Energiegewinnung. Öffentliche Dächer sind prädestiniert für den Bau von PV-Anlagen – ob auf Schulen, Feuerwehrhäusern oder Gemeindebauten. Die Solarthermie wiederum eignet sich hervorragend für die Versorgung mit Warm­wasser oder zur Unterstützung von Nahwärmesystemen.

Vorteil: hohe Akzeptanz, einfache Technik, niedrige Einstiegshürde
Herausforderung: statische und technische Eignung vieler Altbauten, Bürokratie bei Einspeisung

Windkraft mit Weitblick

Für windstarke Regionen wie das nördliche Niederösterreich oder das Mittelburgenland sind Windräder eine wirtschaftlich attraktive Option. Gemeinden können sich an Windparks beteiligen, sie über kommunale Energieunternehmen selbst betreiben oder gemeinsam mit Bürger:innen Genossenschaftsmodelle aufbauen.

Vorteil: hohe Energieausbeute, gemeinschaftliche Umsetzbarkeit
Herausforderung: Anrainerakzeptanz, Genehmigungsdauer, Naturschutzprüfungen

Wärmenetze aus Wald & Wiese: Biomasse & Biogas

Gerade in ländlichen Regionen mit starkem Forst- oder Agrarsektor bietet Biomasse großes Potenzial. Viele Gemeinden betreiben bereits Hackschnitzel-Nahwärmeanlagen. Biogasprojekte eignen sich für größere Kreislauf­regionen, insbesondere in Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft.

Vorteil: CO₂-neutral, hohe regionale Wertschöpfung
Herausforderung: Preisschwankungen bei Brennstoffen, Lagerflächen, Nachhaltigkeits­kriterien

Kleinwasserkraft: Energie aus dem Heimat­bach

Wo es natürliche Fließgewässer gibt, können Kleinwasserkraftwerke eine konstante Grundlast erzeugen. Besonders spannend ist die Reaktivierung historischer Anlagen – technisch modernisiert, ökologisch verträglich. Auch Trinkwasserkraftwerke entlang von Hochquellleitungen finden neue Beachtung.

Vorteil: stabile Stromproduktion, hohe Lebensdauer
Herausforderung: wasserrechtliche Genehmigungen, Restwassermengen, ökologische Begleitmaßnahmen

Geothermie & Abwärme: Unsichtbare Energiequellen

Oberflächennahe Geothermie eignet sich hervorragend für Neubaugebiete oder sanierte Quartiere. Abwärmenutzung – etwa von Supermärkten, Kläranlagen oder Gewerbebetrieben – bietet zusätzliches Potenzial für kommunale Wärmenetze.

Vorteil: grundlastfähig, meist emissionsfrei
Herausforderung: hohe Anfangsinvestitionen, komplexe Machbarkeitsanalysen

Speicher & Kopplung: Energie denken in Kreisläufen

Batteriespeicher sind ein wichtiger Baustein zur Stabilisierung der Netze und zur Eigenverbrauchsoptimierung. Pilotprojekte in OÖ oder der Steiermark zeigen, dass auch Wasserstoff als Speicher in Gemeinden erprobt wird – mit großen Chancen für Saisonalität.

Vorteil: Netzunabhängigkeit, Steuerungssicherheit
Herausforderung: hohe Anschaffungskosten, Technologieoffenheit, fehlende Standards

Eines zeigt sich klar: Das „Kraftwerk Gemeinde“ ist längst mehr als ein Schlagwort

Es ist gelebte Praxis – von Energiegemeinschaften über Speichertechnik bis hin zu digitalem Management und KI-gestützter Steuerung. Mit gezielten Förderungen und wachsendem Mut zur Innovation entwickeln sich Österreichs Gemeinden zu autonomen Kraftwerken – lokal, resilient und zukunftsfähig. 

  Was Gemeinden bei der Umsetzung beachten müssen

Rechtliche Grundlagen – Was Gemeinden beachten müssen

Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) → bildet seit 2021 die gesetzliche Basis für die Gründung von Energiegemeinschaften, Einspeisung von PV-Strom und Förderung neuer Technologien

Elektrizitätswirtschafts- und -organi­sationsgesetz (ElWOG) → regelt Netzanschluss, Einspeisebedingungen, Netzentgelte – für jede PV-Anlage oder Windkraftbeteiligung relevant

Wasserrechtsgesetz (WRG) → zentral für Kleinwasserkraftprojekte: Mindestrestwasser, Gewässerökologie und Hochwasserschutz beachten!

Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVP-G) → ab bestimmten Projektgrößen verpflichtend (z. B. Windparks, Großbiomasse) – mit langen Verfahrenszeiten

Baurecht & Raumplanung → Widmungen, Bauordnungen und Flächenwidmungspläne müssen angepasst werden, insbesondere bei Solarparks oder Windkraft

Förderrecht & Vergaberichtlinien → Bundes- und Landesförderungen unterliegen strengen Kriterien (z. B. kommunale Transparenzpflicht, Kofinanzierungsquoten)

Schlagwörter