Öffentliche Auftraggeber waren immer schon bedacht darauf, ökologisch, aber mit Verstand und ohne Zwang ihren Fuhrpark auf „Erneuerbare“ umzustellen.
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Fuhrpark

Straßenfahrzeugbeschaffung - drakonische Geldbußen bei Nichterfüllung

Ausgehend von einer EU-Richtlinie sind öffentliche Auftraggeber angehalten, bestimmte Fahrzeuge zu bestimmten Anteilen in bestimmten Zeiträumen zu beschaffen. Wer sich nicht daran hält, muss mit hohen Geldbußen rechnen.

Das Straßenfahrzeugbeschaffungsgesetz (kurz: „SFBG“) verpflichtet alle öffentlichen Auftraggeber, in fixierten Bezugszeiträumen bestimmte Mindestanteile von sogenannten „sauberen Straßenfahrzeugen“ bei der Beschaffung und beim Einsatz von Straßenfahrzeugen zu erreichen.

Die EU-Richtlinie und damit auch das SFBG sehen zwei Bezugszeiträume vor: 1. Bezugszeitraum: 03.08.2021 bis 31.12.2025 und 2. Bezugszeitraum: 01.01.2026 bis 31.12.2030.

Innerhalb des ersten Bezugszeitraums, der in wenigen Wochen endet, müssen 38,5 Prozent bei leichten Straßenfahrzeugen (Pkw), 10 Prozent bei schweren Straßenfahrzeugen (Lkw) und 45 Prozent bei schweren Straßenfahrzeugen (Busse) erreicht werden.

Wie diese - wohlgemerkt - gesamtstaatliche Quote erreicht wird, obliegt dem jeweiligen Mitgliedsstaat. Wenngleich die EU-Kommission auch andere Wege und Möglichkeiten aufgezeigt hat (etwa niedrigere Ziele oder überhaupt Ausnahmen für lokale Stellen), hat Österreich die Richtlinie in der Weise umgesetzt, dass eine gleichmäßige Verteilung der Quote auf alle betroffenen Auftraggeber über den Bezugszeitraum erfolgt. Die Quoten müssen daher, abgesehen von der Möglichkeit der Gründung von sogenannten Erfassungsgemeinschaften, von allen öffentlichen Auftraggebern in den Bezugszeiträumen erreicht werden. 

Hohe Geldbußen ohne Not

Das SFBG sieht bei Nichterreichung eines oder mehrerer der Mindestanteile die Verhängung einer Geldbuße über den Auftraggeber vor. Sollte die von jedem einzelnen Auftraggeber zu erfüllende Quote nicht eingehalten werden, so droht dem betreffenden Auftraggeber in der Fahrzeugkategorie PKW eine Geldbuße in Höhe von bis zu 25.000 Euro pro nicht beschafften sauberen Fahrzeug, in der Fahrzeugkategorie LKW bis zu 125.000 Euro und in der Kategorie Busse bis zu 225.000 Euro.

Die Erläuterungen zu den Geldbußbestimmungen (§ 9 SFBG) führen dazu aus, dass in jeder Kategorie die Quote zu erfüllen ist und bereits dann über den Auftraggeber eine Geldbuße zu verhängen ist, wenn er nur einen Mindestanteil nicht erreicht. Bei der Bemessung der Geldbuße soll der Differenz der Kosten zwischen sauberen und nicht sauberen Straßenfahrzeugen im Bezugszeitraum eine maßgebliche Rolle zukommen. Die Bezirksverwaltungsbehörde hat daher zu berücksichtigen, wie viele saubere Straßenfahrzeuge anstelle nicht sauberer Straßenfahrzeuge beschafft bzw. eingesetzt werden hätten müssen.

Bemerkenswert ist der Hinweis, dass die Geldbuße dazu dient, den „ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil“, den ein Auftraggeber durch die rechtswidrige Nicht-Erfüllung der Mindestanteile erzielt hat, auszugleichen. Denn abgesehen davon, dass es keinen Wettbewerb zwischen den öffentlichen Auftraggebern und damit auch keine Wettbewerbsvorteile gibt und geben kann, stellt vielmehr die Beschaffungspflicht einen unmittelbaren Eingriff in den freien Markt und letztlich in den Wettbewerb zwischen den privaten Auftragnehmern dar. 

Widersprüchliche Argumentation und zweierlei Maß

Öffentliche Auftraggeber waren immer schon bedacht darauf, ökologisch, aber mit Verstand und ohne Zwang ihren Fuhrpark auf „Erneuerbare“ umzustellen. Es mutet allein schon aus diesem Grund eigenartig an, dass sich die öffentliche Hand bei Verstößen gegen ein Gesetz, das einzig nur sie verpflichtet, selbst bestraft. 

Selbst die dem Gesetz zugrundeliegende  EU-Richtlinie, die im Übrigen nicht „Beschaffung“, sondern „Förderung“ sauberer und energieeffizienter Straßenfahrzeuge heißt, verzichtet auf den sonst üblichen Passus, dass die Mitgliedsstaaten Sanktionen vorsehen, die wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein müssen. 

Weswegen gerade bei der Umsetzung dieser Richtlinie exorbitante Geldbußen vorgesehen werden, ist vor allem auch deswegen zu hinterfragen, da Österreich bei der Umsetzung anderer EU-Richtlinien, etwa jener der „EU-Richtlinie über die Resilienz kritischer Einrichtungen“ (kurz: „RKE-RL“) ganz anders verfahren ist.

In Umsetzung dieser Richtlinie, die in Artikel 19 noch dazu dezidiert „wirksame und abschreckende Sanktionen bei Verstößen gegen die erlassenen nationalen Vorschriften“ fordert, hat der österreichische Gesetzgeber im „Resilienz kritischer Einrichtungen-Gesetz“ (kurz: „RKEG“) auf Geldbußen bei Nichteinhaltung von Verpflichtungen durch „Stellen der öffentlichen Verwaltung“ gänzlich verzichtet. 

Begründet wird dieser Verzicht in den Erläuterungen zum RKEG nachvollziehbar damit, dass die „Möglichkeit der Verhängung von Geldstrafen gegenüber Behörden in der österreichischen Rechtsordnung grundsätzlich nicht vorgesehen ist, zumal die Behörden selbst keine Rechtsträger sind und demnach keine Rechtspersönlichkeit besitzen. Zudem scheint die Sinnhaftigkeit einer Umverteilung finanzieller Mittel innerhalb des Budgets, zu der es bei der Verhängung von Geldstrafen gegenüber Behörden kommen würde, höchst fraglich und wäre damit allenfalls eine Gefährdung der gesetzlichen Aufgabenerfüllung zu befürchten.“

Um aber eine unionsrechtskonforme Umsetzung der RKE-RL zu bewerkstelligen („wirksame und abschreckende Sanktionen“), hat man im RKEG eine alternative Sanktionsmöglichkeit vorgesehen und auch als ausreichend erachtet.

Gemäß § 24 RKEG hat die Bezirksverwaltungsbehörde (in letzter Konsequenz) die Nichteinhaltung der Verpflichtungen aus diesem Gesetz in einer allgemeinen Weise zu veröffentlichen, die geeignet scheint, einen möglichst weiten Personenkreis zu erreichen. Den Erläuterungen nach käme etwa eine Verbreitung der Informationen über Hörfunk oder Fernsehen sowie auf der Homepage der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde in Frage.

Aus alledem ergibt sich gerade für das SFBG zweifelsfrei, dass es keiner Sanktion im Wege hoher Geldbußen bedurft hätte. Der Gesetzgeber täte daher gut daran, noch rechtzeitig dem Umsetzungsbeispiel der RKE-RL zu folgen und auch im SFBG lediglich die als Pranger wirkende Sanktion einer Veröffentlichung von Verstößen einzuführen. Alternativ wäre auch mit Blick nach Deutschland eine ersatzlose Streichung der Geldbußbestimmungen vorzuschlagen, denn dort wurde auf Sanktionen gleich gänzlich verzichtet.