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Ein besonderes Augenmerk ist aus vergaberechtlicher Sicht auch auf die Beurteilung der Frage des Vorliegens eines potenziellen grenzüberschreitenden Interesses bei Vergaben im Unterschwellenbereich zu legen.
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Vergabeverfahren im Zusammenhang mit Förderungen

9. Juni 2025
Gerade auf kommunaler Ebene ist die Gewährung von Fördermitteln für die Umsetzung von gewissen Projekten oft ausschlaggebend. Wird ein Projekt durch Fördergelder unterstützt, ist die Einhaltung der anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen sowie der jeweiligen Förderrichtlinien des Fördergebers unerlässlich.

Eine zentrale Rolle nimmt dabei das Vergaberecht ein. Ist im Zuge des geförderten Projektes ein Vergabeverfahren durchzuführen, so ist die Einhaltung der anwendbaren Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes sowie der darin vorgesehenen Dokumentationspflichten zwingend erforderlich. Ein Verstoß gegen das Vergaberecht kann eine Finanzkorrektur von bis zu 100 Prozent zur Folge haben. 

Aspekte wie die korrekte Verfahrenswahl, die Einhaltung von Veröffentlichungs- und Transparenzpflichten oder auch die korrekte (technische) Spezifikation und Anwendung von Eignungs-, Auswahl- und Zuschlagskriterien sind zur Vermeidung von Finanzkorrekturen zwingend zu berücksichtigen. Besonders zu berücksichtigen ist darüber hinaus die ordnungsgemäße und stringente Dokumentation des Verfahrens sowie der wesentlichen vergaberechtlichen Entscheidungen. 

Überprüfung der Projektabwicklung in mehreren Stufen

Die Überprüfung der Projektabwicklung des öffentlichen Auftraggebers kann in mehreren Stufen erfolgen. Hierbei könnten einerseits auf Ebene der First Level Control Kosten als nicht förderwürdig anerkannt werden und somit ein Anrecht auf anteilige EU-Fördergelder abgesprochen werden, andererseits könnte es im Rahmen der Second Level Control zu einer (nachträglichen) Finanzkorrektur kommen. Als Maßstab gibt die Europäische Kommission Leitlinien für die Festsetzung von Finanzkorrekturen heraus, die bei Verstößen gegen die Vorschriften des Vergaberechts anzuwenden sind.

Ein Verstoß gegen die Vorgaben des Vergaberechts im Rahmen eines geförderten Projektes kann daher – neben sonstigen rechtlichen Folgen – signifikante Förderungskürzungen, eine vollständige Förderungsstreichung oder sogar Rückzahlungsverpflichtungen nach sich ziehen. 

Durch die Vielzahl an verschiedenen Förderprogrammen und den damit einhergehenden Förderrichtlinien bestehen zahlreiche unterschiedliche Regelungen. Es ist daher empfehlenswert, sich mit dem jeweiligen Förderprogramm frühzeitig auseinanderzusetzen und bereits in der Antragsphase eines Projektes mit der zuständigen Förderstelle in Kontakt zu treten.

Folgende Besonderheit ist in diesem Zusammenhang darüber hinaus zu beachten: 

Ein besonderes Augenmerk ist aus vergaberechtlicher Sicht auch auf die Beurteilung der Frage des Vorliegens eines potenziellen grenzüberschreitenden Interesses bei Vergaben im Unterschwellenbereich zu legen. Die Beurteilung des grenzüberschreitenden Interesses hat nach der (überaus spärlichen) Rechtsprechung und Literatur stets im Rahmen eines beweglichen Systems nach den Kriterien „Auftragsvolumen“, „Leistungsort“, „technische Merkmale und Besonderheiten des Auftrags“ sowie der „Marktstruktur“ zu erfolgen. Bei Bejahung des Vorliegens eines grenzüberschreitenden Interesses ist von einer Binnenmarktrelevanz des einzelnen Projektes auszugehen. 

Sofern ein potenzielles grenzüberschreitendes Interesse von Unternehmen am Vergabeverfahren besteht, existiert daher eine Verpflichtung zur (ex ante) Transparenz. Es ist daher im Vorhinein stets zu prüfen, ob nicht aufgrund der Umstände des Einzelfalles ein Vergabeverfahren ohne vorherige Transparenz unzulässig sein könnte. 

Auch hier gilt: Bei Nichtbeachtung können Fördergelder unter Umständen gekürzt werden.

Infos

Schramm Öhler Rechtsanwälte
Herrengasse 3-5, 3100 St. Pölten
E-Mail: kanzlei@schramm-oehler.at 
Tel.: 02742/222 95

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