Sarg wird in Gemeinde zu Grabe getragen
© Shutterstock/Eugen Thome

Wettbewerbsbehörde fordert Transparenz

„Es geht nicht nur um mangelnde Transparenz. Und es geht nicht nur um das Bestattungswesen.“ Die Bundeswettbewerbsbehörde kritisiert Dinge wie mangelnde Preistransparenz und Gebietsschutz als unfair und kostentreibend. Eine Nahaufnahme.

Der Bericht über die mangelnde Transparenz im österreichischen Bestattungswesen, was zum Beispiel Kosten für Begräbnisse auf den Websites betrifft, rüttelte an einem Thema, das viele nicht wahrhaben wollen.

Auf den Punkt gebracht: Mangelnde Transparenz führt zu höheren Kosten für jeden Einzelnen, wie Theodor Thanner, Generaldirektor der Bundeswettbewerbsbehörde, im Gespräch ausführt.

Was aus seiner Sicht Fairness im heutigen Wirtschaftsleben, wo es doch meist ums Überleben im Wettbewerb und dabei Gewinnmaximierung geht, bedeutet? „Das ist ein ganz wichtiger Punkt, was den Wettbewerb betrifft. Wettbewerb heißt ja nichts anderes, als dass ich immer die Wahl zwischen verschiedenen Produkten habe. Kein Wettbewerb heißt nichts anderes als ein Monopol.“ Wenn keine Konkurrenz da ist, kann ein Unternehmen Preise ansetzen, wie es will – die Kosten haben die Konsumenten zu zahlen.

Wettbewerb aus Sicht der Bundeswettbewerbsbehörde heißt keine Preisabsprachen, keine Kartellierungen, keine Gebietsabsprachen, kein Monopol, das seine Marktmacht missbraucht. Solche Verhaltensweisen bringen Probleme für Unternehmen, aber es ist ein Gebot der Fairness, dass alle die gleichen Rahmenbedingungen haben und dass niemand übervorteilt wird – „weder der Konsument, noch die Unternehmen, noch in dem Fall die Gemeinden“.

Dass das in Europa mit seiner Dienstleistungsfreiheit generell schwierig ist, räumt Thanner ein, verweist aber auf die Kostenlast, die viele Unternehmen aus dem Ausland davon abhält, nach Österreich zu kommen. Genauso, wie viele österreichische KMU nicht ins Ausland gehen.

„Das hängt auch mit der Steuerleistung zusammen, Stichwort Großkonzerne im digitalen Bereich, die keine Steuern in Österreich zahlen. Die Onlinewerbung in den Medien beträgt über 500 Millionen Euro, ein Großteil davon geht an Facebook und Google. Diese Frage lässt sich aber nur im europäischen Kontext klären“, schränkt Thanner ein. 

Wie er denn die aktuellen Diskussionen im Bereich des Glasfaser- und 5G-Ausbaus betrachtet, wollen wir wissen. Denn für die Gemeinden ist das eine genauso heikle Frage wie vor 100 Jahren die Elektrifizierung des ganzen Landes. „Hier laufen ja die Ausschreibungen für Mobilfunk; wir werden sehen, was da herauskommt. An sich wäre das ein gutes Feld für Wettbewerb.“ Allerdings hat eine Evaluierung der letzten Ausschreibung ergeben, dass die Anzahl der versteigerten Lizenzen genau dem Marktanteil der Bieter entsprochen hat. Thanner: „Das wäre ein Anzeichen für ein Kartell, darum wird die BWB das auch im Auge behalten.“

Als wir wissen wollen, wie er das mit dem für den 5G-Betrieb notwendigen Glasfaserausbau sieht, verweist Thanner auf das deutsche Regierungsübereinkommen, wo es heißt, dass „ländliche Gebiete vom Ausbau vorerst auszunehmen sind“. In Österreich erhebt sich hier allerdings die Frage, ob ein Anbieter, der Glasfaser – auch mit staatlicher Hilfe – nahezu flächendeckend ausgebaut hat, dieses Netz für andere Anbieter öffnen muss.

Für Gemeinden als Unternehmer müssen die gleichen Regeln gelten wie für alle anderen Unternehmen

Thanner: „Aber wie man es auch dreht und wendet: Dort, wo die Gemeinde Unternehmer ist, muss sie sich den gleichen Regeln stellen wie andere Unternehmer, sie kann sich hier nicht hinter der Daseinsvorsorge verstecken, vor allem, wenn eine Gebührenfinanzierung mitspielt. Stichwort Bestatter.“ Aufgrund des Beitrags im KOMMUNAL seien weitere Beschwerden eingetrudelt, die jetzt aufgearbeitet würden. „So hat ein Beschwerdeführer ausgeführt, dass er Parten nicht im bestehenden Schaukasten anbringen darf, da er in der kommunalen Bestattung einer großen Stadt gehört. Aber eigene Schaukästen darf er auch nicht errichten.“ 

Das ist Verdrängungs- oder Behinderungswettbewerb. Diese Art Wettbewerb ist nach Ansicht der BWB nicht in Ordnung. Ähnliches spielt sich derzeit zwischen Uber und Taxis oder AirBnB und den Hotels ab. Thanner: „Ich würde weniger andere verdrängen oder behindern wollen, sondern eher schauen, wo ich selbst besser werden kann.“

Auf die Frage, wieso ein Friedhofsbetreuer, ein Bestattungsunternehmen im Wettbewerb einem anderen Anbieter sozusagen Unterstützung geben soll, das eigene Angebot „zu verdrängen“, verweist die BWB einerseits auf die landesgesetzlichen Regelungen und andererseits auf die Liberalisierung 2002.

Trennung zwischen kommunaler Verwaltung und Leistung gefordert

„Es gibt eine sehr geringe Anzahl von Bestattern, die noch kommunal integriert sind und die die Gemeinde verwaltet. Es muss hier eine Trennung zwischen kommunaler Verwaltung und Leistung geben. Die privaten Bestatter, die seit 2002 auf dem Markt sind, müssen für die Nutzung der Aufbahrungshalle ja auch bezahlen.“ Allerdings muss auch diese Gebühr „im Rahmen“ sein. Es muss also eine strikte Trennung der Verwaltung und Administration der Friedhöfe und einer kommunalen unternehmerischen (Privatisierung) Bestattung stattfinden.

Deutlich wird der Grund für die Handlungsweise der BWB, warum sie sich auf die Bestatter konzentrieren, als die Sprache darauf kommt, in welchen Preisklassen man sich hier bewegt. Thanner: „Wir wissen es nicht, weil sich die Bestatter weigern, auf ihren Websites Preise für Bestattungen zu veröffentlichen, sie sich dadurch der Vergleichbarkeit entziehen und damit den Verdacht schüren, dass es hier zu Preisabsprachen gekommen ist.“ Das wird zwar von Seiten der Innung dementiert, aber ein Dementi kann einen Verdacht nicht aus dem Weg räumen.

Anderes Beispiel: Laut dem Wiener Landesgesetz braucht man für eine Kremierung einen Sarg. In Niederösterreich gibt es keinen solchen Passus. Allein bei diesen Kosten gibt es enorme Spannen. Im Einkauf kostet ein Sarg so um die 30 Euro, verkauft wird er aber um 500 Euro, so Thanner.

Theodor Thanner
Theodor Thanner: "Der Wettbewerb bringt eine Million Probleme für die Unternehmen, aber er ist ein Gebot der Fairness.“

Nicht auf der Höhe der Zeit

Auf die Frage, warum die Bestattung als Gewerbe, die sie ja ist, nicht so einfach funktioniert wie das Tischlergewerbe, meint Thanner, dass hier Wettbewerb noch nicht angekommen ist und noch viel Nachholbedarf herrscht. Es gibt heute auch mehr Bedürfnis nach Information, der Verbraucher ist hier mündiger geworden. Früher war das nicht so, da hat man Monopole eher akzeptiert.

Thanner merkt dann noch an, dass nicht nur die Bestatter, was Transparenz und Wettbewerb betrifft, noch nicht im 21. Jahrhundert angekommen sind. „Das betrifft auch andere Bereiche wie beispielsweise die Entfernungsregelungen bei Apotheken und die für Gemeinden wichtige Frage der Hausapotheken, die wir uns in einem anderen Zusammenhang etwas genauer angesehen haben.“

Jedenfalls ist aus der Bundeswettbewerbsbehörde in Sachen „fairer Wettbewerb“ noch das eine oder andere zu erwarten. Derzeit werden gerade Ausschreibungspraktiken im Baugewerbe unter die Lupe genommen, wo mancherorts Kartellbildungen vermutet werden.