Europa für alle Altersgruppen

Europa hat ein neues Netzwerk für Gemeinden. Hauptthema ist der demografische Wandel.

Am 7. Dezember 2015 wurde in Brüssel feierlich der Konvent zum demografischen Wandel aus der Taufe gehoben. In Fortsetzung des losen Netzwerkes AFE-Innovnet, an dem sich auch der europäische Dachverband RGRE beteiligt hatte, wird dieser Zusammenschluss öffentlicher Gebietskörperschaften ähnlich agieren wie der EU-Bürgermeisterkonvent. Nur eben im großen Themenfeld demografischer Wandel.



Gemeinden, Gemeindeverbände, aber auch ganze Bundesländer können sich am Konvent beteiligen; zwei Formen der Mitgliedschaft erlauben einen gewissen Spielraum bei der Intensität der Aktivitäten.



Vollmitglieder müssen sich verpflichten, innerhalb von zwei Jahren nach Beitritt einen Aktionsplan für alters- bzw. generationengerechte Umwelt vorzulegen. Ebenso ist jährlich Bericht zu erstatten, welche Fortschritte in der Gemeinde erzielt wurden.



Dabei sind die Mitglieder an keine strikten Vorgaben gebunden. Im Gegensatz zum EU-Bürgermeisterkonvent gibt es keine allgemein verbindlichen Ziele, jeder Teilnehmer legt seine Prioritäten, Aktionen sowie Messmethoden individuell fest.



Die Vollmitgliedschaft ermöglicht den Zugang zu sämtlichen Dokumenten und Best-Practices anderer Mitglieder, die Unterstützung seitens des Konventssekretariats und erlaubt es Gemeinden, automatisch dem WHO-Netzwerk „Age-friendly Communities and Cities“ beizutreten.



Neben der Vollmitgliedschaft können Gemeinden für eine einfache Mitgliedschaft optieren. Diese öffnet den Zugang zum Informationsaustausch auf der Website.

Warum sich diesem Netzwerk anschließen?



Bei der Auftaktveranstaltung in Brüssel wurden Kommunalvertreter nach ihren Motiven für die Teilnahme am Konvent befragt. Am häufigsten wurde „lernen von anderen“ genannt, wobei jeder Vortragende selbst einiges zu bieten hatte. Udines Bürgermeister berichtete etwa von diversen Projekten zur Mobilitätssteigerung der älteren Bevölkerung, von Maßnahmen gegen Vereinsamung und zur Förderung intergenerationeller Aktivitäten. Der Vertreter des Baskenlandes wies darauf hin, dass im Jahr 2050 über 40% der baskischen Bevölkerung älter als 65 sein werden, die 112 Gemeinden diese Entwicklung daher schon jetzt berücksichtigen müssen. In Krakau versucht man, Senioren für Freiwilligentätigkeiten zu gewinnen. Und im niederländischen Groningen, einer der jüngsten Städte der Niederlande, stehen nicht Senioren per se, sondern Gesundheitsprävention für alle im Vordergrund.



Am demografischen Wandel und lokalen Lösungsansätzen interessierte Gebietskörperschaften haben somit die Möglichkeit, von anderen zu lernen, aber auch gemeinsame Projekte einzureichen. Eine der Aufgaben des Konventssekretariats ist es, Mitglieder bei der Einreichung von EU-Förderungsanträgen zu unterstützen. D. h. die Plattform informiert nicht nur über laufende Ausschreibungen, sie erleichtert auch die Suche nach potenziellen Partnern und unterstützt diese ganz konkret bei der Antragstellung.



Die Finanzierung des Konvents, der als Non-Profit Verein nach belgischem Recht organisiert ist, bleibt allerdings noch offen. Die Statuten sehen die Möglichkeit vor, Mitgliedsbeiträge einzuheben. Wenn die Mitglieder ein ständiges Sekretariat zur Erfüllung der oben genannten Aufgaben wollen, dürfte daran kein Weg vorbeiführen.

Wer ist schon dabei?



Bisher zeigten 77 Gebietskörperschaften und Organisationen aus 18 Ländern Interesse, dem Konvent beizutreten. Auffallend ist das Übergewicht mittelgroßer Städte, kleinere Gemeinden sucht man in der Liste der Erstunterzeichner vergeblich.



Das mag damit zu tun haben, dass das bisherige Netzwerk AFE-Innovnet akademisch-technisch aufgebaut war und die Idee, einen Konvent zu gründen, unter Gemeinden und Gemeindebünden wenig bekannt war. Eine andere Hürde kann in der Arbeitssprache Englisch gesehen werden. Diese Hürde wäre allerdings zu nehmen, denn Aktionspläne und Berichte können in der eigenen Muttersprache verfasst sein, sofern dem Sekretariat jeweils eine kurze Zusammenfassung auf Englisch übermittelt wird.

Aus Österreich nahmen zwei Vorarlberger mit kommunalem Background an der Auftaktveranstaltung teil: Werner Huber, Vorsitzender des Vorarlberger Seniorenbeirats, und Erwin Mohr, Präsident der
Bodenseeplattform.