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Politik
Budgetdefizit - Gemeinden wehren sich gegen Schuldzuweisung
Die finanzielle Lage vieler Gemeinden bleibt angespannt: Fast die Hälfte kann ihren Haushalt nicht mehr ohne externe Hilfe ausgleichen. Nun soll auf höchster Ebene über Einsparungspotenziale und strukturelle Reformen verhandelt werden. Trotzdem haben die Gemeinden ihre Neuverschuldung leicht senken können.
Die Statistik Austria hat am Montag, dem 31. März, die aktuellen Zahlen zum Budgetdefizit 2024 veröffentlicht. Österreich hat mit einem gesamtstaatlichen Defizit von 4,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) deutlich die Maastricht-Grenze von drei Prozent überschritten. In absoluten Zahlen bedeutet das ein Minus von 22,5 Milliarden Euro. Die Staatseinnahmen lagen im Jahr 2024 bei 248,8 Milliarden Euro, die Ausgaben bei 271,3 Milliarden Euro. Damit sind die Einnahmen um vier Prozent gestiegen, die Ausgaben aber um 8,8 Prozent.
Gemeinden mit stabilerem Beitrag als andere Ebenen
Die Gemeinden ohne Wien verzeichneten im Jahr 2024 ein Defizit von 954 Millionen Euro. Im Vergleich zum Vorjahr (994 Millionen Euro) ist das ein Rückgang um 40 Millionen Euro. Gemeindebund-Präsident Johannes Pressl weist darauf hin, dass damit nur die Gemeinden zu einer Verringerung des Defizits beigetragen haben. Wien und die restlichen Bundesländer haben ihr gemeinsames Defizit hingegen auf 3,6 Milliarden Euro verdoppelt.
„Es sind nicht die Gemeinden, die einen überproportional großen ‚negativen‘ Beitrag zum Defizit geleistet haben“, so Pressl. Er spricht von einem „durchaus soliden Ergebnis“ trotz finanzieller Herausforderungen.
Druck auf Gemeinden wächst
Trotz dieser Entwicklung fordern Vertreterinnen und Vertreter der Bundesregierung auch von den Gemeinden weitere Sparmaßnahmen. Gemeindebund-Präsident Pressl warnt jedoch vor Kürzungen, die direkt bei den Menschen ankommen würden.
„Die österreichischen Gemeinden stehen zu Reformen bereit – aber nicht auf Kosten der Lebensqualität der Menschen!“, erklärt er. Wenn Gemeinden nun Milliarden zum Budget beitragen müssten, wären laut Pressl Kürzungen bei Kindergärten, der schulischen Nachmittagsbetreuung sowie bei Spitälern und Pflegeeinrichtungen nicht zu vermeiden.
Pressl fordert, dass alle staatlichen Ebenen gemeinsam nach Einsparungspotenzialen suchen: „Also setzen wir uns alle gemeinsam an einen Tisch und diskutieren wir gemeinsam, wo es im System Einsparungsmöglichkeiten gibt.“
Finanzielle Lage vieler Gemeinden angespannt
Laut Berechnungen des Zentrums für Verwaltungsforschung (KDZ) fehlen den österreichischen Gemeinden ohne Wien derzeit rund 1,4 Milliarden Euro im Budget. Rund 45 Prozent der Gemeinden dürften heuer ihre Haushalte nicht mehr ohne Unterstützung von Bund oder Ländern ausgleichen können. Besonders betroffen sind strukturschwache Regionen.
Viele Gemeinden greifen auf Rücklagen zurück – sofern diese noch vorhanden sind. Pressl betont: „Die Gemeinden sind reformbereit, sie arbeiten laufend an Effizienzsteigerungen und sind zur stärkeren Zusammenarbeit bereit – aber nur, wenn alle Partner am Verhandlungstisch sitzen.“
Ausblick: Gespräche auf höchster Ebene
Bereits in den kommenden Tagen will Pressl mit Bundeskanzler Christian Stocker und dem neuen Finanzminister Gespräche führen. Ziel ist es, die Rolle der Gemeinden beim Schuldenabbau zu klären. Pressl hält fest: „Die Gemeinden sind nicht die Verursacher dieses überbordenden Defizits, aber wir bekennen uns zur Steuergeldverantwortung.“
Inhaltlich geht es um mögliche Reformen im Gesundheitsbereich, in der Pflege sowie bei Bildung und Kinderbetreuung. Auch Selbstbehalte in bestimmten Bereichen stellt Pressl zur Diskussion – etwa, um Bewusstsein für den Wert öffentlicher Leistungen zu schaffen.
Ein Beispiel sei die Ferienbetreuung in Gemeinden. Diese sei kostenintensiv, doch wenn nur die Hälfte der angemeldeten Kinder erscheine, führe das zu Mehrkosten und Unzufriedenheit bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
Die kommenden Gespräche sollen nun klären, wie alle staatlichen Ebenen gemeinsam zur Stabilisierung der öffentlichen Finanzen beitragen können.