Das Erstaufnahmelager in Traiskirchen

Antworten zur Betreuung von Flüchtlingen

25. Juni 2015
Das Land Niederösterreich hat eine Liste möglicher Fragen und Antworten zur Unterbringung von Flüchtlingen erstellt.

Wie kommt ein zu versorgender Asylwerber in eine Gemeinde?



Stellt ein Fremder einen Asylantrag, dann wird er zur Erstabklärung vorerst in eine Erstaufnahmestelle des Bundes (Thalham oder Traiskirchen) verbracht. Ergibt sich dort die Erstabklärung die Zuständigkeit Österreichs zur Führung des Asylverfahrens, dann wird der Asylwerber von der Erstaufnahmestelle des Bundes in eine Unterkunft eines Bundeslandes überstellt; vorrangig in jenes Bundesland, das seine Versorgungsquote nicht erfüllt.



Was bedeutet das von der Innenministerin vorgestellte flexible Grundversorgungsmodell?



Stellt ein Fremder einen Asylantrag, soll er nun nicht mehr wie bisher sofort nach Thalham oder Traiskirchen, sondern in ein Verteilungsquartier des Bundes verbracht werden. Ein solches Verteilungsquartier soll es in jedem Bundesland geben. Nur in Ausnahmefällen soll der Fremde wie bisher nach Thalham oder Traiskirchen gebracht werden. Dadurch werden enorme Transportzeiten gespart. Diese Vorgangsweise wird eine gerechtere Verteilung der Asylwerber auf das gesamte Bundesgebiet gewährleisten. Sollte ein Bundesland die Quote nicht erfüllen, dann hat die Bundesministerin für Inneres das Recht, ohne Zustimmung des betroffenen Landes und der Gemeinde dort ein Bundesquartier zu errichten. Die bei den ersten Diskussionen angedachten Pflichtquoten für Gemeinden werden nun so nicht umgesetzt, wobei im flexiblen Modell von einer stärkeren Einbindung und Mitwirkung der Gemeinden gesprochen wird.



Was sind die rechtlichen Grundlagen für die Grundversorgung?



Der Bund und die Bundesländer unterliegen bei der Versorgung von Asylwerbern einer europarechtlichen Verpflichtung. Maßgeblich ist dabei die RL 2003/9/EG. Die nationale Umsetzung dieser Richtlinie erfolgte durch das NÖ Grundversorgungsgesetz und die Grundversorgungsvereinbarung zwischen dem Bund und den Bundesländern – Art. 15a B-VG. Würden der Bund und die Bundesländer dieser Verpflichtung nicht nachkommen, würde die Republik Österreich von der Europäischen Union rasch geklagt und verurteilt werden.



Was regelt die Grundversorgungsvereinbarung – Art. 15a B-VG?



In der im Jahr 2004 abgeschlossenen Grundversorgungsvereinbarung haben sich der Bund und die Bundesländer auf die gemeinsame Versorgung von Asylwerbern und anderen nicht abschiebbaren Fremden geeinigt. Insbesondere werden darin die Aufteilung der Aufgaben und Kosten zwischen dem Bund und den Bundesländern samt Abrechnungsmodalitäten, die partnerschaftlichen Grundsätze, die Zielgruppe der zu versorgenden Fremden und die vorgesehen Leistungen für die Fremden geregelt und festgelegt.



Welche Zielgruppe kennt die Grundversorgungsvereinbarung?


  • Asylwerber

  • Asylberechtigte (Innerhalb der ersten vier Monate nach Statuszuerkennung hat der Fremde noch Anspruch auf Grundversorgung, falls er noch hilfsbedürftig ist)

  • Subsidiär Schutzberechtigte

  • Fremde ohne Aufenthaltsrecht, wenn der Fremde nicht abgeschoben werden kann



Was ist eigentlich ein Asylwerber?



Von einem Asylwerber spricht man von der Asylantragstellung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens. Während des Asylverfahrens hat der Asylwerber ein vorläufiges Aufenthaltsrecht und Anspruch auf Grundversorgung.



Auf welche Leistungen haben Asylwerber nach der Grundversorgungsvereinbarung Anspruch?



Unterbringung in geeigneten Unterkünften, Verpflegung, Taschengeld in organisierten Unterkünften, Krankenversicherung, Information, Beratung und soziale Betreuung, Transportkosten, Schülerfreifahrt, Bekleidungshilfe, Schulbedarfshilfe



Hat ein hilfsbedürftiger Asylwerber Anspruch auf bedarfsorientierte Mindestsicherung?



Nein! Der hilfsbedürftige Asylwerber bekommt nur Grundversorgung und hat keinen Anspruch auf bedarfsorientierte Mindestsicherung.



Was ist ein Asylberechtigter?



Wird einem Asylwerber aufgrund von festgestellten Fluchtgründen, die in der Genfer Flüchtlingskonvention vorgesehen sind, der Flüchtlingsstatus zuerkannt, spricht man von einem Asylberechtigten. Einen solchen Fluchtgrund könnte zum Beispiel eine politische Verfolgung im Herkunftsland darstellen. Mit dieser Statuszuerkennung erwirbt der Fremde ein dauerndes Aufenthaltsrecht in Österreich. Als Asylberechtigter hat der Fremde den freien und vollen Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt und Anspruch auf Sozialleistungen wie ein Österreicher (z. B. bedarfsorientiere Mindestsicherung, Familienbeihilfe usw.). Insbesondere kann sich der Fremde auch völlig frei in Österreich bewegen.



Was passiert, wenn ein Asylverfahren abgeschlossen ist?



Wurde das Asylverfahren für den Asylwerber negativ abgeschlossen, dann hat der Fremde grundsätzlich freiwillig in den Herkunftsstaat zurückzureisen oder er wird von der Fremdenbehörde abgeschoben. Kann er aus bestimmten Gründen nicht abgeschoben werden, kann er weiterhin in der Grundversorgung versorgt werden.



Wird das Asylverfahren für den Fremden positiv entschieden und wird er dadurch als Flüchtling anerkannt (Status des Asylberechtigten), dann erwirbt der Fremde ein dauerndes Aufenthaltsrecht in Österreich. Als Asylberechtigter hat der Fremde den freien und vollen Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt und Anspruch auf Sozialleistungen wie ein Österreicher (z. B. bedarfsorientiert Mindestsicherung, Familienbeihilfe usw.).



Welche finanziellen Beiträge haben die Gemeinden bei Grundversorgung von Asylwerbern zu leisten?



Keine! Sämtliche Kosten der Versorgung von Asylwerbern oder sonstigen Grundversorgten teilen sich der Bund und die Bundesländer im Verhältnis von 60:40 Prozent. Im Jahr 2013 betrugen die Gesamtkosten in Niederösterreich rund 27 Millionen Euro, davon trug der Bund 17,5 Millionen, den Rest das Land Niederösterreich. Dauert ein Asylverfahren über ein Jahr, dann trägt der Bund ab diesem Zeitpunkt 100 Prozent der Kosten. Die Gemeinden haben keinerlei Beiträge zu leisten.



Haben die Gemeinden bei Asylberechtigen oder subsidiär Schutzberechtigten Beiträge zur bedarfsorientierten Mindestsicherung zu leisten?



Nein nicht direkt! Bekommt ein in der Gemeinde XY wohnhafter österreichischer Staatsbürger bedarfsorientierte Mindestsicherung, muss die Gemeinde XY die Hälfte des an den Österreicher von der Behörde geleisteten Betrages an die Bezirksverwaltungsbehörde zahlen. Dies gilt aber nicht für Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte (§ 5 MSG).



Bei Asylberechtigten und subsidiär Schutzberechtigten mit bedarfsorientierter Mindestsicherung wird der jeweilige Gemeindeanteil aus einem Umlagetopf, in den alle Gemeinden, abhängig von ihrer Finanzkraft hineinzahlen, verbucht.



Werden die Asylwerber in Bundesbetreuungsstellen der Quote des Bundeslandes zugezählt?



Befindet sich der Asylwerber in einer Erstaufnahmestelle oder einem Verteilungsquartier oder sonstigem Flüchtlingsquartier des Bundes werden diese Plätze natürlich dem Bundesland angerechnet, auf dessen  Landesgebiet sich die Bundeseinrichtung befindet. Dies deshalb, weil durch dieses Bundesquartier die jeweilige Infrastruktur des betroffenen Bundeslandes (Kindergarten, Schule, Sicherheit, Krankenhäuser usw.) genützt wird. Darüber hinaus gibt es nur in zwei Bundesländern eine Erstaufnahmestelle und wären im Falle einer Nichteinrechnung dieser Plätze diese Bundesländer (so auch NÖ) natürlich benachteiligt.



Welche Versorgungsformen gibt es in der Grundversorgung?



Es gibt die organisierte Unterbringung und private/individuelle Unterbringung.



Was versteht man unter organisierter Unterbringung?



Hier sucht sich das Land einen Quartierbetreiber als Vertragspartner (z. B. Gastgewerbebetrieb), der auf Vertragsbasis Asylwerber versorgt. Man unterscheidet dabei unter Vollversorgung und Selbstversorgung. Bei der Vollversorgung muss der Quartierbetreiber den Asylwerbern Frühstück, Mittagessen und Abendessen verabreichen (Fremder kocht nicht selbst, sondern es kocht der Quartierbetreiber). Der Asylwerber bekommt 40 Euro Taschengeld pro Monat.



Der Tagsatz, den der Betreiber eines Vollversorgerquartieres für jeden Asylwerber erhält, liegt aktuell zwischen 17 und 19 Euro, abhängig von der Anzahl der von ihm angebotenen Zusatzleistungen.



Im Gegensatz dazu kochen sich die Asylwerber bei der Selbstversorgung selbst und bekommen für die Beschaffung der Lebensmittel 5,50 Euro pro Tag und Person (kein Taschengeld).



Der Tagsatz, den der Betreiber eines Selbstversorgerquartieres für jeden Asylwerber erhält, liegt aktuell zwischen 15 und 17 Euro, abhängig von der Anzahl der von ihm angebotenen Zusatzleistungen. In diesen Beträgen sind die 5,50 Euro, die er den Fremden auszahlen muss, bereits inkludiert.



Organisierte Unterkünfte sind von der Caritas oder Diakonie zumindest alle zwei Wochen aufzusuchen, wo sie den Asylwerbern für Beratungs- und Betreuungsleistungen zur Verfügung stehen. Diese Betreuungsleistung gibt es bei privater Unterbringung nicht. Hier müssen die Asylwerber vielmehr die zentralen Beratungsstellen der Betreuungsorganisationen aufsuchen.



Was versteht man unter privater/individueller Unterbringung?



Bei der privaten Unterbringung sucht sich das Land keinen Vertragspartner, sondern der Fremde sucht sich selbst eine Wohnung und einen Vermieter und schließt mit diesem einen Mietvertrag. Bei dieser Versorgungsform erhält der Fremde von der Bezirksverwaltungsbehörde monatliche Zuschüsse für Miete und Verpflegung.



Für diese Versorgungsform (privater Unterbringung) gibt es keine mobile Betreuung durch die Betreuungsorganisationen. Hier müssen die Asylwerber vielmehr die zentralen Beratungsstellen der Betreuungsorganisationen aufsuchen.



Welche Geldleistungen erhält ein Asylwerber bei privater Unterbringung?



Familie:

Mietzuschuss: € 240,- (monatlich)

Verpflegungszuschuss für Erwachsene: € 200,- (monatlich)

Verpflegungszuschuss für Minderjährige: € 90,- (monatlich)

Bekleidung: € 150,- (jährlich)

Schulbedarf: € 200 (jährlich)



Einzelperson:

Mietzuschuss: € 120,- (monatlich)

Verpflegungszuschuss : € 200,- (monatlich)

Bekleidung: € 150,- (jährlich)

Schulbedarf: € 200 (jährlich)



Welche Pflichten hat der Quartierbetreiber?



Den Quartierbetreibern obliegen die Einhaltung der vertraglichen Vorgaben für Unterbringung und Verpflegung und diverse Nebenverpflichtungen (Betreuung, Meldungen usw.) sowie der Sauberkeit, Ordnung und Ruhe in den Quartieren. Insbesondere haben sie auch eine Basisbetreuung der untergebrachten Fremden zu gewährleisten.



Was snd Rechte und Pflichten der Asylwerber?



Die Asylwerber haben Anspruch auf die vorgesehenen Leistungen der Grundversorgung. In jedem Quartier besteht eine Hausordnung, an die er sich zu halten hat. Gegenüber der Grundversorgungsbehörde bestehen diverse Meldepflichten, und er hat sich insbesondere dem Asylverfahren zu stellen.



Darf ein Asylwerber einer unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgehen?



Der Asylwerber benötigt für eine unselbständige Erwerbstätigkeit eine Beschäftigungsbewilligung, die theoretisch nach drei Monaten erteilt werden könnte. Diese Beschäftigungsbewilligung ist aber nur in gewissen Branchen möglich (z. B. Erntehelfer). Die Beschäftigungsbewilligung ist von einem möglichen Arbeitgeber beim AMS zu beantragen, wobei die mögliche Stelle vorher Österreichern angeboten worden sein musste. In der Praxis werden kaum Beschäftigungsbewilligungen für Asylwerber ausgestellt.



Was versteht man unter Remunerantentätigkeiten?



Die sogenannten Remunerantentätigkeiten (gemeinnützige Arbeiten) sind in Flüchtlingsquartieren, für Gemeinden, Länder oder den Bund zulässig (z. B. Schneeräumung, Straßenreinigung usw.). Grundsätzlich wird für diese Tätigkeit zwischen 3,5 und 5 Euro bezahlt. Ab 110 Euro pro Monat sind die Einkünfte auf die Grundversorgung anzurechnen.



Werden Asylquartiere überwacht?



Es gibt keine permanenten und speziellen Überwachungen von Asylquartieren. Vielmehr gibt es Kontrollen durch die Grundversorgungsbehörde aber auch regelmäßige Kontrollen durch die Fremdenbehörde. Darüber hinaus werden die Quartiere im Auftrag des Landes auch ständig von den beauftragten Betreuungsorganisationen im Auge behalten.



Was versteht man unter unbegleiteten minderjährigen Fremden?



Darunter versteht man minderjährige Asylwerber (unter 18 Jahren), die ohne Begleitpersonen nach Österreich gekommen sind oder hier alleine gelassen wurden. Diese minderjährigen Fremden werden von den Kinder- und Jugendhilfebehörden in eigenen Unterkünften mit wesentlich höherer Betreuungsdichte als bei  Erwachsenenquartieren versorgt. Die Grundversorgungsvereinbarung sieht spezielle Leistungen für unbegleitete minderjährige Fremde vor (z. B. psychologische Betreuung, besser Tagesstrukturierung, Deutschkurse usw.). Die Grundversorgungskosten für unbegleitete minderjährige Asylwerber belaufen sich derzeit auf maximal 77 Euro täglich und werden analog den sonstigen Grundversorgungskosten vom Bund und den Ländern getragen.



Welche Integrationsmaßnahmen werden bei Asylwerbern gesetzt?



Da bis zum Abschluss des Asylverfahrens nicht klar ist, ob der Asylwerber positiv beschieden wird und hier bleiben darf oder das Land wieder verlassen muss, ist es auch nicht sinnvoll, in dieser Phase sofort mit Integrationsmaßnahmen zu beginnen. Im Vordergrund sollen vielmehr schnelle Asylverfahren stehen.



Wie gestalten sich derzeit die Erfüllungsquoten der Bundesländer?



Bgld: 99%; Ktn: 87%; NÖ: 101%; OÖ: 86%; Sbg 89%; Stmk 96%; T 87%; V 84%; W 129%;



Für Niederösterreich sind die Asylwerber der Außenstelle Traiskirchen in die Erfüllungsquote eingerechnet. Würde Traiskirchen vom derzeitigen Belagsstand von ca. 1600 auf 800 reduziert werden würde NÖ um ca. 8 bis 10 Prozentpunkte in der Quote fallen.



Sind Asylwerber in Grundversorgung krankenversichert?



Jeder Asylwerber in Grundversorgung ist bei der Gebietskrankenkasse versichert und hat somit vollen Zugang zur Gesundheitsversorgung. Dabei sind Asylwerber mit einem E-Card-Ersatzbeleg ausgestattet (keine E-Card), der dem Arzt vorzuweisen ist.