Leerstandsabgabe für leere Kassen
Der gestiegene Wohlstand in den vergangenen Jahrzehnten und das Erfordernis für Arbeitnehmer mehr Mobilität an den Tag zu legen, haben es mit sich gebracht, dass es möglich wurde, dass viele sogenannte Zweitwohnsitze gegründet wurden. Dabei gilt es die Zweitwohnsitze in sogenannten Tourismusregionen von den Zweitwohnsitzen der Arbeitspendler zu unterscheiden. Während die Ersteren überwiegend als Ferienwohnsitze genutzt werden, sind die Zweiten aus der Notwendigkeit entstanden, am Arbeitsort auch einen Wohnsitz zu begründen, ohne den ursprünglichen Wohnsitz aufzugeben. Speziell in den letzten Jahren waren auch verstärkt Investitionen in Grund und Boden bzw. Wohnungen aufgrund von Verwerfungen des Kapitalmarkts und der Nullzinspolitik der EZB (Europäische Zentralbank) zu bemerken. Wohnungen als sicheres Investment in die Zukunft – vielfach nur teilweise genutzt oder leerstehend, da die Rahmenbedingungen für Vermietungen dem oft entgegenstehen.
Gemeinden müssen sich um Hauptwohnsitzer bemühen
Die rege Bautätigkeit hat in der Vergangenheit gewünschte und weniger gewünschte Effekte. Einnahmen aus der Grunderwerbssteuer, Belebung der lokalen Wirtschaft, aber natürlich auch gestiegene Grundstückspreise. Letztlich begleitet von der negativen Folge, dass für Zweitwohnsitzer oder leerstehende Wohnungen keine Mittel aus dem allgemeinen Steuerstopf über die Ertragsanteile an die Gemeinden fließen. Daher das große Bemühen der Gemeinden, möglichst viele Hauptwohnsitzer zu gewinnen, um Mittel aus dem Finanzausgleich zu erhalten. Oftmals mit nicht ganz lauteren Mitteln, wie beispielsweise ein Parkpickerl nur für Hauptwohnsitzer oder Vergünstigungen für „Einheimische“.
Zweitwohnsitzabgabe dürfen kein Ersatz für entgangene Einnahmen sein
Dauernde Einnahmen für die Zweitwohnsitzer gibt es erst seit der Umgestaltung der Tourismusabgaben. Die ist konzipiert als pauschalierte Form der Berechnung der Ortstaxe, in den Bundesländern gestaffelt nach Wohnungsgröße und Bedeutung der Tourismusorte. In weiterer Folge als reine Zweitwohnsitzabgabe, losgelöst von den touristischen Aspekten.
Die Höhe dieser Abgabe ist jedoch dadurch begrenzt, dass sie insofern sachlich begründet werden muss, als damit ein Aufwand abgedeckt wird, der durch derartige Zweitwohnsitze erwächst. Etliche Verordnungen der Gemeinden, die diesem Erfordernis nicht entsprochen haben, wurden vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben.
Der Verfassungsgerichtshof hat auch klargelegt, dass mit der Zweitwohnsitzabgabe nicht die entgangenen Einnahmen über den Finanzausgleich für Hauptwohnsitzer abgegolten werden dürfen. Dass dieser Mehraufwand oftmals nicht leicht darzulegen ist, ist schon richtig, da für Wohnobjekte die leer stehen oder von Zweitwohnsitzern genutzt werden, je nach Berechnungsmethode der Länder die gleichen Kanalabgaben, Wasserabgaben und Abfallwirtschaftsabgaben zu bezahlen sind, wie für Wohnungen von Hauptwohnsitzern. Üblicherweise bestehen auch keine Aufwendungen für Kindergärten oder Schulen bzw. im Sozial- und Gesundheitsbereich, da die Zweitwohnsitzer in der Umlagenberechnung nicht berücksichtigt werden. Aber dies ist ein anderes Thema.
Länder wollen Leerstandsabgabe
Neben den Zweitwohnungsabgaben, die speziell in den westlichen (touristischen) Bundesländern zur Anwendung gelangen, wurde in Wien schon im Jahr 1985 versucht, eine Leerstandsabgabe einzuführen. Diese Abgabe hat jedoch der Verfassungsgerichtshof aufgehoben, weil eine Leerstandsabgabe, die aufgrund ihrer Höhe Einfluss auf den Immobilienmarkt hätte, kompetenzrechtlich nicht von den Ländern erlassen werden dürfte.
Dieser Kompetenztatbestand (Volkswohnungswesen) mitsamt den daran knüpfenden abgabenrechtlichen Regelungen ist in der Kompetenz des Bundes. Mittlerweile haben einige Länder wie Tirol, Salzburg und die Steiermark Leerstandsabgaben beschlossen, wobei die Abgaben als ausschließliche Gemeindeabgaben konzipiert sind. Um im derzeitigen verfassungsrechtlichen Rahmen bestehen zu können, sind sie höhenmäßig beschränkt, bzw. dürfen Ergebnisse keine den Wohnungsmarkt mobilisierende Wirkung haben.
In jüngster Zeit sind die Länder aktiv geworden und fordern eine Kompetenzänderung dahingehend, dass die Einhebung einer Leerstandsabgabe zur Landeskompetenz werde.
Dass die Einhebung einer derartigen Abgabe mit hohem Verwaltungsaufwand verbunden ist und sich im Vollzug als äußert komplex erweist, haben die bisherigen Regelungen in den Ländern gezeigt. Die Erwartungshaltung, mit einer Leerstandsabgabe den Wohnungsmarkt zu beleben, wurde in den letzten Wochen mit guten Gründen widerlegt.
Bis zu 5 Prozent Leerstand sind normal
Eine Leerstandsquote zwischen zwei und fünf Prozent wird in der Literatur als völlig normal betrachtet. Leerstände seien regional sehr unterschiedlich verteilt und was helfe einem Wohnungssuchenden ein Leerstand in Eisenerz, wenn er eine Wohnung in Graz sucht, so Jan Kluge von der Agenda Austria. Auf regionale Unterschiede müsse genauso Bedacht genommen werden wie auf den Umstand, dass es Regionen gibt, die durch Abwanderung und damit einhergehenden Leerstand gekennzeichnet sind.
Erst müssen Voraussetzungen geschaffen werden
Wenn weitere derartige Überlegungen angestellt werden, so sei jedenfalls festgehalten, dass erstens die administrativen Voraussetzungen (wie Verknüpfung der Register und Lockerung des Datenschutzes) für einen einfachen Vollzug geschaffen werden müssen und zweitens die Leerstandsabgabe eine ausschließliche Gemeindeabgabe bleibt.
Für die Länder stehen die Wohnbauförderungsbeiträge und die Mittel aus dem Zukunftsfond zur Unterstützung der Schaffung von Wohnraum bereit. Der Gemeindebund hat auch einen „Werkzeugkoffer“ vorgeschlagen, der ein Maßnahmenbündel beinhaltet, die landesgesetzlich umzusetzen wären. Damit könnte ein wesentlicher Beitrag für die Schaffung von zusätzlichem Wohnraum geleistet werden. Ob es dann noch eine Verfassungsänderung zur Füllung leerer Kassen der Länder braucht, sei dahingestellt.