Menschen sitzen an einem Tisch und diskutieren
Emotionen können „entschärft“ werden, indem sie gehört und anerkannt werden.
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Change Management

Wie man die Notwendigkeit zu sparen richtig kommuniziert

Dass gespart werden muss, möchten Menschen meist nicht hören. Die Mediatorin Christa Fischer-Korp erklärt, wie man mit dem heiklen Thema umgeht.

Wie kann eine Gemeinde eine Kommunikationsstrategie für Sparmaßnahmen entwickeln?

Gute Kommunikationspolitik und eine erfolgreiche Kommunikationsstrategie leben von Information über diejenigen, mit denen man kommunizieren möchte. Wird in Gemeinden der Sparstift angesetzt, entstehen sofort Sorgen, Ängste, aber auch Widerstand gegen die eigenen möglichen finanziellen Verluste. Das kann das Vertrauen in die politisch Verantwortlichen erheblich torpedieren, und deshalb braucht es erstens genaue Überlegungen, wie gespart wird und zweitens, wie das Beteiligten und Betroffenen mitgeteilt wird. Das heißt, eine Kommunikationsstrategie muss entwickelt werden.

Christa Fischer-Korp
Christa Fischer-Korp: „Es ist darauf zu achten, dass es bei Einsparungsmaßnahmen keine Gewinner oder Verlierer gibt, das würde unweigerlich zu Konflikten führen.“

Die Bevölkerung von Gemeinden kann in verschiedene Gruppen (genannt Stakeholder oder Interessensgruppen) eingeteilt werden, die nun Beteiligte und Betroffenen der Sparmaßnahmen sind. Beispiele für diese Gruppen sind etwa Bürger, Schüler, Bildungseinrichtungen, NGOs, Unternehmen, soziale Einrichtungen, Institutionen etc. Alle diese Gruppen können nun von Sparmaßnahmen betroffen sein: Bürger bekommen weniger Förderungen, Straßenbauprojekte können nicht umgesetzt werden, Schwimmbäder werden geschlossen, Kinderbetreuung wird teurer usw. Dann treten Verlustängste, manchmal auch existentielle Ängste, aber auch Ärger bei den Betroffenen auf.

Wie kann nun die Notwendigkeit zum Sparen den Betroffenen mitgeteilt werden? 

Notwendigkeiten ist hier das Stichwort. Die Notwendigkeit, die Dringlichkeit und der Sinn der Sparmaßnahmen müssen schlüssig erklärt werden: Notwendigkeiten und Dringlichkeit werden dadurch erklärbar, dass ein Szenario der möglichen Konsequenzen dargestellt wird. Der Sinn des Sparens wird durch einen Blick in die Zukunft, also was möglich wird, wenn nun konsolidiert wird, verständlich.

Grundsätzlich ist darauf zu achten, dass es bei Einsparungsmaßnahmen keine Gewinner oder Verlierer gibt, das würde unweigerlich zu Konflikten führen. Diese Fairness auch zu kommunizieren, hilft dabei, Gerüchten oder Propaganda vorzubeugen.

Um auf alle Bedürfnisse, aber auch auf berechtigte Interessen von Betroffenen einzugehen, braucht es eine Analyse nicht nur der Interessen und Bedürfnisse, sondern auch der Erwartungen, der Emotionen, die auftreten können, sowie möglicher Auswirkungen des Sparens auf die jeweiligen Gruppen und des Konfliktpotentials.

Alles das muss Inhalt einer effizienten und effektiven Kommunikationsstrategie sein.

Über welche Kanäle kann man kommunizieren?

Im Idealfall bestehen zu den verschiedenen Gruppierungen bereits Gesprächskanäle, über die die Inhalte weitergegeben werden. Auch die Homepage und die sozialen Medien der Stadt oder der Gemeinde sind geeignet, diese Inhalte zu transportieren.

Wichtig erscheint mir, einen weiteren, eventuell mündlichen, niederschwelligen Zugang zu Informationen zu schaffen. Das kann über das Bürgerservice erfolgen oder man richtet eine Website mit den häufigst gestellten Fragen (FAQs) und deren Beantwortung ein.

Empfehlen Sie Bürgerbeteiligung in Sparprozessen – und wenn ja, in welcher Form?

Das Einbinden von Beteiligten und Betroffenen kann zur Akzeptanz beitragen, wenn es richtig gemacht wird.

Die Fragen, die dazu gestellt werden müssen, sind: 

  • Welche Ziele wollen wir uns durch diesen Prozess setzen?
  • Wozu soll der Beteiligungsprozess führen?
  • Wie sollen Entscheidungen getroffen werden?
  • Müssen Entscheidungen dieses Prozesses verbindlich umgesetzt werden?

Das Wichtigste für den Prozess ist Transparenz, die auch durch eine umfassende, von jedermann einsehbare Dokumentation, sichergestellt wird und ein gemeinsames Festlegen der Spielregeln.

  • Wie wollen wir miteinander umgehen?
  • Was werden wir im Falle von Unstimmigkeiten tun?
  • Was tun wir, wenn Konflikte auftreten?
  • usw.

Was sollten Verantwortliche über mögliche emotionale Reaktionen der Bevölkerung wissen?

Es ist schwer, von der Bevölkerung als Ganzes zu sprechen, weil sich diese aus den verschiedenen Gruppen zusammensetzt und inhomogen ist. Verschiedene Gruppen sind auch unterschiedlich betroffen.

Werden Kinderbetreuungsbeiträge erhöht, werden betroffene Eltern verärgert oder wütend sein. Werden Sportstätten reduziert, sind Vereine und Eltern betroffen und werden emotional mit Frust und Ärger reagieren. Eltern, die doppelt betroffen sind, werden eventuell mit Wut reagieren. Werden Infrastrukturprojekte gestrichen, werden die Wirtschaft und die Arbeitnehmer nicht erfreut sein und Emotionen zeigen.

Um hier einen guten Überblick zu erhalten, empfiehlt sich, die bereits erwähnte Stakeholderanalyse, in der auch alle Gruppen auf Betroffenheit und emotionale Reaktionen exploriert werden können.

Emotionen können „entschärft“ werden, indem sie gehört und anerkannt werden. „Ich merke, dass Sie verärgert und wütend sind und kann das von Ihrem Standpunkt aus verstehen!“ Die Aussage von ihrem Standpunkt aus, signalisiert dem Gesprächspartner, dass man sehr wohl imstande ist, den „gegnerischen“ Standpunkt einzunehmen und auch zu verstehen. Wird das alles durch gute Kommunikation vermittelt, eröffnet sich die Möglichkeit, zur Sachlichkeit zurückzukehren, um so die Probleme zu besprechen.

Welche Rolle spielt die innere Haltung von Gemeindeverantwortlichen in diesen Prozessen?

Diese spielt eine sehr große Rolle, weil Menschen meist das ausstrahlen, was sie denken (oft erwähnte Ausnahme ist das Pokerface). Mit einer positiven Vision aus dem Strategieprozess und deren Verinnerlichung durch die politisch und verwaltungstechnisch Verantwortlichen, sollte das machbar sein.

Welche typischen Fehler werden bei der Kommunikation von Einsparungen auf Gemeindeebene gemacht?

Ein typische Fehler ist es, nicht auf die Emotionen der Betroffenen einzugehen, sie in ihren Sorgen und Ängsten nicht ernst zu nehmen und dadurch von der emotionalen Ebene nicht mehr auf die sachliche zurückkehren zu kommen. Dadurch schwinden Vertrauen und Akzeptanz. 

Ein großer Kommunikationsfehler ist es auch, wenn es keine positive Einstellung zum Prozess gibt, keine gemeinsame Vision und keine gemeinsamen Ziele. So etwas lässt sich meist auch nicht durch die beste Kommunikation ausgleichen.

Gibt es bewährte Methoden oder Kommunikationsmuster, um Ängste, Sorgen oder Misstrauen zu entschärfen?

Ängste und Sorgen von Menschen oder Gruppen sind real, deshalb müssen sie ernst genommen werden. Man muss darauf eingehen. 

Das kann sehr gut mit Fragetechniken gemacht werden: „Was genau wollen Sie besprochen haben, damit ihre Befürchtungen/Sorgen abnehmen?“ „Welches Thema wäre Ihnen jetzt hier beim Thema finanzieller Engpass wichtig zu besprechen, damit Ihre Sorgen und Ängste zerstreut werden?“ „Wo und wie sehen Sie sich im Widerspruch zu uns?“ „Wie haben wir aus Ihrer Sicht den Sachverhalt zum Thema Sparen beschrieben, und wo ist das im Widerspruch zu Ihrem Verständnis?“ „Welche Aspekte unserer Ausführungen können Sie verstehen und akzeptieren?“

Ich denke, durch diese Form des Fragens ist gut zu erkennen, wie auf den Gesprächspartner eingegangen wird, sodass dieser auf die Sachebene zurückgeführt wird. Wer es nicht glaubt, sollte das einmal ausprobieren, Gelegenheiten gibt es dazu sicherlich genug. Fragetechniken sind ein hervorragendes kommunikatives Handwerkszeug, das oft unterschätzt wird.

Wie lässt sich konstruktiver Dialog auch bei heiklen Themen wie Leistungskürzungen fördern?

Durststrecken können überwunden werden, wenn die Aussicht da ist, zu einem Brunnen zu kommen, das heißt, es muss eine Vision da sein, wie es in einem Zeitraum X weitergehen kann und was durch Einsparungen zukünftig erhalten werden kann bzw. möglich sein wird.

Welche „No-Gos“ sollte man bei der Kommunikation von Sparmaßnahmen unbedingt vermeiden?

Es gibt absolute No-Gos für jede Kommunikation, diese gelten auch für unser Thema hier: Etwa auf einen Vorschlag mit einem „Dafür bin ich nicht zuständig“ zu reagieren.

Ein Fehler ist auch, das Problem durch Aussagen wie „Das ist doch alles nicht so schlimm“ oder „Da müssen wir jetzt durch“, herunterzuspielen. 

Auch Feststellungen wie „Warum haben Sie das nicht früher gesagt?“ oder „Sie regen sich ja nur auf, weil ...“, tragen nicht zu einem konstruktiven Dialog bei. Und auch Feststellungen wie „Da liegen Sie falsch“ verschlechtern das Gesprächsklima.

Wie können politisch Verantwortliche dazu beitragen, dass Veränderungsprozesse nicht in einem Schema von Gewinnern und Verlierern enden, sondern demokratiepolitische Möglichkeiten erweitert werden?

In meinen Augen ist das für politisch Verantwortliche eine sehr schwierige Aufgabe und erfordert von ihnen nicht nur Können (siehe oben), sondern auch ein wirkliches Wollen! Erfahrungsgemäß haben Bürger manchmal Erfahrungen mit derartigen Beteiligungsprozessen gemacht, wissen jedoch auch, dass diese oft unter die Kategorie Alibihandlungen fallen. 

Demokratie ist für politisch Verantwortliche, aber auch für Bürger „anstrengend“, braucht Vorbereitung, umfassende Informationen, offene Kommunikation, ein Konfliktmanagement, Vertrauen, Transparenz usw. Das ist nicht von 20 auf 100 zu erreichen (um hier den Ausdruck von 0 auf 100 zu vermeiden).

Aber, wenn es in einer Stadt oder Gemeinde noch wenig Erfahrung mit Bürgerbeteiligung gibt, kann beim Prozess der finanziellen Einsparungen ohne Gewinner- und Verliererschema damit begonnen werden. Voraussetzung ist, dass die vorher erwähnten Strategien und Grundsätze angewendet werden.

Können Sie ein gelungenes Beispiel nennen, bei dem eine Gemeinde Einsparungen überzeugend kommuniziert hat?

Ich kenne viele Gemeinde, die hervorragend arbeiten und zum Wohle und zur Freude der Bevölkerung Projekte umsetzen. Dort, wo Projekte gut gelingen, wurde gut kommuniziert und umgekehrt.

Wenn Sie in die nordischen Staaten schauen, wird man sehen, dass dort viele Notwendigkeiten rasch umgesetzt werden können, weil die Bevölkerung umfassendes Vertrauen in die Politik hat, weil der Politiker Teil der Bevölkerung ist. Bei uns muss das vielfach erst erreicht werden, ist jedoch in diesen, auch für die politisch Verantwortlichen, ein absolutes „MUSS“.

Zur Person

Christa Fischer-Korp ist Biologin, Mediatorin und Kommunikationsexpertin in der Beratung von Unternehmen und Gemeinden

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