Eine Reduktion von Investitionen ist kein Zeichen von Schwäche, sondern Ausdruck von Weitsicht.
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Vom Gestalten zum Steuern
Wie Gemeinden in schwierigen Zeiten ein tragfähiges Budget erstellen
Die Finanzlage vieler österreichischer Gemeinden ist angespannt. Trotz anhaltend hoher Aufgabenvielfalt wachsen die finanziellen Spielräume kaum. Während die Ertragsanteile stagnieren, steigen Personal-, Energie- und Transferaufwendungen stetig an. Gleichzeitig erfordert der Klimaschutz Investitionen in Infrastruktur, Energieeffizienz und Mobilität. Vor diesem Hintergrund wird die Budgeterstellung für Gemeinden zunehmend zu einem Balanceakt zwischen Pflicht, Verantwortung und Zukunftsgestaltung.
Die operative Gebarung (Saldo 1 „Geldfluss der operativen Gebarung“ in der Finanzierungsrechnung) zeigt, ob die laufenden Einzahlungen ausreichen, um die laufenden Auszahlungen zu decken. Gerade hier wird sichtbar, wie eng die Spielräume geworden sind: steigende Umlagen, Lohnabschlüsse und Energiekosten drücken auf die Ergebnisse.
Fokus auf Ermessensausgaben und Ermessenseinnahmen – Prioritäten mit Wirkung setzen
Nur wenn die operative Gebarung einen ausreichenden Überschuss erzielt, kann dieser für Investitionen oder Schuldentilgungen genutzt werden. Andernfalls muss die Gemeinde auf Rücklagen oder neue Kredite zurückgreifen – was langfristig die finanzielle Stabilität gefährdet.
Ein wesentlicher Hebel für die finanzielle Steuerung liegt in den sogenannten Ermessensauszahlungen. Dabei handelt es sich um jene Teile des Budgets, über die die Gemeinde selbst entscheiden kann – also über gesetzlich nicht zwingende Leistungen wie etwa die Unterstützung von Freiwilligenorganisationen, die Gestaltung von Freizeit- und Begegnungsräumen, kommunale Öffentlichkeitsarbeit, Grünraumpflege, freiwillige Sozialleistungen oder regionale Entwicklungsinitiativen.
In Zeiten angespannter Finanzen sollten Gemeinden regelmäßig prüfen:
- Welche Leistungen stiften für unsere Bürger:innen den größten Nutzen?
- Welche Aktivitäten können wir gemeinsam mit anderen Gemeinden, Vereinen oder privaten Partnern umsetzen?
- Wo lassen sich bestehende Angebote effizienter oder zielgerichteter gestalten?
Eine bewusste Priorisierung dieser Ermessensauszahlungen ist kein Verlust an Lebensqualität, sondern Ausdruck einer verantwortungsvollen Ressourcensteuerung. Durch klar definierte Leistungsziele können auch freiwillige Aufgaben transparent und wirkungsorientiert geplant und überprüft werden.
Auch auf der Einnahmenseite sind die selbst zu beeinflussenden Positionen zu analysieren und ggf. anzupassen.
Investive Gebarung – vom Wollen zum gezielten Umsetzen
Die investive Gebarung zeigt, welche Projekte eine Gemeinde langfristig finanziell tragen kann. Eine Reduktion oder zeitliche Streckung von Investitionen ist dabei kein Zeichen von Schwäche, sondern Ausdruck von Weitsicht.
Empfehlenswert ist ein klarer Kriterienkatalog:
- Priorisierung nach Pflichtaufgaben, Dringlichkeit und Nutzen
- Bewertung nach Lebenszykluskosten statt reinen Anschaffungskosten
- Nutzung von Fördermitteln und Synergien durch Kooperationen
Operative Effizienz stärken – kleine Hebel mit großer Wirkung
Um die operative Gebarung zu stabilisieren, sollten Gemeinden ihre internen Abläufe und Strukturen regelmäßig hinterfragen und gezielt modernisieren. Oft sind es nicht große Reformen, sondern viele kleine Maßnahmen, die langfristig spürbare Effekte zeigen.
Beispiele:
Optimierte Personal- und Ressourcenplanung: Durch vorausschauende Dienst- und Vertretungspläne, gemeinsame Nutzung von Fachkräften zwischen Gemeinden oder automatisierte Zeiterfassungssysteme können Arbeitsabläufe effizienter und planbarer gestaltet werden.
Verwaltungsvereinfachung und Abbau von Doppelgleisigkeiten: Viele Verwaltungsschritte sind historisch gewachsen und mehrfach abgesichert. Die Vereinheitlichung von Formularen, Freigabeprozessen oder Genehmigungswegen reduziert Bearbeitungszeiten, entlastet Mitarbeitende und steigert die Servicequalität. Dänemark zeigt, wie konsequente Digitalisierung und klare Zuständigkeiten den Bürger:innenkontakt vereinfachen, ohne an Qualität zu verlieren.
Klare Rahmenbedingungen im Bereich Einkauf: Durch gemeinsame Beschaffung, Bündelung von Bedarfsmengen und transparente Rahmenverträge können Gemeinden bessere Konditionen erzielen.
Finanzierung aktiv steuern – Liquidität sichern, Chancen nutzen
Neben Einnahmen- und Ausgabenseite ist auch die Finanzierung ein entscheidender Faktor für die Stabilität des Gemeindehaushalts.
Ein regelmäßiger Finanzierungs-Check kann helfen, Zinslasten zu senken und Liquidität zu sichern:
- Überprüfung bestehender Kredite auf bessere Konditionen oder Umschuldungsmöglichkeiten
- Nutzung von Zinsvorteilen durch gemeinsames Auftreten mehrerer Gemeinden oder kommunaler Verbände
- Aktives Cashflow-Management, um kurzfristige Liquiditätsengpässe zu vermeiden und Überschüsse gezielt zu investieren
Ebenso gilt: Auch Töchterunternehmen und Beteiligungen müssen ihren Beitrag leisten. Ob Stadtwerke, Immobiliengesellschaften oder Freizeitbetriebe – ihre wirtschaftliche Stabilität und Effizienz beeinflussen unmittelbar den Gesamthaushalt der Gemeinde. Transparente Steuerung, klare Zielvorgaben und ein regelmäßiges Controlling sichern nicht nur die Leistungsfähigkeit, sondern auch das Vertrauen der Öffentlichkeit.
Kooperationen als strategische Antwort
Zunehmend erkennen Gemeinden, dass sie gemeinsam mehr erreichen können. Ob Shared Services in der Verwaltung, gemeinsame Infrastruktur, abgestimmte Förderstrategien oder interkommunale Personalpools – Kooperationen reduzieren Fixkosten, sichern Qualität und erhöhen die Resilienz kleinerer Gemeinden.
Kooperative Lösungen für Kindergärten, Abfallsammelzentren, Schulen, Sportanlagen oder Pflegeeinrichtungen ermöglichen den Gemeinden, Ressourcen zu bündeln und zugleich ein qualitativ hochwertiges Angebot zu sichern. Gemeinsame Nutzungskonzepte reduzieren Investitions- und Betriebskosten, während die Versorgung der Bevölkerung verbessert wird.
Zukunftssicherung durch Weitblick und Mut
Österreichs Gemeinden können auch in herausfordernden Zeiten handlungsfähig bleiben, wenn sie ihre Finanzen aktiv steuern, Prioritäten setzen und Kooperationen suchen.
Ein tragfähiges Gemeindebudget entsteht nicht im Rechenprogramm, sondern durch klare Zielbilder und Prioritäten.
Dazu gehören:
- realistische Finanzannahmen (auch MFP),
- transparente Kommunikation mit Gemeinderat und Bevölkerung,
- und der Mut, auch unbequeme Entscheidungen zu treffen.
Dabei ist es wichtig, in Wirkungszusammenhängen zu denken und langfristige Folgen sichtbar zu machen.