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Brandschutz bei Bauprojekten
KOMMUNAL hat Alfred Pölzl, Fachexperte für Brandschutzmanagement der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft zur Förderung der Qualität, zu Brandursachen, mangelndem Risikobewusstsein und wirkungsvollen Brandschutzmaßnahmen, die teilweise bereits im Zuge von Neu- und Umbauten getroffen werden können, befragt.
KOMMUNAL: Wie häufig treten Brände auf und welche Auswirkungen haben diese?
Alfred Pölzl: In Österreich brennt es jährlich rund 25.000 Mal. Dadurch entsteht ein Gesamtschaden von 260 Millionen Euro pro Jahr. Die Auswirkungen von Bränden sind verheerend. Innerhalb von 30 Minuten kann ein Brand die gesamte Geschäftsgrundlage eines Unternehmens zerstören. Die Hälfte aller von einem Großbrand betroffenen Unternehmen schafft es nicht mehr zurück auf den Markt. Ganze Existenzen werden mangels effektiver Brandschutzmaßnahmen zerstört. Im schlimmsten Fall kostet ein Brand auch Menschenleben. Aber nur rund zehn Prozent der Unternehmen weisen ein effektives Brandschutzmanagement auf.
Was sind die häufigsten Ursachen für Brände?
Technisch gesehen liegen die Ursachen am häufigsten im Bereich der Elektrotechnik, bei Leitungen und bei Betriebsmitteln. Rund 95 Prozent der Brände werden durch menschliches Fehlverhalten ausgelöst. Sei es durch fehlendes Wissen oder Können und vor allem Fahrlässigkeit. Die Missachtung von Sicherheitsbestimmungen, Unkenntnis von anerkannten Regeln der Technik und fehlende oder fehlerhafte Schnittstellenspezifikationen sind dabei am verbreitetsten. Fehlverhalten beginnt nicht erst kurz vor der Brandentstehung, sondern bereits in den ersten Planungsphasen eines Bauprojektes, indem wichtige Überlegungen zum Brandschutz unterlassen werden.
Wer ist bei einem Bauvorhaben für den Brandschutz zuständig?
Eine Vielzahl an Personen und Unternehmen sind bei einem Bauvorhaben abzustimmen. Die Kommunikation ist von einer unterschiedlichen Auffassung zur Wichtigkeit von Brandschutz, Zielen und Aufgaben geprägt. Der Architekt ist der Herr der Planung. Für einen effektiven Brandschutz fungiert aber idealerweise ein Brandschutzplaner, bei dem alle Fäden hinsichtlich des Brandschutzes zusammenlaufen. Wird das Thema Brandschutz in der Planungsphase nicht angegangen, kann es zum Stillstand von Bauvorhaben kommen, wie beim Stopp des Projekts Stuttgart 21 aufgrund von Brandschutzproblemen.
Wann sollte ein Brandschutzplaner zu einem Bauprojekt hinzugezogen werden?
Der Brandschutzplaner sollte so früh wie möglich involviert werden. Bereits zu Beginn der Planung kann Rücksicht auf sämtliche brandschutztechnische Maßnahmen und auf kleinere Brandabschnitte genommen werden. Dadurch erspart man sich kostenintensive Nachrüstungen, wie beispielsweise eine Brandmelde- oder Sprinkleranlage. Bei der architektonischen Gestaltung sowie bei allfälligen späteren Umbauten bzw. Adaptierungen ist man flexibler. Der Brandschutz wird später nicht als störend wahrgenommen. Wichtig ist dies besonders bei offenen Stiegenhäusern, der Festlegung von Brandabschnitten sowie einer allfälligen Brandmeldeanlage. Da die brandschutztechnische Planung bereits im Brandschutzkonzept enthalten und budgetiert wird, fallen für eine Planung im Vorfeld keine weiteren Kosten an. Im Gegenteil, eine frühzeitige Planung ermöglicht ein kostengünstigeres Bauen.
Welche Nachteile ergeben sich durch eine spätere Planung?
Erfolgt die Brandschutzplanung erst im Nachhinein, muss man sich an die baulichen Gegebenheiten anpassen. Zu große Brandabschnitte führen dazu, dass die Installation einer Sprinkleranlage unumgänglich wird. Dies ist in der Anschaffung, Wartung und aufgrund der geringen Erneuerungsabstände aufwändig und teuer. Nachträglich ergriffene Brandschutzmaßnahmen sind um den Faktor 1000 höher zu beziffern als im Vorfeld geplante.
Profitieren auch Professionisten durch eine frühzeitige Planung?
Ja, auch für Handwerker, vor allem für Installationen und Haustechnik beauftragte Unternehmen, ergeben sich durch eine Planung im Vorfeld Vorteile. Beispielsweise können Öffnungen in Brandwänden vorgesehen werden, um eine höhere Anzahl an Kabeln und Leitungen durchzuführen. Werden die Öffnungen nur in Standardgröße ausgeführt, kann es mitunter zu einer zu hohen Belegungsdichte führen. Dann müssen teure Speziallösungen eingesetzt werden, um normgerecht Leitungen durch Brandwände zu führen.
Warum sind Installationen brandschutztechnisch besonders zu beachten?
Eine Brandwand soll Brände so klein wie möglich halten. Jede Wanddurchführung ist brandschutztechnisch zu behandeln. Abschottungen sind unbedingt erforderlich. Durch unsachgemäße Installationen kann das Feuer durch Installationskanäle Brandwände überbrücken. Kabel können bei schlechter Installation als Zündschnur wirken und so den Brand von einem Brandabschnitt auf einen anderen übertragen. Nicht nur der Brandschaden bis zum Totalausfall erhöht sich, sondern auch versicherungstechnisch ergeben sich Schwierigkeiten. Ein Übergreifen auf einen weiteren Brandabschnitt ist nicht gedeckt, da der Brand bei einem umfassenden Brandschutzsystem schlichtweg nicht übergreifen darf. Der Versicherer kann aus der Leistung aussteigen.
Wozu dient ein Brandschutzmanagementsystem?
Ein Brandschutzmanagementsystem schützt vor dem wirtschaftlichen Knock-out und Personenschäden. Es ist hilfreich gegen Haftungsansprüchen Dritter und liefert nach einem Ernstfall bei einer gerichtlichen Verteidigung Beweise zur Haftungsminderung. Mit einem Brandschutzgütezeichen zeigt ein Unternehmen, dass der Sicherheitsanspruch über das gesetzliche Mindestmaß hinausgeht. Die im Zertifizierungsprozess eingeführten Steuerungstools und Best Practices helfen dem Unternehmen, ein effektives Brandschutzmanagementsystem aufzusetzen, die Betriebs- und Baukosten zu senken und die Wettbewerbsfähigkeit und Rentabilität zu steigern.
Gütezeichen können mit den Sternen bei Hotels verglichen werden. Bei einem 4-Sterne-Hotel weiß man, was einen erwartet. Gleiches gilt für Betriebe mit Gütezeichen. Angenommen, ein Kindergarten besitzt das Brandschutz-Gütezeichen. Wenn die eigenen Kinder in diesen Kindergarten gehen, fühlt man sich dann nicht sicherer?
Wer ist im Unternehmen für den Brandschutz verantwortlich?
Zur Gewährleistung der Sicherheit und eines effektiven Brandschutzes ist die oberste Ebene gefragt. Der Brandschutz muss einen hohen Stellenwert einnehmen, im Leitbild verankert und aktiv wahrgenommen werden. Ein Großbrand ist immer ein Versagen des Managements. Zudem ist der Wissenstransfer zwischen Abteilungen unerlässlich, damit Brandschutzmaßnahmen nicht nur Insellösungen bleiben.