
Nur 17 Befragungen endeten im Sinne der Projektwerbenden – 12 davon betrafen Windkraftprojekte. Damit ist Windenergie die klare Ausnahme im sonst stark ablehnenden Stimmungsbild gegenüber Infrastrukturprojekten
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Sinnvolle Investitionen
Großprojekte: Endstation Volksbefragung
Bürgerbefragungen gehen zumeist gegen neue Projekte aus, zeigt eine aktuelle clavis-Studie. Obwohl Windkraft eigentlich die Ausnahme darstellt, stimmte die Kärntner Bevölkerung im Jänner mehrheitlich gegen einen weiteren Ausbau in den Bergregionen. Ja/Nein-Fragen erschweren die sachliche Information und führen zu Emotionalisierung.
Auch wenn das Ergebnis in Kärnten rechtlich nicht bindend war, dürfte es künftige Projekte politisch deutlich erschweren. Derzeit stehen in Kärnten nur 14 der insgesamt rund 1.440 Windkraftanlagen in Österreich.
Eine aktuelle Erhebung der Kommunikationsberatung clavis beleuchtet die wachsende Bedeutung direktdemokratischer Verfahren in der Raumplanung: Zwischen Jänner 2019 und Dezember 2024 wurden in Österreich 58 Volksabstimmungen, Volksbefragungen und Bürgerbefragungen zu Bauprojekten mit Ja/Nein-Fragen abgehalten. Das Ergebnis: In 71 Prozent der Fälle wurden die Projekte von der Bevölkerung abgelehnt.
Windkraft wird eher positiv gesehen
Nur 17 Befragungen endeten im Sinne der Projektwerbenden – 12 davon betrafen Windkraftprojekte. Damit ist Windenergie die klare Ausnahme im sonst stark ablehnenden Stimmungsbild gegenüber Infrastrukturprojekten.
Auffällig ist auch die regionale Verteilung der Abstimmungen. In Niederösterreich fanden mit 27 Befragungen die meisten Entscheidungen statt – 17 Projekte wurden dort abgelehnt. In Tirol wurden alle acht Projekte per Volksbefragung gestoppt. Auch Salzburg und Vorarlberg verzeichneten jeweils eine 100-prozentige Ablehnungsquote bei drei Befragungen. Kärnten hingegen hat neben der aktuellen Windkraftbefragung eine positive Entscheidung aus dem Jahr 2022 vorzuweisen, als die Bevölkerung für den Windpark Peterer Alpe stimmte. In Wien fand im Erhebungszeitraum keine einzige Befragung statt.
Verkehrsprojekte sind unbeliebt
Besonders schwer tun sich Verkehrsprojekte: In allen acht diesbezüglichen Abstimmungen fiel das Votum negativ aus. Auch Projekte aus Tourismus, Freizeit, Gewerbe und Industrie hatten kaum Chancen – nur je eine Befragung pro Bereich wurde positiv entschieden. Photovoltaik-, Biomasse- und Wasserkraftprojekte schnitten ähnlich schlecht ab: Von sieben Abstimmungen endete lediglich eine mit einem Ja.
Veränderungen sind nicht erwünscht
Laut clavis-Geschäftsführer Ulrich Müller zeigt sich in den Daten ein starkes Unbehagen gegenüber Veränderungen. Das erkläre auch, warum Befragungen zur Schließung bestehender Infrastrukturen wie Spitäler oder Schwimmbäder oft zugunsten des Erhalts ausfallen – selbst wenn das die kostenintensivere Lösung ist. Bei Windkraft hingegen gelinge es Projektbetreibern offenbar besser, der Bevölkerung den individuellen Nutzen zu vermitteln.
Ja/Nein-Abstimmungen erschweren sachliche Kommunikation
Eine Schlussfolgerung der Analyse: Die Polarisierung durch Ja/Nein-Abstimmungen erschwert sachliche Kommunikation. In aufgeheizten Debatten sei es schwierig, differenzierte Argumente durchzubringen. Bürger:innenforen oder andere dialogorientierte Beteiligungsformate seien besser geeignet, um gemeinsam tragfähige Lösungen zu erarbeiten. Laut Müller würden viele Bürgerbefragungen gezielt von Projektgegner:innen initiiert, um Projekte zu stoppen – nicht, um sie zu verbessern.
Über clavis
clavis ist ein Beratungsunternehmen für strategische Kommunikation mit 25 Mitarbeiter:innen an vier Standorten (Innsbruck, Bregenz, Wien, Bozen). Im Geschäftsbereich Projektkommunikation arbeitet clavis für Kunden wie die Stadt Wien, APG, die Salzburger Regionalstadtbahn Projektgesellschaft (S-Link) oder die TIWAG.