Schatten über symbolischen Stadtbaukonzept

Schlachtfeld Raumordnung

25. März 2015
In Salzburg machen Bürgermeister gegen die Raumordnungspolitik des Landes mobil. Nun sieht man einander vor dem Höchstgericht wieder.

In Kuchl (Tennengau) und St. Gilgen (Flachgau) hat das Land Salzburg die Umwidmung von Grünland in Bauland abgelehnt. Beide Gemeinden zogen vor das Landesverwaltungsgericht – und verloren dort. Nun gehen sie vor den Verfassungsgerichtshof.



Es geht um mehr als nur zwei Einzelfälle. Die Frage ist vielmehr, ob das Land mitreden kann und soll, wenn Gemeinden große Flächen bebauen lassen wollen. „Bei der Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht wurde nicht berücksichtigt, dass die Planungshoheit bei den Gemeinden liegt. Das ist in der Bundesverfassung festgelegt. Daher hoffe ich, dass der VfGH im Sinne der Gemeinden entscheiden wird“, sagt Günther Mitterer, Chef des Salzburger Gemeindeverbandes. Bisher habe das Höchstgericht dieses „Planungsermessen“ der Gemeinden respektiert.

Im Zentrum der Kritik steht die für Raumordnungsfragen zuständige Landeshauptmann-Stellvertreterin Astrid Rössler. Mitterer: „Ich glaube, dass sie noch nicht durchschaut hat, wie die Raumordnung aufgebaut ist und welche Aufgaben sie als Aufsichtsbehörde hat.“ Mitterer vermutet aber, dass noch mehr hinter der Sache steckt: „Ich habe den Eindruck, dass das Land den Wirkungsbereich der Gemeinden beschneiden will. Das werden wir uns nicht gefallen lassen!“



Rössler will die Vorwürfe nicht auf sich sitzen lassen. Im Gespräch mit KOMMUNAL verweist sie darauf, dass in den eineinhalb Jahren, in denen sie nun für das Ressort zuständig sei, rund 500 Flächenwidmungen und räumliche Entwicklungskonzepte klaglos erteilt worden seien. „Da kann man bei zwei oder drei abgelehnten Projekten noch nicht von einem Angriff auf die Gemeindeautonomie sprechen.“

In den letzten Wochen hat sich der Konflikt zwischen Rössler und den Gemeinden noch verstärkt. Grund ist eine Studie, laut der es in Salzburg – zumindest in gewissen Gegenden – ohnehin genügend Großmärkte und Fachmarktzentren gibt. Rössler: „Wir haben es jetzt schwarz auf weiß, dass die Gemeinden außerhalb des Zentralraumes und vor allem die in den südlichen Bezirken unter dem Abfluss von Kaufkraft leiden. Das hat Auswirkungen auf die Siedlungsstruktur und auf die Bevölkerungsentwicklung.“

Auf Basis der Studie hat Rössler nun rund 20 Ansuchen auf Standortverordnung stoppen lassen. „Die Ansuchen der Gemeinden werden derzeit auf Basis der neuen Daten bewertet. Und ich kann sagen, dass nicht alle Entscheidungen positiv sein werden“, kündigt sie an. Eine Vorgehensweise, die den Gemeindeverbands-Chef empört. „Die Gemeinden hängen total in der Luft“, ärgert sich Mitterer. Rasche Entscheidungen seien notwendig. „Da ist die Landeshauptmann-Stellvertreterin als Behördenvertreterin verantwortlich.“



Mitterer ist auch persönlich von der neuen Linie der Landespolitik betroffen. Die Firma Lutz will von Bischofshofen nach St. Johann im Pongau übersiedeln – die Gemeinde, in der Mitterer als Bürgermeister agiert. Grund dafür ist die schlechte Parkplatzsituation in Bischofshofen. Mitterer ärgert sich, dass die Raumordnungsabteilung des Landes noch nicht entschieden hat.

Die Landeshauptmann-Stellvertreterin lässt auch keinen Zweifel, dass sie mit dem Projekt keine Freude hat. „Es stellt sich die Frage, ob es sinnvoll ist, wenn Nachbargemeinden einander Betriebe abspenstig machen“, so Rössler. Sie vermutet, dass hinter derartigen Entscheidungen auch eine Strategie der Unternehmen steht, Gemeinden gegeneinander auszuspielen, um bessere Flächen, günstige Konditionen und vielleicht auch noch eine Standortförderung zu erhalten. „Das führt zu einem Flächenfraß, den wir nicht mittragen können.“

Dem hält man in St. Johann entgegen, dass in Bischofshofen keine Verkaufsflächen wegfallen würden, sondern stattdessen dort der Diskonter Möbelix einziehen soll. Mitterer fürchtet, dass die Diskussion generell ein schlechtes Licht auf den Wirtschaftsstandort Salzburg werfen könnte. „Die Unternehmen vertrauen darauf, dass die Gemeinden verlässliche Partner sind. In meiner Gemeinde ist das fragliche Grundstück bereits als Gewerbegebiet gewidmet. Das ist ja keine grüne Wiese. Es liegt auch eine Genehmigung der Aufsichtsbehörde vor. Und dann sagt man, dass nicht gebaut werden darf, weil es bereits zu viele Einkaufsflächen in Salzburg gibt. Das ist mir unverständlich.“



In einem offenen Brief fordern jetzt Gemeindeverband-Präsident Mitterer und sein Pendant im Städtebund, Salzburgs Bürgermeister Heinz Schaden, dass bis Ende März der Entwurf des neuen Raumordnungsgesetzes vorgelegt werden soll. Außerdem wollen beide, dass anstehende Verfahren umgehend entschieden und nicht zeitlich aufgeschoben werden. Rössler will sich nicht unter Druck setzen lassen. „Wir tun unsere möglichstes“, so die Landesrätin.