Gemeindebund-Generalsekretär Walter Leiss
Gemeindebund-Generalsekretär Walter Leiss: „Würde eine allenfalls erforderliche Baubewilligung wegen gesundheitlicher Bedenken verweigert werden, würde sich der/die Bürgermeister/in des Amtsmissbrauchs schuldig machen.“

Bürgermeister im 5G-Dilemma

Seit Jahrzehnten gibt es den Mobilfunk. Und seit Jahrzehnten gibt es den Streit über die Notwendigkeit von Mobilfunk und die damit verbundenen gesundheitlichen Auswirkungen. Die Mobilfunktechnologie hat nicht nur unser Kommunikationsverhalten, sondern auch die gesamte Industrie und Produktionsverfahren, unsere Arbeitswelt, den Bildungsbereich und unseren privaten Umgang total verändert. Diese Veränderungen sind noch nicht zu Ende – wir stehen vor einer digitalen Revolution oder sind schon mittendrin.

Wer kann sich noch daran erinnern, wie lange man in früheren Zeiten auf einen Telefonanschluss warten musste, oder dass es noch viele Haushalte mit einem sogenannten Viertelanschluss gab, wo man oft lange Zeit warten musste, bis die Leitung frei wurde, um ein dringendes Telefonat zu führen?

Im Laufe der Zeit hat sich zwar die Anschlussdichte erhöht, aber schon in früheren Zeiten musste man im ländlichen Raum länger auf einen Anschluss warten als in den Städten. Mit der Mobilfunktechnologie hat sich das radikal geändert. Wer, vor allem unter den jüngsten und jüngeren Mitbürgern, telefoniert noch über das Festnetz?

Mobilfunk braucht Masten und Sendeanlagen

Schön langsam hat die Mobilfunktechnologie auch im ländlichen Raum Platz gegriffen. Um Mobilfunktechnologie zu ermöglichen, braucht es neben vielen technischen Voraussetzungen ein stabiles Netz und Mobilfunkmasten und Sendeanlagen. Die technische Entwicklung war rasant und mit der Entwicklung von Smartphones und der Nutzung des Internets wird Mobilfunk nicht mehr bloß für Sprachübertragung, sondern vielmehr für die Datenübertragung genutzt. Und das Volumen der Datenübertragung steigt jährlich.

Die einen wollen keine Masten, die anderen brauchen sie

Schon in der Vergangenheit bestand das Problem, dass die Versorgungslage in den Ballungsräumen sehr gut war, jedoch am weiten Land die Qualität abnahm. Es ist aus ökonomischer Sicht verständlich, dass dort ausgebaut wird, wo viele Kunden leben und die Einrichtungen nutzen. Das hat zu der Situation geführt, dass in Gebieten mit entsprechender Versorgungslage ein Widerstand bestimmter Gruppen der Bevölkerung gegen neue Sendeanlagen auftritt, während in anderen Regionen ein dringendes Bedürfnis nach der Errichtung von Sendeanlagen besteht. Die einen, die schon gut versorgt sind, wollen keine neuen Sendeanlagen und Masten – diejenigen, die noch eine verbesserte Versorgung brauchen, wollen diese Einrichtungen.

Gemeinden werden in die 5G-Diskussion hineingezogen

Die Einführung der neuen 5G-Technologie nehmen nun einige Initiativen zum Anlass, um gesundheitliche Bedenken geltend zu machen, und tragen ihre Bedenken an die Bürgermeister und Bürgermeisterinnen heran. Die Gemeinde solle den Ausbau verhindern oder verbieten. Schließlich sei die Gemeinde auch Baubehörde. 

Dazu ist festzuhalten, dass Funkanlagen eine Bewilligung vom zuständigen Ministerium zum Betrieb erfordern, die allerdings nicht im Einzelfall, sondern als Allgemeingenehmigung mit den technischen Vorgaben, die die jeweiligen Anlagen erfüllen müssen, per Verordnung erteilt wird.

Gemeinde kann 5G nicht verbieten

Dabei steht auch der Gesundheitsschutz im Fokus. Die Erlangung einer Allgemeingenehmigung nach dem Telekommunikationsgesetz (TKG) 2003 umfasst auch die Befugnis zur Errichtung der erforderlichen Anlagen im Rahmen des TKG. Es erfolgt ein Bewilligungsverfahren zur Inbetriebnahme der Sendestationen durch das Fernmeldebüro (§§ 74, 81f TKG ), die Betreiber müssen ihre Sendestandorte in der Folge der Behörde melden.

In diesem Verfahren hat die Gemeinde keine Zuständigkeit und damit fehlt auch generell für die Gemeinde die gesetzliche Grundlagen, um die Einführung der 5G-Technologie in der Gemeinde zu verbieten.

Die Gemeinden und damit die Bürgermeister/innen als Baubehörde vollziehen die Bauordnungen. Diese sehen vor, dass die Anbringung von Sendeanlagen an Gebäuden oder sonstigen Einrichtungen vielfach bloß anmeldepflichtig bzw. genehmigungsfrei ist.

Für die Errichtung eines Antennentragemasts ist zwar eine baubehördliche Bewilligung erforderlich. Bei den Bestimmungen nach der Bauordnung aber handelt es sich um unter dem Gesichtspunkt des Ortsbildschutzes und der Ortsbildgestaltung erlassene Regelungen auf dem Gebiet des Baurechts. Dabei geht es um die Standfestigkeit, den Orts- oder Landschaftsschutz.

Gesundheitliche Auswirkungen werden nicht geprüft

Im Rahmen des Bauverfahrens sind nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs keine gesundheitlichen Auswirkungen zu überprüfen. Im Grünland ist auch noch die Naturschutzbehörde befasst, die den Natur- und Landschaftsschutz wahrzunehmen hat.

Aber auch die Naturschutzbehörde hat keine gesundheitlichen Auswirkungen zu prüfen. Weder im Bauland noch im Grünland ist in den Bauordnungen ein Betriebsanlagengenehmigungsverfahren für die Errichtung eines Antennentragemasts vorgesehen oder eine besondere Widmung nach dem Flächenwidmungsplan erforderlich.

Würde eine allenfalls erforderliche Baubewilligung wegen gesundheitlicher Bedenken verweigert werden, würde sich der/die Bürgermeister/in des Amtsmissbrauchs schuldig machen. Einige Bürgermeister wurden deswegen auch schon verurteilt.

Bürgermeister stehen in der Mitte

Die Bürgermeister und Bürgermeisterinnen stehen nun in der Mitte. Sie wissen, wie wichtig die Digitalisierung für den Standort Gemeinde ist. Gerade die vergangenen Monate haben gezeigt, dass gute Internetverbindungen für Familien und Betriebe absolut notwendig sind, um am Distance-Learnig teilnehmen zu können oder damit Homeoffice wahrgenommen werden kann. Auch für Betriebe – egal ob in der Produktion, im Handel oder im Tourismus – sind schnelle stabile Anbindungen ans Internet schon längst unbedingt erforderlich.

Der Ausbau der dafür nötigen Infrastruktur ist damit wichtiger Standortfaktor für die Entwicklung der Gemeinde. So gesehen haben viele erkannt, wie rasch die Digitalisierung ins tägliche Leben Einzug findet. Die dafür notwendige Infrastruktur per Glasfaser und Mobilfunk muss daher rasch, aber nur einmal, realisiert werden: eine Infrastruktur wie bei Strom oder Gas oder bei der Schieneninfrastruktur, die dann allen Anbietern offensteht und über die auch der Wettbewerb erfolgen kann.

Andererseits werden die Bürgermeister/innen mit den Anliegen der Initiativen konfrontiert, die den Ausbau ablehnen. Gesundheitliche Bedenken, Gefahren durch die neue Technologie bis hin zu Verschwörungstheorien werden an sie herangetragen. Wie auch in anderen Bereichen werden sie damit mit Problemen konfrontiert, die sie nicht lösen können.

Sich an die Bürgermeister zu wenden, ist sinnlos

Die 5G-Technologie kommt weltweit zum Einsatz. Es gibt auch weltweite Standards und Empfehlungen. Auch die EU-Kommission hat generelle Kriterien für den Betrieb erlassen, genauso wie in Österreich Normen und Richtlinien bestehen. Sollten es dagegen Bedenken geben, so sollten sich die Initiativen an diese Stellen wenden, aber nicht an die Bürgermeister/innen, die diesen Konflikt nicht lösen können. Auch die zuständigen Ministerien wären gefordert, nicht nur die Digitalisierung als wichtiges Projekt der Regierung voranzutreiben, sondern auch klar zu kommunizieren, ob Risiken mit dieser Technologie verbunden sind oder nicht. 

Das sagt der Volksanwalt Amon zur Gemeinderolle beim 5G Ausbau.