
Johannes Pressl: „Wir in den Gemeinden wissen, dass ohne Straßen, Wasserleitungen, Glasfaseranbindungen, Gasanschlüsse oder Hochspannungsleitungen nichts geht.“
© Jürg Christandl
Warum die Gemeinden jetzt gehört werden müssen
Diesmal geht’s mit dem abstrakten Thema Infrastruktur los – und dazu haben wir am 20.2. zu einer „Großinfrastruktur-Konferenz“ geladen. Denn wir wissen in den Gemeinden, dass ohne Straßen, Wasserleitungen, Glasfaseranbindungen, Gasanschlüsse oder Hochspannungsleitungen „nichts geht“. Und es ist klar, dass genau jene Faktoren die „Standortqualität“ in Österreich ausmachen. Allerdings ist damit rasch Schluss, wenn sie den Menschen zu nahe rücken.
Wir wissen aus der täglichen Gemeindepraxis ja auch, was passiert, wenn ein Umspannwerk gebaut werden soll, wenn ein Windrad aufgestellt wird oder wenn eine Biogasanlage in Betrieb geht. Die Dinge sind nur so lange gut und richtig für die Menschen, solange sie nicht in ihrer Nachbarschaft stehen. „Not in my backyard“, heißt’s dann von den meisten. Mit Standortbeauftragten, Verfahrensexpressen und Beschleunigungsgesetzen hat die Politik darauf reagiert. Letztlich alles relativ „zahnlose Tiger“, wenn man nicht frühzeitig berücksichtigt, dass es oft nur um zwei Dinge geht: „Emotion“ und „Nutzen“.
Praxis-Positionspapier zur Infrastruktur in Planung
Und das haben einige Bürgermeisterkollegen am 20.2. aus der Praxis heraus eindrucksvoll geschildert. Denn infolge von Projektabstimmungen und Bürgerprotesten ist es bei einigen Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern bis zum Wahlverlust gekommen.
Gemeinsam mit den großen Stromnetz-, Gasnetz-, Kommunikationsnetz-, Kraftwerks- und sonstigen Infrastrukturbetreibern verfassen wir jetzt aus der Diskussion heraus ein „Praxis-Positionspapier“. Das Ziel dabei: sinnvolle und notwendige Infrastrukturen rasch umsetzen zu können, dabei aber die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister nicht zu „opfern“ und letztlich den Menschen einen Nutzen aus den Projekten zukommen zu lassen. Das wird schließlich auch neue Prinzipien und Rechtsgrundlagen brauchen:
- einen klaren übergeordneten politischen Willen für Projekte,
- einen Vorrang für Energie- und Versorgungssicherheit vor anderen Interessen und
- die rechtlich einwandfreie Zulässigkeit von Ersatzzahlungen.
Wichtig, aber zum Vorausgegangenen wohl nur eine Randnotiz, ist eine Parallelinitiative zur Entwicklung eines österreichweit einheitlichen Tiefbauatlas für Infrastrukturen. Das Fernziel der von der RTR auf unser Drängen hin aufgenommenen Gespräche ist, dass zukünftig auf einer einheitliche Geodatenplattform alle Leitungseinbauten sichtbar sein sollen. Für Grabarbeiten kann das eine einheitliche Abfrage bringen. Für Störfälle zukünftig eine rasche und einheitliche Behebung. Bis es so weit ist, wird’s aber noch dauern – möglicherweise Jahre!
Sicherung der Nahversorgung
Ähnlich wie bei der Infrastruktur soll das nächste Positionspapier des Gemeindebundes die Sicherung der Nahversorgung im ländlichen Raum zum Thema haben.
Für Mai ist dazu ein weiteres Expertengespräch geplant. Unser großes Ziel dabei ist, für digital betriebene gewerbliche Märkte die Ladenöffnungszeiten auch in die Nachtstunden und die Wochenenden zu erweitern. Das aber unter Bedingungen, dass zum Beispiel „Abstände“ zu Supermärkten gelten müssen, dass Ortskerne damit belebt werden müssen oder dass ausschließlich digital (also personalfrei) betriebene Märkte von dieser Regelung umfasst sein sollen.
Wenn ich ein „Visionsbild“ zeichnen müsste, dann soll die Initiative den „digitalen Tankstellenshop ohne Tankstelle im Ortskern“ zukünftig einfach ermöglichen. In jedem Fall geht’s um Handelsmodelle, die auch in der Peripherie, am weiten Land oder dort, wo es sich bislang einfach nicht mehr rechnet, wirtschaftlich sind und somit Versorgungssicherheit gewährleisten.
Bei den Bankomaten haben wir die Versorgungsdichte abgesichert: Das Gemeindebund- und Bankenverbands-„Moratorium“ vom vergangenen Juni „hält“ weitestgehend und auch die vereinbarten 100 bis 120 weiteren Standorte in den unterversorgten Bereichen werden jetzt durch die ÖNB realisiert. Die Gemeinden, die dafür in Frage kommen, werden bereits informiert. Wir nehmen aber auch gerne Meldungen aus den Gemeinden über unterversorgte Bereiche auf und geben diese an die Nationalbank weiter.
Europa
Der europäische Austausch ist mir wichtig. Insofern habe ich die Einladung zum Rumänischen Gemeindetag am 25.2.2025 in Bukarest gerne angenommen. Unserer Forderung nach einem eigenen EU-Kommissar für die Gemeinden, einer Deregulierung in Europa und einfacheren Wettbewerbsregeln habe ich auch dort Ausdruck verliehen.
Im Mittelpunkt stand bei der Tagung aber vor allem die Gemeindeautonomie als Basis für unsere europäischen Staaten. Nur mit dem Bündeln unserer Kräfte werden wir europaweit dem Aushöhlen der Eigenständigkeit der Gemeinden entgegenwirken und die Interessen der kommunalen Ebene verstärkt einbringen können.
Versicherungslösung für Katastrophenfälle
Die Nachwirkungen der Unwetter- und Hochwasserkatastrophen vom Sommer und September 2024 beschäftigen immer noch zahlreiche Gemeinden. Unsummen haben die Schadenswiedergutmachungen gekostet. Sehr oft werden wir uns derartige Ereignisse aber angesichts der hohen Kosten nicht mehr leisten können. Wir setzen uns daher seitens der Gemeinden für eine solidarische Versicherungslösung – ähnlich der Feuerversicherung – auch für Katastrophen ein. Der Versicherungsverband hat dazu ein sehr gutes Modell – ähnlich wie es das in Belgien bereits gibt – vorgelegt.
Mit dem Bundesfeuerwehrverband hat es vor wenigen Wochen eine Austauschrunde gegeben. Den dringenden Wunsch nach Standardisierung von Einsatzfahrzeugen und Feuerwehrhäusern haben wir dort vorgebracht. Kostenvergleiche aus Niederösterreich zeigen, dass bei gewissen Fahrzeugmodellen zwischen Serienfertigung und Individualfertigung rund ein Drittel der Anschaffungskosten einsparbar ist. Das ist angesichts hoher Einzelstückkosten bei Individualfertigung auch gut nachvollziehbar. Die Diskussion darüber geht nun in den Landesfeuerwehrverbänden weiter.
Gespräche zum Thema Hausapotheken
Hausapotheken werden von Landärzten immer wieder gefordert, wenn es darum geht, ob sich eine Arztpraxis rechnet oder nicht. Und weil es NICHT Aufgabe der Gemeinden ist, den niedergelassenen Gesundheitsversorgungsbereich zu finanzieren – also Arztpraxen zu bauen, Mietkosten zu übernehmen oder sogar Patientendatenbanken „abzukaufen“ –, haben wir genau diese Themen mit den Geschäftsführern von Ärztekammer und Apothekerkammer kürzlich diskutiert.
Es war zunächst ein konstruktives Abtasten der Positionen. Und auch Fragen der Nacht- und Wochenenddienste, die PVZ-Entwicklung und die Zusammenarbeit zwischen niedergelassenen Ärzten und dem Spitalsbereich haben wir ausführlich beleuchtet. Eine weitere Runde soll nun folgen und auch daraus soll ein – vielleicht sogar auf weite Strecken gemeinsames – Positionspapier entstehen.
Schwerpunkt Demografie bei den Kommunalen Sommergesprächen
Die kommunalen Sommergespräche 2025 werden sich diesmal mit der Demografie beschäftigen, das ist jetzt fix. „Wie der demografische Wandel Gemeinden und Infrastruktur verändert“, wird’s von 28. bis 29. August in Bad Aussee heißen. Und damit sprechen wir erstmals aktiv das Thema „Schrumpfung“ von Orten an und wir reden auch über die Anforderungen an die Gesundheitsversorgung in Orten, die im Durchschnitt immer älter werden und wo die Anforderungen an die Altersmedizin immer höher werden. Verbunden sind die kommunalen Sommergespräche auch heuer wieder mit einem eigenen vorgelagerten Bürgermeistertag. Eine Anmeldung ist in Kürze möglich.
Digitalisierung vorantreiben
In unseren Bemühungen zur digitalen Weiterentwicklung der Gemeinden sind wir in den letzten Wochen auch einen kleinen Schritt weitergekommen. Mit dem Städtebund gibt es mittlerweile auch dazu eine gute Achse, die wir in zwei Gesprächsrunden auf- und weitergebaut haben.
Wir sind uns demnach einig, dass die Themen Datenstrategie und Digitalstrategie gemeinsam vorangetrieben werden müssen und auch die Eckpunkte dieser Strategien haben wir abgesteckt. Jetzt wird’s dann die nächsten Gespräche mit Vertretern einer neuen Bundesregierung geben müssen. Schließlich kann eine Digital- und Datenstrategie der Gemeinden nur im gut abgestimmten „Konzert“ mit Ländern und dem Bund zum „Klingen“ gebracht werden.
Konkrete digitale Werkzeuge haben wir in jedem Fall schon zum Thema „Demokratische Mitbestimmung“ mit dem Städtebund diskutiert. Bei der „Safe Democracy Convention“ vor wenigen Wochen im Wiener Rathaus habe ich dort auch das Thema E-Voting besonders eingebracht. Spannend, dass zwar alle die Problemstellungen bei der Briefwahl und beim jetzigen Wahlsystem ganz generell erkennen.
Interessant auch, dass die Erfolgsbeispiele von Estland bis in alle Teile der demokratischen Welt anerkannt werden. Aber fast schon typisch österreichisch, dass wir so sehr am Bisherigen festhalten, dass wir uns im Moment nicht einmal über Pilotprojekte und digitale Entwicklungen drübertrauen. Vielleicht höhlt „steter Tropfen“ auch die „digitalen Steine“ in so manchem Ministerium einer neuen Bundesregierung.
Auf die eigene Gesundheit achten
Persönlich reden wir als Gemeindemandatare nicht sehr viel darüber, wenn’s uns psychisch und gesundheitlich schlecht geht oder wir auch in individuellen Krisensituationen stecken. Aber auch das ist leider allzu oft Realität.
Die Bürgermeisterinnen- und Bürgermeisterseminare des „Fonds Gesundes Österreich“ reagieren schon seit Jahren darauf und zu deren Besuch kann ich nur motivieren. Darüber hinaus gibt es aber auch „Akutsituationen“, die einer Begleitung bedürfen. In diese Richtung führen wir aktuell auch gerade Gespräche, um ein Angebot zu schaffen. Ich hoffe, darüber in einer der nächsten Ausgaben auch positive Ergebnisse berichten zu können, bin aber schon jetzt für Hinweise auf gute Erfahrungen mit Personen, Begleitern oder bestehenden Beratungs- und Begleitungsangebote sehr dankbar.
Forderung nach kostendämpfenden Maßnahmen
Abschließend noch zur Bundesregierung: Die Finanzen der Gemeinden werden unser erstes zentrales Thema mit dem neuen Finanzminister sein.
Mehr Geld ist in der aktuellen und noch bevorstehenden Situation dringend notwendig! Sollte aber der Sparstift „regieren“, dann ist der Bundesregierung schon jetzt geraten, diesen Sparstift gerecht bei allen anzusetzen. Und wir fordern dann auch „Kosten dämpfende Maßnahmen“ ein. Beispielsweise mit sozial gut gestaffelten Selbstbehalten bei Kinderbetreuung, im Rettungswesen, bei Ambulanzbesuchen oder in der Pflege und Betreuung könnten auch die Aufwendungen für die Gemeinden gemildert werden. Die Einführung von Beiträgen zur Nachmittagsbetreuung in Oberösterreich vor einigen Jahren hat beispielsweise den Bedarf dafür drastisch sinken lassen.
Aber man soll weder den Tag vor dem Abend loben noch das Kind mit dem Bade ausschütten. Wir werden seitens des Österreichischen Gemeindebundes und im engen Schulterschluss mit den Länder-Gemeindebünden, wenn’s eine neue handlungs- und entscheidungsfähige Regierung gibt, mit unseren Forderungen, aber auch mit unseren Angeboten zur Zusammenarbeit an Ort und Stelle sein, um Österreich effizienter zu machen.