Eisenbahn in Österreich
Übergang einer Eisenbahnkreuzung ohne Schranken.

Welche Kosten von der Gemeinde zu tragen sind

Die Kostentragungspflicht der Gemeinden bzw. die Teilung der Kosten im Zusammenhang mit Eisenbahnkreuzungen ist kompliziert. Für die Gemeinden bedeuten die Regelungen über die Kosten eine enorme Belastung. Grund zur Freude gibt eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs aus dem Jahr 2015.

Losgelöst von der Frage, wann das BMVIT bzw. der Bund der Gemeinde einen Kostenersatz zu leisten hat, bedarf es einer Aufklärung darüber, in welchem Umfang Gemeinden überhaupt Kosten zu tragen haben.



Grundsätzlich fallen folgende Kosten, die bei Umsetzung von behördlich angeordneten Maßnahmen an Eisenbahnkreuzungen entstehen, unter die Kostentragungspflicht der Gemeinden:


  • Kosten der Sicherungseinrichtungen,

  • Kosten für die bauliche Umgestaltung der bestehenden Kreuzung,

  • Kosten für Zusatzeinrichtungen zur Erhöhung der Sicherheit (Läutewerke, Drehkreuze, Tore, Umlaufsperren, Hängegitter),

  • Kosten der Zusatzeinrichtungen für die barrierefreie Ausgestaltung der Sicherung der Eisenbahnkreuzung,

  • Kosten für die im Zusammenhang mit der Auflassung erforderliche Umgestaltung des Wegenetzes oder Durchführung sonstiger Ersatzmaßnahmen sowie

  • Kosten für die künftige Erhaltung und Inbetriebhaltung der umgestalteten Kreuzung, des umgestalteten Wegenetzes und der Ersatzmaßnahmen.

  •  



Zu berücksichtigen ist aber, dass die Kosten für die im Zusammenhang mit der Auflassung erforderlichen Abtragungen und Absperrungen beiderseits der Eisenbahn zur Gänze vom Eisenbahnunternehmen zu tragen sind. Ebenso sind die Kosten der Sicherungseinrichtungen für Materialbahnen, ausgenommen solche mit beschränkt-öffentlichem Verkehr, vom Eisenbahnunternehmen alleine zu tragen (§ 49 Abs.2 Eisenbahngesetz).

Regelung der Kostentragung



Das Eisenbahngesetz in der derzeit geltenden Fassung sieht drei Varianten der Kostentragungsregelung vor:

a) Einvernehmen



Das Eisenbahngesetz (EisbG) geht davon aus, dass in erster Linie zwischen dem Eisenbahnunternehmen und der betroffenen Gemeinde ein Einvernehmen (vertragliche Vereinbarung) über die Regelung der Tragung der mit der Sicherung oder der Auflassung von Eisenbahnkreuzungen verbundenen Kosten erzielt wird. Vor Abschluss einer derartigen Vereinbarung sollte aus Sicht der Gemeinde insbesondere berücksichtigt werden:


  • welche Kosten unter die Kostentragungspflicht der Gemeinde fallen (siehe oben),

  • ob es Sonderinteressen des Eisenbahnunternehmens oder der Gemeinde hinsichtlich der zu treffenden Maßnahmen (z. B. Frequenzsteigerung, Veränderung der Geschwindigkeit auf der Bahn) gibt.








  •  

  •  
  •  



Hinzuweisen ist darauf, dass der Abschluss einer Vereinbarung über die Kostentragung bewirkt, dass der Kostenanspruch des Eisenbahnunternehmens gegen die Gemeinde zu einem zivilrechtlichen Anspruch wird, der dadurch (zivil-)gerichtlich geltend gemacht werden kann.

b) Gesetzlicher Kostenanspruch



Sofern kein Einvernehmen über die Regelung der Kostentragung mit dem Eisenbahnunternehmen erzielt wird, sind gemäß § 48 Abs. 2 Eisenbahngesetz (EisbG) die Kosten je zur Hälfte vom Eisenbahnunternehmen und dem Träger der Straßenbaulast (Gemeinde) zu tragen. Hinzuweisen ist darauf, dass der in § 48 Abs. 2 EisbG normierte Kostenanspruch des Eisenbahnunternehmens kein zivilrechtlicher sondern ein öffentlich-rechtlicher Anspruch ist (OGH vom 17. Juli 2014, 4Ob 122/14s). Dem Eisenbahnunternehmen ist es daher verwehrt, seinen Anspruch bei einem Zivilgericht geltend zu machen. Da es auch kein verwaltungsrechtliches Instrumentarium (Bescheid) gibt, mithilfe dessen ein Eisenbahnunternehmen seinen Anspruch durchsetzen könnte, bliebe dem Eisenbahnunternehmen (allenfalls) die Möglichkeit der Anrufung des Verfassungsgerichtshofs (VfGH).

c) Kostenentscheidungsantrag



Unabhängig vom gesetzlichen Kostenanspruch können sowohl das Eisenbahnunternehmen als auch die Gemeinde binnen drei Jahren ab Rechtskraft einer behördlichen Anordnung einen Antrag auf Kostenentscheidung bei der Behörde stellen. In diesem Verfahren werden das Ausmaß der relevanten Kosten (Kostenteilungsmasse) sowie deren Aufteilung auf das Eisenbahnunternehmen und den Träger der Straßenbaulast (Gemeinde) festgelegt.



Die Aufteilung der Kosten auf das Eisenbahnunternehmen und den Träger der Straßenbaulast hängt im Wesentlichen davon ab,


  • welche Änderungen des Verkehrs auf der Eisenbahn oder des Straßenverkehrs seit Erteilung der Baugenehmigung der Eisenbahnkreuzung eingetreten sind,

  • welche Verbesserung durch die bauliche Umgestaltung der Verkehrswege, durch die nach Auflassung verbleibenden oder im Zusammenhang mit der Auflassung baulich umgestalteten Kreuzungen, des umgestalteten Wegenetzes und der durchgeführten Ersatzmaßnahmen erzielt werden,

  • welche Ersparnisse hierdurch erzielt werden und

  • welche Maßnahmen im Sonderinteresse eines Verkehrsträgers liegen.








  •  

  •  
  •  



Hinzuweisen ist darauf, dass es nicht ausgeschlossen ist, dass die Kosten der zu setzenden Maßnahmen, sollten sie im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse eines Verkehrsträgers liegen, von diesem alleine zu tragen sind. Wenn daher etwa die vorgesehene Geschwindigkeitserhöhung der Bahn ausschlaggebend für die behördliche Anordnung einer technischen Sicherung war und die technische Sicherung der Eisenbahnkreuzung im ausschließlichen Interesse der Eisenbahn erfolgt ist, so wird das Kostenentscheidungsverfahren aller Voraussicht nach zugunsten der Gemeinde ausgehen (Kostentragung von weit weniger als 50 Prozent).

Kostentragung(sregelung) nur bei neuen Anordnungen



Im Jahr 2015 hatte sich der Verwaltungsgerichtshof (VwGH vom 18. Februar 2015, Ro 2014/03/0077) mit der Frage zu befassen, ob eine schlichte Erneuerung einer am Ende der Nutzungsdauer angelangten Sicherungsanlage einer (neuen) Kostentragungsregelung bedarf. Er verneinte dies und kam darüber hinaus zu dem Schluss, dass die Gemeinde gar keine Kosten für die Erneuerung zu tragen hat.



Die Entscheidung hat für Eisenbahnunternehmen und Gemeinden weitreichende Konsequenzen – jedenfalls überall dort, wo von Seiten der Behörde keine neuen Anordnungen getroffen werden und die Gemeinde bislang auf Grundlage der bestehenden Kostentragungsregelung keine Kosten getragen hat.



Ausganglage des Verfahrens war ein Kostenentscheidungsantrag eines Eisenbahnunternehmens, das von der Behörde eine Klarstellung über die Aufteilung der Kosten zwischen Eisenbahnunternehmen und Gemeinde(n) verlangte. Da es sich im gegenständlichen Fall nur um die Erneuerung bereits bestehender Sicherungsanlagen handelte, kamen zunächst das im Devolutionsweg angerufene Landesverwaltungsgericht und schlussendlich der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) zu dem Schluss, dass Sicherungsanlagen, die lediglich erneuert werden, keine neuen (behördlichen) Anordnungen darstellen und daher einem Kostenentscheidungsverfahren gar nicht zugänglich sein können.



Der VwGH geht nämlich davon aus, dass zu bestehenden, nunmehr zu erneuernden Sicherungseinrichtungen Kostentragungsregelungen vorliegen (müssen), die demgemäß auch auf die Erneuerungskosten anzuwenden sind und daher nicht durch einen (weiteren) Kostenentscheidungsantrag ausgehebelt werden können. Diesbezüglich sind vier Szenarien zu nennen, wobei das vierte in den meisten Fällen dazu führt, das eine Gemeinde bei Erneuerungen auch zukünftig keinerlei Kosten zahlen muss:


  • Sollte zwischen dem Eisenbahnunternehmen und der Gemeinde hinsichtlich der zu erneuernden Sicherungseinrichtung (der alten Anlage) eine Vereinbarung über die Kostentragung bestehen, so ist diese auch auf die Erneuerungskosten anzuwenden.

  • Sollte hinsichtlich der zu erneuernden Sicherungseinrichtung eine behördliche Entscheidung aufgrund eines bereits damals stattgefundenen Kostenentscheidungsantrages vorliegen, so gilt diese Entscheidung auch für die Erneuerungskosten.

  • Sollte die gesetzliche Kostentragungsregel (gesetzlicher Kostenanspruch von 50% gemäß § 48 Abs. 3 EisbG idgF.) bereits bei der zu erneuernden Sicherungseinrichtung mangels Vereinbarung oder Kostenentscheidung anzuwenden gewesen sein, so gilt diese auch für die Erneuerungskosten.

  • Sollte es sich bei der zu erneuernden Sicherungseinrichtung um eine Einrichtung handeln, deren behördliche Anordnung auf Basis der alten Rechtslage erfolgt ist, die bis 31. März 2002 gegolten hat (§ 48 Abs. 2 idF. BGBl. 60/1957), so ist festzuhalten, dass gemäß alter Rechtslage die Behörde angehalten war, neben der Feststellung (und Anordnung) der Art der Sicherung auch sogleich über die Kostenteilung zwischen Eisenbahnunternehmen und Gemeinde abzusprechen. Da es aber die zuständige Behörde (damals das Verkehrsministerium) in nahezu allen Fällen verabsäumt hat, auch über die Kostenteilung abzusprechen, mussten die Gemeinden in all diesen Fällen bislang keine Kosten tragen. Diese für die Gemeinden günstige Kostenregelung gilt – so nicht zwischenzeitlich eine anderweitige Vereinbarung zwischen Eisenbahnunternehmen und Gemeinde getroffen wurde – auch für die Erneuerung der (damals angeordneten) Sicherungseinrichtung. Der VwGH kam auch zum Schluss, dass es dem Eisenbahnunternehmen verwehrt ist, das Versäumnis der damaligen Behörde (Verkehrsministerium) durch einen jetzigen Kostenentscheidungsantrag zu beheben – zumal das Eisenbahnunternehmen damals (auf Basis der alten Rechtslage) schon die Möglichkeit gehabt hätte, im Verfahrensweg eine Kostenentscheidung herbeizuführen (im Rechtsmittel- oder Säumnisweg).








  •  

  •  
  •  

Ein Erlass ist keine verbindliche Rechtsquelle



Der VwGH hat darüber hinaus auch eine weitere wichtige Klarstellung getroffen. Da das Eisenbahnunternehmen auf einen Erlass des Verkehrsministeriums (Schreiben vom 13. Mai 2011) Bezug nahm, der - wohl aufgrund der damaligen Versäumnisse hinsichtlich der Kostenteilung – anordnete, dass auch bei einer Erneuerung die (neuen) Bestimmungen über die Kostentragung anzuwenden sind, verwies der VwGH darauf, dass verkehrsministerielle Schreiben keine für den Verwaltungsgerichtshof und die Verwaltungsgerichte verbindliche Rechtsquellen darstellen.



Im Ergebnis bedeutet die Entscheidung des VwGH, dass hinsichtlich der Erneuerung von Sicherungseinrichtungen, die demgemäß keine neuen Anordnungen der Behörde darstellen, ein Kostenentscheidungsverfahren nicht möglich ist (Erneuerungskosten sind nicht in die Kostenteilungsmasse miteinzubeziehen). Daraus folgt aber auch, dass hinsichtlich der Erneuerungskosten die bestehenden Kostentragungsregelungen bestehen bleiben. Wenn daher eine Gemeinde bislang keine Kosten getragen hat bzw. tragen musste, so muss sie dies auch nicht im Falle einer Erneuerung einer Sicherungseinrichtung.