Bild von Max Wellan
Max Wellan: „Das Ziel der Arzneimittelversorgung ist eine Optimierung in der Arzneimitteleinnahme und keine Maximierung.“

„dm“-Vorstoß gefährdet Versorgungssicherheit

Nachdem ein paar Jahre Ruhe war, hat die Ankündigung der deutschen Handelskette „dm“, künftig rezeptfreie Medikamente verkaufen zu wollen, Anfang März für erheblichen Unmut unter den Apothekern gesorgt.

Der Präsident der Österreichischen Apothekerkammer, Max Wellan, warnte im KOMMUNAL-Gespräch „vehement“ vor einem Verkauf von Arzneimitteln außerhalb von Apotheken. In der geforderten Freigabe des Verkaufs von rezeptfreien Arzneimitteln sieht er eine Wettbewerbsverzerrung und eine Gefahr für die Gesundheit. Auch für die Versorgung wäre eine Marktöffnung „langfristig ein Problem“.

Apotheken sehen „Beratungsdiebstahl“



Immer wieder suchen Glücksritter das schnelle Geld mit Arzneimitteln, und scheitern über kurz oder lang an den komplexen Sicherheitsanforderungen. Bei dm erhofft man sich laut einer APA-Aussendung eine Umsatzsteigerung von bis zu 80 Millionen Euro pro Jahr. Die rezeptfreien Medikamente sollen im Drogeriemarkt so billig angeboten werden, dass sich jede Familie 100 Euro im Jahr sparen würde, so dm-Geschäftsführer Harald Bauer in der Aussendung. „Ein Modell,“ so Wellan, „das nur in Ballungszentren funktioniert. Wie viele dm-Märkte gibt es denn am Land. Und damit ist das eine klassische Rosinenpickerei.“ Und noch dazu eine, die wegen der fehlenden Beratungskompetenz für Patienten gefährlich ist. Auch wenn dm, wie über die APA angekündigt, Pharmazeuten und eigens ausgebildete Drogisten anstellen will, ist für Wellan klar, dass „die Leute letztendlich in die Apotheken gehen werden und sich dort informieren werden. Was im Grunde genommen Beratungsdiebstahl ist“, so der Apothekerchef.

Spitalsaufenthalte durch falsch eingenommene Medikamente

In dem Zusammenhang verweist die Apothekerkammer warnend auf Länder, wo Medikamente bereits jetzt über Supermärkte angeboten werden: Beispielsweise in den USA gingen aufgrund dieser unkontrollierten Abgabe bereits 28 Prozent aller Spitalsaufenthalte auf falsch eingenommene Arzneimittel zurück. Allein in Kalifornien gebe es pro Jahr 60 Lebertransplantationen bei Kindern wegen Paracetamol (ein dort im Supermarkt erhältliches Medikament) aufgrund von Überdosierung durch die Eltern.

Apotheken bieten Beratung

„Das Ziel der Arzneimittelversorgung ist eine Optimierung in der Arzneimitteleinnahme und keine Maximierung. Kranke Menschen sollen so viele Arzneimittel wie notwendig, aber so wenige wie möglich einnehmen“, so Wellan. Dies gelingt in Österreich vorbildhaft, denn die Österreicherinnen und Österreicher liegen unter dem europäischen Schnitt im Arzneimittelkonsum, was von Gesundheitsexperten äußerst positiv gewertet wird. Dieser vernünftige Umgang mit Arzneimitteln erklärt sich auch daraus, dass Medikamente nicht im Supermarkt einfach aus dem Regal genommen, sondern in Apotheken mit Beratung abgegeben werden.