Beschädigtes Wasserrohr
Ein längere Zeit nicht entdeckter Wasserschaden in einem Wohnhaus kann nicht nur große Zerstörung anrichten, sondern auch zu enorm hohen Abgaben führen.

Wie ein Wasserschaden verrechnet wird

Wenn Freizeitwohnsitze den Winter über nicht benutzt werden, kann es passieren, dass man im Frühjahr eine unliebsame Entdeckung machen muss. Nämlich dann, wenn ein Wasserrohrbruch einen Schaden verursacht hat. Neben dem eventuellen Schaden im Haus oder am Gebäude, kommt dann vielleicht eine hohe Wasserrechnung von der Gemeinde, wenn der Wasserrohrbruch nach dem Wasserzähler geschehen ist.

Vielleicht wollte man das Haus auch im Winter nutzen oder doch alle paar Wochen vorbeischauen oder man hat darauf vertraut, dass die Winter ja nicht mehr so kalt sind und hat die Wasserversorgung nicht abgesperrt und alle Leitungen entleert. Eine Fahrlässigkeit, die einen teuer zu stehen kommen kann.

Versicherungen decken, wenn überhaupt, nur den Sachschaden am und im Gebäude, aber nicht die Wassergebühr für das bezogene Wasser.

In den meisten Versicherungsverträgen wird vermerkt, dass man bei längerer Abwesenheit – und das sind Zeiträume ab einer Woche, also auch bei Urlaub im Sommer – die Wasserversorgung stilllegen muss. Ansonsten wird die Versicherung leistungsfrei. Und wenn dass Wasser bei einem Rohrbruch über längere Zeit austritt, können große Mengen an verbrauchtem Wasser zusammenkommen. 

Verbrauch wird festgestellt oder geschätzt

Die Berechnung hat nach dem NÖ Wasserleitungsgesetz zu erfolgen. Neben der Bereitstellungsgebühr deren Höhe sich nach der Wasserabgabenordnung der Gemeinde richtet, ist eine Wasserbezugsgebühr zu entrichten, deren Höhe sich nach dem gemessenen Wasserverbrauch und der Höhe pro Kubikmeter Wasser richtet.

Ist der Wasserzähler nicht selbst beschädigt, gilt grundsätzlich der angezeigte Verbrauch im Ablesezeitraum. Natürlich könnte auch der Wasserzähler defekt sein, aber das ist bei einem ordnungsgemäß geeichten Gerät eher unwahrscheinlich.

Ist der Wasserzähler beschädigt, weil aufgefroren, ist ein Schätzverfahren durchzuführen um den wahrscheinlichen Verbrauch zu ermitteln. Der festgestellte oder im Schätzverfahren ermittelte Wasserverbrauch ist dann der Vorschreibung zu Grunde zu legen. Hier hat der Bürgermeister als Abgabenbehörde wenig Spielraum. 

Verrechnung nach einem Wasserrohrbruch

Für das Folgejahr sind Teilzahlungsbeträge basierend auf dem Vorjahresverbrauch festzusetzen und am Ende eine Verrechnung mit dem tatsächlichen Verbrauch vorzunehmen. Es erscheint aber widersinnig, wenn durch ein außergewöhnliches Ereignis wie einem Wasserrohrbruch, dieselbe Menge auch für das Folgejahr festgesetzt wird. Vielmehr wäre hier der in den Vorjahren durchschnittliche Verbrauch als Basis für die Teilbeträge heranzuziehen, auch wenn das so nicht im Gesetz steht.

Für die Betroffenen jedenfalls ein großer Schaden und mitunter eine hohe Gebührenvorschreibung. Wie kann man dieser entgehen? Nun das Abgabenrecht kennt die Möglichkeit einer Nachsicht von fälligen Abgabenschuldien. 

Das Nachsichtsverfahren

§ 236. Der Bundesabgabenordnung sieht vor, dass fällige Abgabenschuldigkeiten auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden können, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre. Aus der Judikatur der Höchstgerichte ergeben sich einige Leitsätze die für dieses Verfahren Geltung haben.

Das Nachsichtsverfahren ist von der Gemeinde/ dem Bürgermeister als Abgabenbehörde erster Instanz (wenn bestimmte Wertgrenzen nicht überschritten werden) durchzuführendes hoheitliches Verfahren. Es ist ein Antragsbedürftiges Verfahren, d. h. der Antragsteller, muss einwandfrei und unter Ausschluss jeglichen Zweifels das Vorliegen aller jener Umstände dartun, auf die der Nachlass gestützt werden kann (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 28. April 2009, 2006/13/0189, mwN). Im Nachsichtverfahren trifft den Antragsteller somit eine erhöhte Mitwirkungspflicht. Geschäftszahl 2010/16/0219, vom 19.06.2013 

Die Abgabennachsicht ist nicht das geeignete Mittel, um möglichen, aber unterbliebenen Einwänden gegen Sachbescheide zum Durchbruch zu verhelfen (Geschäftszahl 2002/15/0002 vom 29.1.2004).

Eine Abgabennachsicht gemäß § 236 BAO setzt die Unbilligkeit der Abgabeneinhebung voraus; eine solche kann grundsätzlich nicht damit begründet werden, dass die Abgabenfestsetzung zu Unrecht erfolgt ist. Vielmehr muss die behauptete Unbilligkeit in Umständen liegen, die die Entrichtung der Abgabe selbst betreffen. Im Nachsichtsverfahren können daher nicht Einwände nachgeholt werden, die im Festsetzungsverfahren geltend zu machen gewesen wären (Geschäftszahl 003/13/0062 vom 24.1.2007).

Im Falle eines Ansuchens um Nachsicht hat die Abgabenbehörde zuerst zu prüfen, ob ein Sachverhalt vorliegt, der dem unbestimmten Gesetzesbegriff „Einhebung nach der Lage des Falles unbillig“ entspricht.

Verneint sie diese Frage, so ist für eine Ermessensentscheidung kein Raum mehr, demnach ist der Antrag abzuweisen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 2013, 2013/15/0173, mwN).

Bejaht sie dagegen eine Unbilligkeit, so erfließt daraus ebenso wenig bereits zwingend eine Abgabennachsicht, denn dies falls hat die Abgabenbehörde im Rahmen einer umfassenden Ermessensabwägung erst zu prüfen, ob die besonderen Umstände des Einzelfalls so schwer wiegen, dass dem Abgabepflichtigen im konkreten Fall der Nachsichtsweg - und gegebenenfalls in welchem Umfang (Vertrauensschaden) – offensteht (Geschäftszahl 2011/15/0050 vom 26.6.2014).

Nicht verwaltungsökonomische Erwägungen, sondern besondere rechtliche oder wirtschaftliche Gegebenheiten auf der Seite des Abgabepflichtigen sollen maßgebend dafür sein, Härten, zu denen auch Existenzgefährdungen zählen, im Einzelfall zu vermeiden (Geschäftszahl 94/13/0044 vom 15.09.1999).

Vermögensverlust als Grund für Nachsicht?

Ein Vermögensverlust für sich allein stellt keinen Grund für eine Abgabennachsicht dar. Dabei ist es unerheblich, ob der Verlust durch einen Schicksalsschlag oder durch (grobes) menschliches Fehlverhalten herbeigeführt wurde und ob mit ihm gerechnet werden konnte, oder ob er völlig unerwartet eingetreten ist.

Eine Abgabennachsicht dient nämlich nicht dazu, einen außersteuerlich erlittenen wirtschaftlichen Nachteil ganz oder teilweise auszugleichen. Nur dann, wenn sich durch die Vermögenseinbuße oder durch andere Ereignisse die wirtschaftlichen Verhältnisse eines Abgabepflichtigen derart verschlechtern, dass ihm die Entrichtung von Abgaben nicht mehr zugemutet werden kann, liegen Gründe vor, die die Abgabeneinhebung aus persönlichen Gründen als unbillig erscheinen lassen können (Geschäftszahl 92/13/0125 vom 10.5.1995).

Was versteht man unter „Billigkeit“?

Dem Gesetzesbegriff „Billigkeit“ ist die Bedeutung von „Angemessenheit in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei“, und den Begriff „Zweckmäßigkeit“ die Bedeutung „öffentliches Interesse, insbesondere an der Einbringung der Abgaben“ beizumessen (Hinweis E 16.10.1985, 83/17/0159).

Bei Abwägung dieser Interessen ist nicht nur darauf Bedacht zu nehmen, welchem Interesse im Einzelfall an sich Priorität einzuräumen wäre, sondern es muss die Ermessensentscheidung auch tatsächlich geeignet sein, jenen Effekt herbeizuführen, der dem als vorrangig erkannten Interesse entspricht, d. h dass eine drohende Existenzgefährdung nur dann eine Nachsicht nach § 236 Abs 1 BAO rechtfertigt, wenn die wirtschaftliche Existenz gerade durch die Einbringung der betreffenden Abgaben gefährdet ist und mit einer Abgabennachsicht die Existenzgefährdung abgewendet werden könnte (Hinweis E 21.12.1989, 89/14/0196) (Geschäftszahl 3/17/0084 vom 17.11.1993).

Wasserzähler
Wer steigt schon wöchentlich in einen Wasserschacht, um den Zählerstand zu kontrollieren, wenn keine Anzeichen für einen Schaden vorliegen?

Ermessensübung ist im Bescheid zu begründen

Zusammengefasst bedeutet dies, dass die Abgabenordnung Möglichkeiten sieht, fällige – auch schon entrichtete – Abgabenschulden zu erlassen. Dabei handelt es sich um ein antragsbedürftiges Verfahren, das mit Bescheid zu erledigen ist. Der Abgabenschuldner hat in seinem Antrag darzulegen, welche Gründe die Entrichtung der Abgabe als unbillig erscheinen lassen. Erst wenn die die Unbilligkeit vorliegt kommt es zur Ermessensentscheidung. Auch die Ermessensübung ist im Bescheid  zu begründen. Dabei darf keine Willkür geübt werden. Der Bescheid ist mit Rechtsmittel bekämpfbar. 

Bei hohen Wassergebühren in Folge eines Wasserrohrbruches wird bei der Ermessensübung sicher eine Rolle spielen, ob die Gemeinde das Wasser aus einer eigenen Quelle bezieht, oder das Wasser selbst von einem überregionalen Versorger kaufen musste.

  • Kann dem Abgabenschuldner ein Vorwurf gemacht werden, dass er es verabsäumt hat seine Liegenschaft zu kontrollieren?
  • War der Wasserschaden überhaupt feststellbar oder ist er erst bei der Ablesung des Wasserzählers durch den hohen Verbrauch bemerkt worden? Denn wer steigt schon wöchentlich in einen Wasserschacht, um den Zählerstand zu kontrollieren, wenn keine Anzeichen für einen Schaden vorliegen?

Um derartige Situationen zu vermeiden, ist es jedenfalls besser, vor dem Winter das Haus winterdicht zu machen und sämtliche Leitungen zu entleeren, damit man im Frühjahr vor unliebsamen Erfahrungen gefeit ist.