Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl und Europaministerin Karoline Edtstadler
Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl und Europaministerin Karoline Edtstadler: „Unser Ziel ist es, in jeder Gemeinde einen EU-Gemeinderat zu installieren.“
© BKA/Andy Wenzel

Video-Chat mit mehr als 1000 EU-Gemeinderäten

In einer gemeinsamen Videokonferenz mit 1036 EU-Gemeinderäten und -rätinnen sowie Bürgermeister/innen aus ganz Österreich machten Edtstadler und Riedl eines ganz klar: „Entscheidungen, die in Brüssel gefällt und von den Bürgermeistern und EU-Gemeinderäten vor Ort nicht erklärt werden können, kommen bei den Menschen nicht an.“ Deswegen wollen die beiden die Initiative der EU-Gemeinderäte weiter ausbauen und Europa noch stärker in den Gemeinden verankern.

„Unser Ziel ist es, in jeder Gemeinde einen EU-Gemeinderat zu installieren“, so Edtstadler und Riedl unisono. Aktuell gibt es in den österreichischen Gemeinden rund 1.200 EU-Gemeinderätinnen und EU-Gemeinderäte. „Wir sind überzeugt, dass Europa noch mehr engagierte Bürger und Gemeindevertreter braucht, die sich für die gemeinsame Idee des gemeinsamen Europas einsetzen und starkmachen“, so Europaministerin Karoline Edtstadler. 

Gerade in der Krise hat sich verstärkt gezeigt, dass die Bürgermeister und Gemeinderäte die direkten Ansprechpartner, Multiplikatoren und Krisenmanager vor Ort sind. „Europäische Themen sind in der öffentlichen Wahrnehmung oft sehr weit weg von uns, doch in Wahrheit haben die Entscheidungen der Europäischen Union ganz unmittelbare Auswirkungen auf unser tägliches Leben in den Gemeinden. Damit das auch in den Köpfen der Bürgerinnen und Bürger in unseren Gemeinden ankommt, braucht es uns Bürgermeister, aber natürlich auch die EU- Gemeinderäte“, so  Riedl.

Auch die Gemeinden profitieren direkt von der Europäischen Union. Sei es über die verschiedenen Fördertöpfe oder etwa über die Initiative WiFi4EU, wodurch bereits 365 österreichische Gemeinden einen EU-Gutschein im Wert von 15.000 Euro erhalten haben, um frei zugängliches WLAN vor Ort bereitzustellen.

EU-Trinkwasserrichtlinie sichert Zugang zu Trinkwasser für alle

Außerdem wurde im Dezember letzten Jahres die neue EU-Trinkwasserrichtlinie beschlossen, wo sich der Österreichische Gemeindebund im Sinne der kleinen Wasserversorger intensiv und erfolgreich eingebracht hat. „Diese Richtlinie wurde nach 20 Jahren überarbeitet und an unsere heutigen Anforderungen angepasst. Das Kernelement der neuen EU-Trinkwasserrichtlinie ist: Sie sichert den Zugang zu Trinkwasser für alle EU-Bürgerinnen und EU-Bürger. Etliche solcher Beispiele zeigen die positiven Auswirkungen eines gemeinsamen Europas auf unser Leben. Ein großes Danke gilt allen EU-Gemeinderäten, die das tagtäglich in die österreichischen Gemeinden transportieren“, so Edtstadler und Riedl abschließend.



Fragen der Bürgermeister und Gemeinderäte zu Europa

  • Thomas Heissenberger, Bürgermeister Hochneukirchen-Gschaid: „Hat die EU den Impf-Kauf verschlafen?“ 

    Edtstadler: „Man kann mit der gemeinsamen Beschaffung der Corona-Impfstoffe sicher nicht zufrieden sein. Uns ist bewusst, dass es Schwierigkeiten gegeben hat – ABER wenn die Impfstoffbeschaffung national erfolgt wäre, wären die Probleme noch größer gewesen. Daher freue ich mich über den Erfolg der EU-27, dass der Zusammenhalt und die Entwicklung bzw. Zulassung von Impfstoffen so rasch erfolgt ist. Jetzt geht es darum, die Probleme so rasch wie möglich gemeinsam zu lösen.“ 
  • Leo Ramharter, Bürgermeister Pulkau: „Warum gibt es keine länderübergreifenden Maßnahmen im Kampf gegen Covid-19?“ 

    Edtstadler: „Gesundheit und Sicherheit haben für uns oberste Priorität. Dass Österreich anderen Ländern helfen konnte, zeigt, wie stark unser nationales Gesundheitssystem ist.“ 
  • Ingo Mayr, Bürgermeister Roppen: „Zuerst wird gesagt: Leute, die älter als 80 sind, müssen sich anmelden. Aber später gibt es keinen Impfstoff. Wo ist der Zeitplan?“ 

    Edtstadler: „Wir haben uns entschlossen, die Logistik in die Hände der Länder zu geben. D.h., die Länder sind auch für die Verteilung und Organisation der Impfungen verantwortlich.  Ich kann verstehen, dass Sie das beschäftigt, weil ich auch weiß, dass das die Bürgermeister als erste Ansprechpartner abbekommen. Ich werde aber versuchen, Sie so gut wie möglich zu unterstützen.“
  • Michaela Walla, Bürgermeisterin Warth: „Am Land sind in puncto Breitbandversorgung Verbesserungen notwendig. Wie soll es weitergehen?“ 

    Riedl: „Die Krise hat uns sehr deutlich gezeigt, dass es einen raschen und flächendeckenden Breitbandausbau braucht – heute mehr denn je. Wir sind bereits in Verhandlungen mit der Regierung für einen rascheren Ausbau. Aber auch im Zuge des europäischen Aufbauplans sehe ich Hoffnung: Ich freue mich, dass einer der Schwerpunkte für die Unterstützung der Breitbandversorgung in den ländlichen Regionen vorgesehen ist.“ 
  • Michael Stellwag, Europa-GR Natschbach-Loipersbach: „Wie ist Österreichs Position zu einem neuem EU-Asyl-Paket?“

    Edtstadler: „Wir brauchen ein gemeinsames europäisches Asyl-System. Es ist höchste Zeit. Wir haben nach wie vor hohe Asylzahlen. Und es ist Zeit, dass auch andere Staaten einen Anteil an der Asylsystematik leisten. Es  geht sich nicht aus, dass man eine Zwangsverteilung über Europa macht. WIR WOLLEN KEINE GRENZKONTROLLEN in einem freien Europa. Wir brauchen ein System, wo schnell an der Grenze gescreent wird. Das hat dann auch Auswirkungen, dass sich das herumspricht und somit Schlepper keine Geschäfte mehr machen können.“
  • Klaus Koller, Vizebürgermeister Murau: „Bis wann schaffen wir einen EU-weiten einheitlichen Impfpass?“

    Edtstadler: „Wir sind dran. Die Pandemie hat uns gezeigt, wie wichtig ein einheitlicher Impfplan ist. Im Moment möchte ich erreichen, dass wir ein EU-Zertifikat gegen die Pandemie koordinieren. Das hat derzeit Priorität.“
  • StR Lothar Pühringer, Grein: „Wie können wir in der Regionalpolitik dazu beitragen, dass die Bürger EU-Beiträge besser sehen?“ 

    Riedl: „Die guten Dinge zu transportieren, ist manchmal sehr schwierig. Wir sind aber auf einem guten Weg, Europa näher an die Bürger zu bringen. Man sollte aber generell mehr auf die lokalen Debatten in Europa hören, das wäre der nächste Schritt dorthin.“
  • Reinhard Prugger, Gemeinderat Ramsau/Dachstein: „Gibt es vom Gemeindebund Schritte, um dieser Debatte über illegale Zweitwohnsitzer Herr zu werden?“

    Riedl: „In einem offenen Europa müssen auch Zweitwohnsitzer einen Platz haben. Gegen illegale Zweitwohnsitzer haben wir regionale und lokale Rechtsnormen, die das verhindern. Gleichzeitig steuern wir mit Zweitwohnsitzabgaben oder Tourismusabgaben dagegen, um es weniger attraktiv zu machen. Grenzen aufzubauen in unseren Köpfen halte ich aber für falsch.“