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Kommunalwahlen
Wo Unionsbürger gewählt werden können
Die kommunalen Wahlen in Österreich 2025 warfen ein Schlaglicht auf ein Thema, das bisher wenig Beachtung fand: Wo können Unionsbürger wirklich Einfluss auf die Gemeindepolitik nehmen und in führende Ämter gewählt werden? Ein Überblick über die rechtlichen Unterschiede in den Bundesländern und ihre Auswirkungen auf die lokale Demokratie.
Nach einem intensiven Wahljahr 2024 auf Bundesebene begann das Wahljahr 2025 mit einigen Wahlen auf kommunaler Ebene. Nach der Wahl in der Landeshauptstadt Linz und Niederösterreich im Jänner wählten Vorarlberg und Steiermark im März und Wien[1] Ende April ihre neuen Gemeindevertreter.
Der Umstand, dass Unionsbürger auf kommunaler Ebene aktiv wählen dürfen und in den Gemeinderat passiv wahlberechtigt sind, ist weitgehendst bekannt. Erfahren Sie in diesem Artikel in welchem Bundesland Unionsbürger auch in den Gemeindevorstand[2] bzw. als Bürgermeister oder Vizebürgermeister gewählt werden können.
Der Beitritt zur Europäischen Union jährte sich heuer zum 30. Mal. Es entsteht daher der Eindruck, dass es in einem vereinten Europa usus sein sollte, dass auch Unionsbürger bei Wahlen in alle Kommunalämter wählbar sein sollten. Ursprung des Wahlrechtes von Unionsbürgern ist eine EU-Richtlinie[3], die in den nationalen Gesetzen umzusetzen ist.
Das kommunale Wahlrecht obliegt nach der Kompentenzverteilung des Bundes-Verfassungsgesetzes dem Landesgesetzgeber. Die EU-Richtlinie hat in der innerstaatlichen Umsetzung einigen Spielraum, weshalb im Kommunalwahlrecht zur Fragestellung einige Unterschiede existieren. Da es in Österreich derzeit 15 Städte mit eigenem Statut gibt, welche ein eigenes Stadtrecht[4] als Rechtsquelle haben, gibt es daher weit mehr als neun Landesgesetze, die sich mit der Fragestellung auseinandersetzen.
Es folgt ein kurzer Abriss für jedes Bundesland:
Burgenland
Im Burgenland ist das passive Kommunalwahlrecht in der Gemeindewahlordnung 1992 (GemWO 1992) geregelt. Das Stadtrecht von Eisenstadt und Rust[5] verweisen auf die GemWO 1992. Gemäß § 19 Abs. 4 GemWO 1992 muss der Bürgermeister die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen. Als Vizebürgermeister sowie in den Gemeindevorstand können Unionsbürger gewählt werden. § 82 GemWO 1992 trifft hinsichtlich der Staatsbürgerschaft keine Einschränkung.
Kärnten
In Kärnten wird für das Bürgermeisteramt sowie die Gemeindevorstandsmitglieder die österreichische Staatsbürgerschaft normiert[6]. Die Stadtrechte von Klagenfurt und Villach[7] sehen ebenfalls die österreichische Staatsbürgerschaft als Voraussetzung vor.
Niederösterreich
In Niederösterreich sieht § 98 Abs. 1 der NÖ Gemeindeordnung 1973 die österreichische Staatsbürgerschaft ebenfalls für den Bürgermeister bzw. die Gemeindevorstandsmitglieder vor. Für alle niederösterreichischen Statutarstädte befindet sich eine gleichlautende Regelung in § 79 Abs. 2 NÖ STROG.
Oberösterreich
Die einschlägigen Regelungen in Oberösterreich sind verstreuter. Neben den Stadtrechten von Linz, Wels und Steyr[8] findet sich die österreichische Staatsbürgerschaft als Voraussetzung für das passive Wahlrecht für den Bürgermeister in § 35 Z 2 OÖ Kommunalwahlordnung und für den Gemeindevorstand in § 28 Abs. 2 OÖ Gemeindeordnung 1990.
Salzburg
In Salzburg verlangt § 40 Abs. 2 Salzburger Gemeindeordnung 2019 für das Bürgermeisteramt die österreichische Staatsbürgerschaft. Die gleiche Bestimmung verlangt dies auch für den Vizebürgermeister, jedoch nicht für das Gemeindevorstandsmitglied. Das Salzburger Stadtrecht sieht diese Möglichkeit für das Stadtratsmitglied nicht vor (§ 22 Abs. 5 Salzburger Stadtrecht 1966).
Steiermark
Sowie in Salzburg sehen in der Steiermark die §§ 19 und 18 Abs. 5 Steiermärkische Gemeindeordnung 1967 die österreichische Staatsbürgerschaft für den Bürgermeister als auch für den Vizebürgermeister vor. Unionsbürger können in den Gemeindevorstand gewählt werden. Gleiche Regelungen sind dem Grazer Stadtrecht[9] zu entnehmen.
Tirol
In Tirol verlangen die kommunalen Wahlordnungen für das Bürgermeisteramt sowie in den Gemeindevorstand die österreichische Staatsbürgerschaft[10].
Vorarlberg
Vorarlberg ist das einzige Bundesland in dem Unionsbürger zum Bürgermeister, Vizebürgermeister und in den Gemeindevorstand, mangels Voraussetzung der österreichischen Staatsbürgerschaft in den einschlägigen Bestimmungen, passiv wahlberechtigt sind[11].
Wien
Aufgrund der verfassungsrechtlichen Sonderstellung der Bundeshauptstadt kann kein Unionsbürger terminologisch gesehen in diese Ämter gewählt werden[12]. Da die Wiener Stadtverfassung Bezirksvertretungen als unterste Volksvertretungsebene kennt, werden die Bezirksvertretungen an dieser Stelle beleuchtet. §§ 61b Abs. 3 WStV und 42 Abs. 3 GWO 1996 sehen die Möglichkeit Unionsbürger zum Bezirksvorsteher/-stellvertreter zu wählen vor.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass es dem jeweiligen Landesgesetzgeber obliegt, inwieweit das passive Wahlrecht für Unionsbürger geöffnet wird. Eine bundesrechtliche einheitliche Vorgabe ist verfassungsrechtlich nicht möglich. Bestrebungen, auf europäischer Ebene die Richtlinie zu ändern, sind dem Autor nicht bekannt.
[1] Anm. des Autors: In dem Artikel wird für Wien als niedrigste Volksvertretungsebene von der Bezirksvertretung ausgegangen. Aufgrund der verfassungsgesetzlichen Besonderheit Wien ist die Gemeinderatswahl einer Landtagswahl gleichzuhalten. Vgl. §§ 113ff. Wiener Stadtverfassung (WStV).
[2] Anm. des Autors: Sofern vom Gemeindevorstandmitglied gesprochen wird, gilt Gleiches für Stadtratsmitglieder.
[3] Richtlinie 94/80/EG des Rates vom 19. Dezember 1994 über die Einzelheiten der Ausübung des aktiven und passiven Wahlrechts bei den Kommunalwahlen für Unionsbürger mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht besitzen
[4] In Niederösterreich sind die Regelungen im NÖ Stadtrechtorganisationsgesetz (NÖ STROG) zusammengefasst.
[5] Jeweils § 8 Abs. 6 Eisenstädter Stadtrecht 2003 bzw. Ruster Stadtrecht 2003.
[6] §§ 23a Abs. 2 sowie 24 Abs. 2 Kärntner Allgemeine Gemeindeordnung und § 39 Abs. 4 Kärntner Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlordnung 2002.
[7] Jeweils §§ 23 Abs. 3 sowie 25 Abs. 2 Klagenfurter Stadtrecht 1998 bzw. Villacher Stadtrecht 1998.
[8] Jeweils §§ 23 Abs. 1 sowie 28 Abs. 2 Statut für die Landeshauptstadt Linz 1992, Statut für Stadt Wels 1992 bzw. Statut für Stadt Steyr 1992.
[9] §§ 21 Abs. 1 sowie 26 Statut der Landeshauptstadt Graz 1967.
[10] §§ 8 Abs 2 sowie 77 Tiroler Gemeindewahlordnung 1994 bzw. §§ 6 Abs. 2 sowie 84 Innsbrucker Wahlordnung 2011
[11] §§ 9 Abs. 3 Gemeindewahlgesetz, 62 Abs. 1 sowie 56 Abs. 4 Gemeindegesetz
[12] § 42 Abs. 1 Wiener Gemeindewahlordnung 1996 (GWO 1996)