Thomas Schäfauer
„Alleine geht nichts, es geht nur gemeinsam.“ Thomas Schäfauer über politisches Arbeiten in der Gemeinde.
© Gemeinde Seeboden

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Vom Spitzensport zur Gemeindespitze

Thomas Schäfauer war als Skibob-Profi zu den Glanzzeiten der Sportart ein Aushängeschild Österreichs. Der familieneigene Malerei-Betrieb reichte ihm womöglich nicht, denn in Seeboden färbte er mit seiner Wahl auch das Bürgermeisteramt neu ein.

Thomas Schäfauer ist vieles gewesen, bevor er das Bürgermeisteramt übernahm: Spitzensportler, Unternehmer, Familienmensch. Heute verbindet er diese Erfahrungen mit einem klaren Blick auf das, was in Seeboden möglich ist – und was nicht. 

Thomas Schäfauer
Thomas Schäfauer ist es sehr wichtig, die Marktgemeinde Seeboden durch eine neue Corporate Identity anzutreiben, um die Wirtschaft zu stärken und die Regionalen Betreiber zu unterstützen. 

Der Malerbetrieb seiner Familie, 1956 vom Großvater gegründet, war Jahrzehnte sein beruflicher Mittelpunkt. Er erinnert sich daran, wie er nach seiner Wahl 2021 noch zwei Jahre im Betrieb mithalf, bevor er ihn 2023 an seinen Sohn übergab. Dieser führt nun in vierter Generation weiter, was der Großvater einst aufbaute. Für Schäfauer ist der Betrieb ein Stück Heimatgeschichte – und eine Schule in unternehmerischer Vernunft. „Man lernt, was geht und was nicht geht. Das hilft mir auch in der Politik.“ Und er fügt augenzwinkernd hinzu: „Ein bisschen Sinn für Farben schadet auch im Amt nicht.“

Zweimal Junioren-Weltmeister

Seine zweite Schule war der Sport. Skibob  brachte ihn zu zwei Junioren-Weltmeistertiteln und mehreren Weltcupsiegen. Sport hat ihn geprägt, nicht nur körperlich, sondern auch im Denken. „Du brauchst Selbstvertrauen, Disziplin und Mut zu Neuem“, sagt er. Die Vereinsarbeit habe ihm gezeigt, wie wichtig Teamgeist sei. Vielleicht erklärt das auch, warum er in Seeboden über 80 Vereine mit sichtbarer Wertschätzung erwähnt. Sport, Kultur, Brauchtum – das alles zusammen sei ein soziales Fundament, das eine Gemeinde lebendig macht.

Der Weg in die Politik begann 2003 mit einer Einladung zur Kandidatur. Damals wollte die SPÖ jüngere Leute ins Boot holen. Er nahm an, arbeitete sich vom Ersatzgemeinderat zum Gemeinderat und 2011 in den Gemeindevorstand vor. Seine Themen waren von Anfang an Soziales, Wohnen und Jugend. 2021 dann die Bürgermeisterwahl – erst als Standortbestimmung gedacht, dann gewonnen. Er sieht sich nicht als Einzelkämpfer, sondern als Brückenbauer. „Parteipolitik hat in einer Gemeinde nichts verloren. Alleine geht nichts, es geht nur gemeinsam.“ Diese Haltung spiegelt sich darin, dass in Seeboden nahezu alle Beschlüsse einstimmig fallen.

Seeboden
 Die Marktgemeindne Seeboden erstreckt sich über eine Fläche von 44 km² am nordwestlichen Ufer des Millstätter Sees. FMarktgememinde Seeboden / Marcus Leitner

Zu den großen Projekten zählt für ihn die Weiterentwicklung des Seezentrums. Die bestehende Promenade soll verlängert werden, die Festwiese neu gestaltet, damit sie auch für kleinere Veranstaltungen taugt. Für Schäfauer ist klar, dass diese Pläne nicht auf Eis gelegt werden dürfen: „Wir bereiten vor, damit wir nicht wieder bei null anfangen müssen, wenn das Geld da ist.“ Seeboden hat mit dem Klauberpark, dem Blumenpark und dem Klingerpark mehrere öffentliche Seezugänge, was in Kärnten keine Selbstverständlichkeit ist. „Ich glaube, wir haben den größten öffentlichen Seezugang in Kärnten“, sagt er – und es klingt, als wolle er diesen Titel verteidigen.

Seeboden
Der Klingerpark ist einer von drei Parks der Marktgemeinde, die der Allgemeinheit allesamt freien Seezugang ermöglichen.

Tourismus bedeutet für Seeboden Segen und Pflicht zugleich. Vor einem Jahr führte die Gemeinde Parkgebühren auf vier großen Plätzen ein. Politisch wahrlich kein Selbstläufer, finanziell aber ein Muss. „Das ist ein wichtiger Meilenstein, auch wenn er nicht jedem gefällt“, erklärt er. Die Einnahmen fließen direkt in die Infrastruktur, und er macht klar: „Anders geht es nicht.“

Die Energiewende verfolgt Seeboden mit einer Mischung aus kommunalen Photovoltaikprojekten und privaten Initiativen. Die Gründung einer Energiegemeinschaft läuft, und zahlreiche Haushalte haben bereits umgestellt. Förderprogramme brachten zusätzliche Dynamik – bis der Bund das Modell stoppte. Schäfauer ärgert sich über diese Abhängigkeit: „Wir sollten selbst die finanzielle Kraft haben, Projekte umzusetzen.“ Deshalb ließ er eine externe Wirtschaftsprüfungsgesellschaft kommen, um Einsparpotenziale zu identifizieren. Die Umsetzung begleitet künftig ein Controller. Er weiß, dass diese Prozesse Reibung erzeugen, sieht sie aber als nötig: „Wir müssen mit dem Geld der Bürger so arbeiten, dass am Ende für alle etwas bleibt.“

Vom tragischen Vorfall zum kommunalen Großprojekt

Besonders ernst wird er, wenn es um Haftung geht. Zwei Unfälle auf Spielplätzen beschäftigen die Gemeinde seit Jahren. 2018 verletzte sich ein Mädchen schwer, in einem anderen Fall verlor ein Kind eine Fingerkuppe. 

„Das ist tragisch für die Familien, und auch eine Belastung für die Gemeinde“, sagt er. Regelmäßige Kontrollen seien Standard, trotzdem machte ein Urteil die Gemeinde haftbar. Die Konsequenz: ein Rundumschlag. In den letzten zwei Jahren wurden alle Spielplätze erneuert oder erweitert, mehr Motorikangebote geschaffen und Sicherheitsstandards angepasst. Möglich war das nur durch Zusammenarbeit mit dem Verein Purzelbaum, mit Sponsoren und Landesförderungen. Schäfauer will, dass diese Investitionen lange halten: „Es geht darum, sichere und spannende Räume für Kinder zu schaffen – und zwar so, dass sie Bestand haben.“

Er beschreibt detailliert, wie aus einem tragischen Vorfall ein kommunales Großprojekt wurde. Die Gemeinde ließ nicht nur Geräte austauschen, sondern plante die Plätze neu, vergrößerte Bewegungsflächen, integrierte inklusive Spielgeräte und achtete auf Materialien, die auch nach Jahren sicher bleiben. Dabei wurde jede Anlage gemeinsam mit Fachleuten überprüft – und die Erkenntnisse daraus flossen in ein einheitliches Wartungssystem. „Man kann nicht jede Schraube täglich kontrollieren, aber wir tun alles, um Risiken so gering wie möglich zu halten.“

„Die Grundversorgung muss stimmen“

Auch bei der Personalfrage kennt er die Baustellen. Juristinnen oder andere Schlüsselkräfte zu gewinnen, sei mit starren Gehaltsschemata schwer.

Erfolgreicher war die Gemeinde bei der Grundversorgung: Eine neue Kindertagesstätte für Ein- bis Dreijährige, eine zusätzliche Kindergartengruppe und die Umwidmung einer geplanten Tankstellenfläche zum Standort für ein Gesundheitszentrum. „Die Grundversorgung muss stimmen“, sagt er. Gerade in einer Gemeinde dieser Größe sei das zentral.

Logos von Seeboden
Die neue neue Corporate Identity (CI) von Seeboden umfasst Farben, Logos und ein einheitliches Design. 

Die Struktur Seebodens ist ein Kapitel für sich. Die Gemeinde besteht aus mehreren Ortschaften, die über 44 Quadratkilometer verteilt sind. Ein klar erkennbarer historischer Ortskern fehlt; stattdessen verbinden Straßen, Felder und Hanglagen eine Reihe von Ortsteilen. Mit der Gemeindefusion kam die Autobahn – sie teilt Seeboden heute in zwei große Bereiche. 

„Das hat Flächen zerstört, die wir als Wirtschafts- oder Wohngebiete gut hätten nutzen können“, sagt er. Diese Zäsur ist nicht nur geografisch, sondern auch mental spürbar: Bebauung, Infrastruktur und Alltagswege richten sich nach dieser unsichtbaren Grenze. Dazu kommen kleinere Ortsteile wie Treffling, Lieserhofen oder Kötzing, die jeweils eigene Identitäten pflegen. Für die Verwaltung bedeutet das: doppelte Wege, mehrfacher Aufwand, und zugleich die Aufgabe, ein Gemeinschaftsgefühl über alle Ortsteile hinweg zu stärken.

Ortsentwicklungskonzept soll Orientierung geben

Das neue Ortsentwicklungskonzept soll hier Orientierung geben. Besonders im Fokus: die Wasserversorgung. Bergquellen sichern die Qualität, aber Reserven müssen aufgebaut werden. Auch die Debatte um den Ausbau der Autobahn ist präsent – ein Dauerbrenner, der Bürger spaltet.

Was ihn bei alldem antreibt, ist nicht allein das Amt. Die Familie ist sein Rückhalt. „Meine Frau ist vielleicht sogar mein bester Freund“, sagt er. Über 40 Jahre sind die beiden verheiratet, und oft tritt sie bei Veranstaltungen an seiner Seite auf. Er denkt darüber nach, 2027 erneut zu kandidieren – falls Gesundheit und Lust mitspielen. Wer ihm zuhört, spürt, dass es ihm nicht um große Schlagworte geht, sondern darum, dass Seeboden ein Ort bleibt, „wo man gerne lebt und immer wieder gerne zurückkommt“. Dass er dabei aus Erfahrung spricht, merkt man sofort – ob aus der Werkstatt, vom Skibob oder aus dem Sitzungssaal.

Zur Person
Thomas Schäfauer

Alter: 60
Gemeinde: Seeboden am Millstätter See
Einwohnerzahl: 6.706 (1. Jänner 2025)
Bürgermeister seit: April 2021
Partei: SPÖ