3 Männer auf einer Baustelle
Die Beauftragung eines Generalunternehmers eignet sich insbesondere für unerfahrenere Bauherrn oder solche, die nicht ausreichend über interne Ressourcen und Know-how verfügen.
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Welche Bauausschreibung soll es sein? (Teil 2)

Nachdem im ersten Teil die Vor- und Nachteile der Einzelvergabe beschrieben wurden, widmen wir uns in diesem zweiten Teil der Beauftragung eines Generalunternehmers. Auch bei diesem Modell beginnt das erfolgreiche Bauprojekt jedoch mit einer umfassenden Projektvorbereitung.

Ein häufiger Irrglaube ist, dass bei der Beauftragung eines Generalunternehmers weniger Vorarbeit notwendig sei. Das Gegenteil ist der Fall: Bei einer Generalunternehmer-Ausschreibung ist die Projektvorbereitung besonders wichtig, weil der Generalunternehmer das Projekt weitgehend eigenverantwortlich umsetzt. Bei unzureichender Vorbereitung kann daher schnell zu Mehrkosten und Verzögerungen kommen.

Zu Beginn des Projekts muss der Auftraggeber die Anforderungen präzise definieren. Dies umfasst nicht nur die funktionalen und technischen Vorgaben des Bauwerks, sondern auch wirtschaftliche, gestalterische und soziale Ziele. Da der Generalunternehmer grundsätzlich viele Entscheidungsfreiheiten in der Ausführungsphase hat, ist es besonders wichtig, dass der Leistungsumfang und die Qualitätsstandards frühzeitig festgelegt werden.

Es ist auch zu prüfen, ob die Ausschreibung eines Generalunternehmers grundsätzlich überhaupt zweckmäßig und sinnvoll ist. Dies ist in der Regel erst bei mittleren bis großen Bauvorhaben ab zumindest einer Million Baukosten der Fall. Je größer das Bauvorhaben und je höhere die Baukosten, desto sinnvoller ist die Beauftragung eines Generalunternehmers, da auch die Komplexität und der Koordinationsaufwand immer größer werden.

Architekturwettbewerbe und Planung

Auch bei einer GU-Ausschreibung ist jedoch zuvor die Durchführung eines Architekturwettbewerbs zu empfehlen. Es kann hier zwischen mehrere Wettbewerbsarten unterschieden werden. Bei einem Ideenwettbewerb wird die Einholung einer Vielzahl von Ideen für die Lösung einer Aufgabe angestrebt, ohne dass eine Absicht zur Realisierung der Aufgabe besteht. Hingegen sollen die eingereichten Pläne des Gewinners eines Realisierungswettbewerbs in einem späteren Verhandlungsverfahren auch tatsächlich vergeben und somit umgesetzt werden.

Eine weitere Möglichkeit ist ein Generalplanerwettbewerb. Es handelt sich um eine Unterform des Realisierungswettbewerbs. Der Generalplaner übernimmt die Gesamtverantwortung für die Planung eines Projekts. Unter Umständen ist er auch für die örtliche Bauaufsicht verantwortlich. Der Generalplaner ist die alleinige Ansprechperson für den Auftraggeber in allen Planungssachen. Er beauftragt die Fachplaner und koordiniert sie.

Es ist aber natürlich auch möglich, die benötigten Ziviltechniker (z. B. Architekt, Fachplaner, Baustellenkoordinator) einzeln zu beauftragen.

Generalunternehmer

Nun aber zum Hauptthema dieses Artikels: Dem Generalunternehmer. Der Generalunternehmer ist das Pendant zum Generalplaner auf der Ausführungsseite. Er übernimmt sämtliche Bauleistungen eines Bauvorhabens und ist für schlüsselfertige Erstellung eines Bauwerks verantwortlich.

Im Gegensatz zur Einzelvergabe, bei der der Auftraggeber mit jedem Unternehmer einen separaten Vertrag abschließt, wir hier nur ein einziger Vertrag mit  dem Generalunternehmer abgeschlossen. Der Generalunternehmer kann jedoch wiederum Subunternehmer mit einzelnen Leistungen beauftragen. Die Subunternehmer haben somit keine vertragliche Beziehung zum Auftraggeber. Sie werden nur für den Generalunternehmer tätig. Man spricht von Erfüllungsgehilfen, die dem Generalunternehmer zugerechnet werden.

In der Praxis haben sich in den letzten Jahren verschiedene Generalunternehmer-Modelle entwickelt. Ein Teil-Generalunternehmer, kurz Tei-GU, übernimmt beispielsweise mehrere, aber nicht sämtliche Gewerke zur Herstellung des Bauwerks. Ein GU+ übernimmt auch bestimmte Planungsleistungen, wie etwa die Ausführungsplanung.

Einheitspreisvertrag vs Pauschalpreisvertrag

Ein Generalunternehmer kann mittels Einheitspreisvertrag oder Pauschalpreisvertrag beauftragt werden. Wie schon bei der Einzelvergabe im letzten Heft beschrieben, bietet beim Einheitspreisvertrag der Auftragnehmer für jede voraussichtlich auszuführende Leistung einen festen Preis pro Einheit (z. B. 1 Kubikmeter Beton) an.

Die tatsächlichen in der Ausführung erbrachten Mengen werden dann anhand dieses Einheitspreises vergütet. Ein Einheitspreisvertrag setzt eine konstruktive Leistungsbeschreibung, ein sogenanntes Leistungsverzeichnis, voraus. Dieses beschreibt in zahlreichen Leistungspositionen die vom Auftragnehmer auszuführenden Arbeiten. Für ein solches ist eine detaillierte Ausführungsplanung erforderlich. Es sollte kein Einheitspreisvertrag ausgeschrieben werden, wenn lediglich eine Entwurfs- oder Einreichplanung vorliegt.

Bei einem Pauschalpreisvertrag wird hingegen für ein konkrete Leistung ein pauschaliertes Entgelt vereinbart. Es erfolgt keine Mengen- und Aufwandsermittlung, sondern der Auftragnehmer erhält die vereinbarte Pauschale. Ein Pauschalpreisvertrag wird in der Regel mittels funktionaler Leistungsbeschreibung ausgeschrieben, also anhand allgemeiner Merkmale.

Der Auftraggeber gibt das Leistungsziel vor. Der „Weg" zu diesem Ziel bleibt dem Auftragnehmer überlassen. Es ist daher auch nicht die gleiche Planungstiefe wie beim Einheitspreisvertrag notwendig. Aber aufgepasst: Auch bei einem Pauschalpreisvertrag kann es zu Mehrkosten kommen, etwa wenn Leistungsänderungen beauftragt werden oder es zu Behinderungen kommt, die der Sphäre des Auftraggebers zuzurechnen sind.

Einflussmöglichkeiten, Koordinierung und Haftung

Im Gegensatz zu einer Einzelvergabe sind die Einfluss- und Kontrollmöglichkeiten des Auftraggebers nach der Auftragserteilung beim Generalunternehmer begrenzt. Projektänderungen ohne Kosten- und Terminauswirkungen sind in der Regel kaum noch möglich.

Da nur ein Unternehmer beauftragt wird, kann der Auftraggeber während des Bauvorhabens nicht so wie bei der Einzelvergabe flexibel reagieren und Änderungen in der Ausschreibung von noch nicht beauftragten Gewerken vornehmen. Auch die Anforderungen an die Ausbaugewerke müssen daher beim Generalunternehmer schon im Zeitpunkt der Beauftragung in einer ausreichenden Detailtiefe beschrieben sein, andernfalls Änderungen erforderlich werden, die wiederrum zu Mehrkosten und Bauzeitverzögerungen führen können.

Der Generalunternehmer übernimmt die Rolle der zentralen Ansprechperson des Auftraggebers für alle Belange rund um die Ausführung. Er trägt somit die die Gesamtverantwortung für sämtliche Bauleistungen und übernimmt auch die Koordinierung und die Baustellenkoordination. Er stimmt seine Subunternehmer aufeinander ab und ist für den ordnungsgemäßen Bauablauf verantwortlich. 

Daher trägt der Generalunternehmer das Schnittstellenrisiko zwischen den Gewerken. Er haftet aber auch für Fehler seiner Subunternehmer. Der Auftraggeber muss sich daher bei Mängeln nicht mühsam auf die Suche nach dem verantwortlichen Gewerk machen, sondern wendet sich stets an seinen einzigen Vertragspartner, den Generalunternehmer. Aber Achtung: Lieferanten sind nicht Subunternehmer des Generalunternehmers – für von Lieferanten verursachte Schäden muss der Generalunternehmer regelmäßig nicht einstehen.

Die Beauftragung eines Generalunternehmers bietet auch eine Terminsicherheit. Es kann ein (pönalisierter) Gesamtfertigstellungstermin vorgegeben werden, der vom Generalunternehmer einzuhalten ist. Anders als bei der Einzelvergabe ist es ausschließlich die Verantwortung eines Vertragspartners diesen Termin auch einzuhalten. Verzögert sich ein Gewerk, ist es Sache des Generalunternehmers, den Verzug durch Forcierungen bei anderen Gewerken wieder aufzuholen.

Kosten und Transparenz

Regelmäßig ist die Beauftragung eines Generalunternehmers auf dem Papier teurer als die Vergabe an Einzelgewerkte. Neben den „normalen“ Kosten verrechnet der Generalunternehmer nämlich einen sogenannten GU-Zuschlag, der unter anderem das zusätzliche Risiko und den Koordinierungsaufwand abdeckt. Dieser GU-Zuschlag bewegt sich zwischen zusätzlichen 10-15 %. Allerdings besteht hier meist eine hohe Kostensicherheit, weil viele klassische auftraggeberseitige Risiken (z. B. Schnittstellen- und Koordinierung und Subunternehmerrisiken) vom Generalunternehmer übernommen werden.

Demgegenüber steht allerdings eine geringere Kostentransparenz, weil die einzelnen Subgewerke ihre Leistungen an den Generalunternehmer verrechnen. Diese müssen nicht unbedingt mit den zwischen dem Auftraggeber und dem Generalunternehmer vereinbarten Preisen übereinstimmen.

Die Ausschreibung eines Generalunternehmers spricht grundsätzlich auch einen kleineren Markt an, da viele Unternehmen nicht die entsprechende Größe, Ressourcen und Know-how zur Abwicklung eines solchen Modells haben. Regionale Betriebe können daher allenfalls nur als Subunternehmer tätig werden und haben hier oftmals auch Unternehmen aus anderen Regionen als Mitbewerb.

Ein Ausfall des Generalunternehmers hat hingegen sehr starke Auswirkungen, insbesondere auf die terminlichen Folgen aber auch auf sämtliche Subunternehmer. Vertragliche Regelungen mit Einstiegsrechten des Auftraggebers in die Vertragsverhältnisse des (insolventen) Generalunternehmers und dessen Subunternehmer sind daher zu empfehlen. Sollte hingegen ein Subunternehmer insolvent werden, trägt der Generalunternehmer die Verantwortung dafür, die Leistungen des Subunternehmers in vollem Umfang zu ersetzen.

Fazit

Die Beauftragung eines Generalunternehmers bietet sowohl Vor- als auch Nachteile für Auftraggeber und Auftragnehmer. Sie eignet sich insbesondere für unerfahrenere Bauherrn oder solche, die nicht ausreichend über interne Ressourcen und Know-how verfügen. Hauptaugenmerk ist jedoch auf eine umfassende und gut durchdachte Ausschreibung zu legen, da ansonsten Mehrkosten und Bauzeitverzögerungen drohen.

Die Übernahme der Koordination der Baustelle und die Haftung für Subunternehmer kommt mit einem gewissen Preis. Der Generalunternehmer ist grundsätzlich etwas teurer als die Beauftragung einzelner Gewerke und geht mit der Übergabe des Koordinationsaufwands auch ein Verlust der Kontroll- und Einflussmöglichkeit während der Bauphase einher.