Zeichnung von dicht gedrängten Menschen in der Bahn
In der Bahn kann es oft eng werden.
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Wie die Bahn Pendler vergrault

„Nerven sparen, Bahn fahren“, hieß es einmal. Es hat schon einen Grund, warum man diesen Slogan nicht mehr verwendet. Die Züge sind überfüllt, und ohne Reservierung muss man aussteigen.

Wien-Meidling, Donnerstag, 18. Oktober 2018, 8.02 Uhr. Der ÖBB-Zug Richtung Bregenz ist rammelvoll, einen Sitzplatz zu bekommen, ist unmöglich. Die Fahrgäste sind verärgert. Der Ärger nimmt aber noch zu, als durchgesagt wird, dass alle, die keinen Sitzplatz oder eine Reservierung haben, aussteigen und auf den nächsten Zug warten sollen. Das Argument: sicherheitstechnische Vorschriften. Niemand rührt sich. Kein Wunder – Pendler müssen zur Arbeit, andere Passagiere haben wichtige Termine einzuhalten.

Der Schaffner versucht mit einer Mischung aus Verzweiflung und Aggression Leute zum Verlassen der Waggons zu bewegen. Nachdem weder gutes Zureden noch Drohungen („Woins zur Orbeit oder ned?“) großen Erfolg zeigen, versucht man es mit einem Angebot wie einst bei Joki Kirschners Ladlspiel: ein 25 Euro-Gutschein für jeden, der den Zug verlässt.

Mit 20 Minuten Verspätung setzt sich die Garnitur dann doch einmal in Bewegung.

Keine Sicherheitsbedenken im Regionalexpress

An der nächsten Station, Tullnerfeld, das gleiche Spiel: Die Passagiere ohne Sitzplatz werden aufgefordert, den Zug zu verlassen. Wer nach St. Pölten will, soll in den kurz danach abfahrenden Regionalexpress umsteigen. Der ist zwar auch überfüllt und man muss stehen, hier gibt es aber plötzlich keine Sicherheitsbedenken, die eine Weiterfahrt unmöglich machen würden.

Tägliches Desaster

In der Zwischenzeit wird in den weiteren Haltestellen an der Strecke durchgegeben, dass die Verzögerung aufgrund eines technischen Gebrechens zustande gekommen ist. Eine glatte Unwahrheit, die Verspätung kam aufgrund des Logistik-Desasters der ÖBB zustande, weil man dort nicht willens oder in der Lage ist, auf die Nachfrage zu reagieren.

Das Desaster ist keine Ausnahme – die morgendlichen Züge von Wien Richtung Westen sind jeden Tag überfüllt. Wer nach St. Pölten pendelt und in Meidling oder Tullnerfeld einsteigt, muss stehen.

Wozu Lockangebote?

Gleichzeitig wirbt die ÖBB mit Lockangeboten wie z. B. „um 29 Euro nach München“. Warum man solche Dumpingangebote macht, wenn man es nicht einmal schafft, Pendlern, die mit teuren Monatskarten das Unternehmen finanzieren, eine vernünftige Zugverbindung zu bieten, ist ein Rätsel.