Patientin mit Pflegerin
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Pflege sicherstellen

Die Reform der Pflege beschäftigt die Politik seit Jahren. Auch die Gemeinden sind gefordert, da sie einen wesentlichen Organisations- und Finanzierungsbeitrag leisten. Wie sehen Sie die Pflege der Zukunft?

Sebastian Kurz, ÖVP

Über eine Million Angehörige sind in Österreich im Bereich der Pflege tätig. Ich habe auch persönlich miterlebt, was das als Umstellung für die ganze Familie bedeutet als meine Oma pflegebedürftig wurde.

Wir haben ein umfangreiches Pflegekonzept vorgelegt, mit dem wir die Pflege langfristig auf solide Beine stellen wollen, mit einer neuen Art der Finanzierung, der Pflegeversicherung als fünfte Säule der Sozialversicherung. Es braucht außerdem bessere Ausbildungsmöglichkeiten für Pflegekräfte, eine Pflege daheim-Garantie sowie weniger Bürokratie für pflegende Angehörige. Wir wollen, dass alle Menschen in Österreich in Würde altern können.

Pamela Rendi-Wagner, SPÖ

Mit der Pflegegarantie wollen wir für alle ÖsterreicherInnen eine Pflege sicherstellen, auf die sie sich verlassen können, die Sicherheit gibt, Schutz bietet sowie Würde und Respekt garantiert. Ein steuerfinanzierter Pflegegarantiefonds soll dabei alle anfallenden Kosten für die Betroffenen übernehmen – egal ob im Heim, mobil oder zuhause gepflegt wird.

Ein Pflegefall ist immer ein schwerer Schicksalsschlag für die Angehörigen. Deswegen wollen wir einerseits einen Rechtsanspruch auf Pflegekarenz einführen und andrerseits regionale Pflegeservicestellen einrichten, die Betroffenen zur Seite stehen und bei allen anfallenden Erledigungen rund um die Pflege unterstützen. 

Norbert Hofer, FPÖ

Neben der Reform des Sozialversicherungswesens und einer Umsetzung der Mindestsicherung Neu durch eine grundlegend erneuerte Grundsatzgesetzgebung bei der Sozialhilfe war die Absicherung der Pflege eines der großen Eckpunkte der von der ÖVP gesprengten türkis-blauen Bundesregierung in der Sozialpolitik.

Während Schwarz und Rot wieder in die Aggregatsformen ihrer alten großkoalitionären Ideologie verfallen, möchte die FPÖ nach dem 29. September 2019 den Masterplan Pflege, der noch von der ÖVP/FPÖ-Regierung auf den Weg gebracht worden ist, zügig umsetzen. Die FPÖ bekennt sich zu dem durch einen Ministerratsvortrag im Dezember 2018 festgelegten Masterplan Pflege und dessen Eckpunkten.

Im Zentrum steht eine menschenwürdige und hochwertige Pflege nach dem Stand der Pflegewissenschaft und Medizin. In diesem Zusammenhang soll vor allem die Unterstützung von pflegebedürftigen Menschen und deren Angehörigen in Österreich höchste Priorität haben. Das bedeutet die dauerhafte Abschaffung des Pflegeregress gegenüber Pfleglingen und Angehörigen, der 2017 bzw. 2018 gesetzlich umgesetzt wurde.

Somit wird die Wiedereinführung eines neuerlichen Pflegeregress, wie sie etwa durch die ÖVP - etwa dem mächtigen Gemeindebundpräsident Riedl -, auf die 13. und 14. Pensionszahlung an die in stationärer Pflege befindlichen Personen nach der Nationalratswahl beabsichtigt ist, entschieden abgelehnt.

Weiteres bedeutet dies, die Einführung einer Pflegeversicherung, wie sie durch die ÖVP nach der Nationalratswahl beabsichtigt ist, entschieden abgelehnt wird.

Demgegenüber bekennt sich die FPÖ zur dauerhaften jährlichen Valorisierung des Pflegegeldes in allen Stufen.

Weiters bekennt sich die FPÖ zum Prinzip, dass jeder Pflegebedürftige jene Betreuung braucht, die seiner individuellen Situation entspricht und dass dafür auch die notwendigen organisatorischen, finanziellen und personellen Rahmenbedingungen zur Verfügung gestellt werden. Überkommene rote Verstaatlichungsphantasien im Pflegewesen, wie sie zuletzt die burgenländische SPÖ unter Landeshauptmann Hans Peter Doskozil zum besten gegeben hat, sind daher abzulehnen.

Folgende Eckpunkte des Masterplan Pflege sollen daher weitergeführt werden:

  • Flächendeckender Ausbau aller bedarfsgerechten Formen und Unterstützungsmaßnahmen für Pflegebedürftige, neben der stationären Pflege insbesondere auch die Tagesbetreuung.
  • Ausbau und Umsetzung der integrierten Versorgung unter Berücksichtigung der Verschränkung von Medizin und Pflege.
  • Ausbau der Maßnahmen zur Umsetzung der österreichischen Demenzstrategie
  • Erweiterung der Angebote der Hospiz- und Pallitivbetreuung
  • Bundesweite Harmonisierung im Bereich der mobilen Dienste -Strenge Qualitätssicherung in der 24-Stunden-Betreuung / Teilbarkeit von 24-Stunden-Betreuungsverhältnissen
  • Einführung des „Freiwilligen Sozialen Jahres“ im Bereich Pflegevorsorge
  • Maßnahmen zur Attraktivierung der Pflege und Betreuung zu Hause
  • Einführung finanzieller Zuwendungen für die Kosten der Ersatzpflege zu Hause
  • Ausbau der Förderung von Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Pflege und Beruf bei Angehörigen
  • Ausbau der Ausbildung des Pflegepersonals-Einführung der Pflegelehre als weitere Säule
  • Bundesweite Imagekampagne zur Attraktivierung der Pflegeberufe
  • Dauerhafte finanzielle Absicherung der Pflegekosten aus Mitteln des Budgets -Umschichtung von freiwerdenden Budgetmitteln aus einer Reduktion des Überangebots an Akutbetten in Krankenanstalten hin zur Finanzierung der stationären Pflege und der Pflege zu Hause.
  • Dies soll erreicht werden durch einen Abbau der Akutbetten, einer Bündelung der Kompetenzen und Finanzströme im Gesundheitswesen, die so genannte „Finanzierung aus einer Hand“. Damit würden wir – wie vom Rechnungshof bestätigt – jährlich bis zu 4,75 Milliarden Euro einsparen und damit Mittel für die Pflege freiwerden.

Aktuell zahlt der Bund rund 2,638 Milliarden Euro jährlich als Pflegegeld an die Anspruchsberechtigten aus. Dazu kommen 340 Millionen Euro zur Abdeckung der Kosten des Pflegeregress, 252 Millionen Euro für die Finanzierung des Pflegefonds, 112 Millionen für die 24-Stunden-Betrreuung der Pfleglinge, 83,5 Millionen Euro für die pflegenden Angehörigen und sechs Millionen für die Hospiz- und Palliativbetreuuung.

Dazu kommt, dass nach den Vorstellungen der FPÖ der Pflegefonds, die 24-Stunden-Betreuung und die Hospiz- und Palliativbetreuung kofinanzierte Projekte mit den österreichischen Bundesländern sind. Daher wird über eine Weiterentwicklung bzw. Reform dieser Angebotspalette ein sozialpolitischer Dialog im Sinne des kooperativen Bundesstaates ein Dialog zu führen sein.

Darüber hinaus sind aus Sicht der FPÖ auch gemeinsame sozialpolitische Adaptierungen in den derzeit von den Ländern und Gemeinden angebotenen Bereichen Mobile Dienste, Stationäre Dienste und teilstationäre Tagesbetreuung, Kurzzeitpflege, alternative Wohnformen und Case&Care Management aufzusetzen und fortzuführen.

Beate Meinl-Reisinger, NEOS

Die Finanzierung muss deutlich vereinfacht werden. Wir setzen weiterhin auf das steuerfinanzierte Pflegegeld, ergänzt um eine individuelle, präventionsbasierte Pflegeversicherung, die im Nicht-Pflegefall als Zusatzpension ausbezahlt wird. 

 

Peter Pilz, Liste JETZT

Die Pflege ist eines der wichtigsten Zukunftsthemen. Leider wurde die Pflege in den vergangenen Jahren unterfinanziert und Probleme wurden verschwiegen. Es braucht daher konkrete Verbesserungen, wie die Valorisierung des Pflegegelds, die von uns beantragt wurde. Außerdem benötigen wir eine Vision, wie das Pflegesystem der Zukunft aussehen soll, das den Menschen, die Pflege brauchen, die optimale Versorgung und den beschäftigten Pflegekräften einen guten Arbeitsplatz garantiert.

Schon heute kämpft der Arbeitsmarkt mit Personalmangel, vor allem im gehobenen Dienst der Gesundheits- und Krankenpflege. Um auch in Zukunft würdevolles Altern zu ermöglichen, fordern wir deutlich mehr Geld für die Pflege und wollen damit folgende Maßnahmen finanzieren:

  • Ausbildungsoffensive, die sich am praktischen Bedarf orientiert. Dabei ist es wichtig, unterschiedliche Ausbildungsschienen zu berücksichtigen, also sowohl die Hochschulausbildung als auch jene an Pflegefachschulen. Auch eine Pflegelehre ist vorstellbar, allerdings mit einem Volleinstieg erst ab 17 Jahren, um Jugendlichen nicht bereits ab 15 Jahren den täglichen Kontakt mit dem Leiden und Sterben ihrer Patientinnen und Patienten zuzumuten.
  • Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Pflege: Notwendig sind adäquate Personalschlüssel, eine spürbare nachhaltige Erhöhung des Einkommens, die realistische zeitliche Bemessung unterschiedlicher Pflege- und Betreuungstätigkeiten und das Einpreisen der Zeit für menschliche Kontakte in der Pflege, der Abbau von Bürokratie sowie die Evaluierung von Dokumentationspflichten.
  • Stärkung der Pflege zu Hause: Die meisten Menschen wollen zu Hause gepflegt werden und vielfach entspricht dies auch dem Wunsch der pflegenden Angehörigen. Es ist daher dringend an der Zeit mobile Pflegedienste zu stärken und auszubauen. Unabhängig da-von, ob diese Betroffene allein oder gemeinsam mit Angehörigen pflegen. Außerdem muss die Situation pflegender Angehöriger verbessert werden, sodass diese sich auf gesellschaftliche und politische Unterstützung verlassen können.

All diese Maßnahmen ließen sich beispielsweise über einen Pflegefonds finanzieren, der aus Vermögenssteuern gespeist wird.

 

Werner Kogler, Grüne

Die Pflege der Zukunft wird sich in hohem Maße professionalisieren und neue Angebote bieten müssen. Das wird nur funktionieren, wenn die Gemeinden, die die nächste und auch beste Ansprechstelle sind, die entsprechenden Mittel aus dem Bundesbudget zur Verfügung gestellt erhalten.

Dabei geht es einerseits um neue Formen der Pflege- und Betreuung, andererseits um eine bessere Entlohnung der in Pflege- und Betreuung beschäftigten Menschen und um die Erarbeitung höchster Qualitätsstandards. Die Kosten für diese sehr großen Aufgaben sind eine große Herausforderung und können nicht den Gemeinden aufgehalst werden.